Bundestagswahl im Landkreis Ebersberg:Erosion in Schwarz

Zum zweiten Mal in Folge ist die CSU im Landkreis bei einer Bundestagswahl eingebrochen. Wer davon profitiert, hängt von der jeweiligen Gemeinde ab. Trotz der Verluste bleibt den Christsozialen in Ebersberg ein Trost

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Der Landkreis bleibt CSU-Land, in allen 21 Kommunen sind die Christsozialen bei der Wahl am Sonntag stärkste Kraft geworden. Doch die Stärke gleicht bei weitem nicht mehr jener früherer Jahre. Ein knappes Drittel der Stimmen gab es im Wahl- wie im Landkreis - das bislang schwächste Ergebnis. Dafür behält die CSU immerhin nicht nur das Direktmandat, sondern auch den Alleinvertretungsanspruch für den Wahlkreis.

Seit 2005 hatte dieser zwei Abgeordnete im Bundestag, neben dem CSU-Direktkandidaten - bis 2013 Max Lehmer, seitdem Andreas Lenz - der Sozialdemokrat Ewald Schurer. Dieser war stets auf einem so guten Listenplatz angetreten, dass es für den Einzug ins Parlament gereicht hat. Seit Schurers Tod wenige Wochen nach der Bundestagswahl 2017 gibt es nur noch einen Vertreter aus dem Wahlkreis in Berlin.

Für dieses Mal hatte es so ausgesehen, als ob es wieder mehr werden könnten, besonders zwei aus dem Landkreis Ebersberg hatten sich Chancen ausgerechnet. Die SPD-Kandidatin Magdalena Wagner, die auf Platz 28 der Landesliste antrat, und der FDP-Bewerber Marc Salih auf Platz 19 seiner Partei. Zumindest theoretisch in Reichweite waren auch AfD-Kandidat Peter Junker mit Listenplatz 18 und Grünen-Bewerber Christoph Lochmüller auf dem 38. Platz. Je nach Zweitstimmenergebnis der eigenen Partei und der Differenz zwischen jenem der CSU und deren Anzahl der Direktmandate - die entsprechende Ausgleichsmandate verursachen - , hatte vor allem für FDP und SPD im Wahlkreis eine Präsenz in Berlin zeitweise in Aussicht gestanden.

Allerdings hat die CSU nun etwas besser, die übrigen Parteien etwas schwächer abgeschnitten als in der Prognose. Gleichzeitig verloren die Christsozialen ein Direktmandat, was weniger Ausgleichsmandate für die anderen bedeutet. Laut Landeswahlleiter ist die bayerische SPD künftig mit 23 Abgeordneten in Berlin vertreten, die Grünen stellen 17, die FDP 14 und die AfD zwölf. Damit reicht es für niemanden aus dem Wahlkreis Ebersberg.

Bei SPD, Grünen und FPD im Land- wie im Wahlkreis insgesamt kann man sich aber mit dem Zweitstimmenergebnis trösten. Dieses fällt für die ersteren beiden teilweise deutlich besser aus als bei der Wahl von vor vier Jahren, und die Liberalen scheinen ihre Serie von teilweise dramatischen Auf- und Abs zumindest unterbrochen zu haben: So kamen sie 2009 auf immerhin gut 17 Prozent im Landkreis, fünf Punkte mehr als bei der vorigen Wahl. 2013 kam dann aber ein beispielloser Absturz auf 5,8 Prozent, 2017 folgte mit 13,1 Prozent das zweitbeste Ergebnis der Liberalen im Landkreis. Heuer hätte nach dieser Logik eigentlich wieder ein Einbruch stattfinden sollen, der blieb aber aus, das Zweitstimmenergebnis liegt nur 0,3 Punkte unter dem der vergangenen Wahl.

Auch geografisch ist das Ergebnis der Liberalen stabil, in den einzigen drei Gemeinden, in denen die FPD 2017 unter zehn Prozent lag, tut sie es auch diesmal: Bruck, Emmering und Frauenneuharting. Traditionell stark ist die Partei dagegen in der größten Landkreisgemeinde, auch diesmal kommt das beste Ergebnis aus Vaterstetten. Ebenfalls gute Werte erreicht man in den PPA-Gemeinden: Poing, Pliening und Anzing liegen über dem Landkreisdurchschnitt.

Die Grünen wiederum haben ihre Hochburgen zwar hauptsächlich in den größeren Kommunen, holen aber auch auf dem Land auf. Dennoch, die besten Ergebnisse gibt es, wo eine S-Bahn hält: In sechs der sieben Gemeinden liegt die Ökopartei über dem Landkreisschnitt, in Grafing und Zorneding kommt sie sogar über die 20-Prozent-Marke. Aber auch in Glonn, Moosach und Oberpframmern ist die Unterstützung für die Grünen groß. Am wenigsten kommen Grüne Themen offenbar in Baiern, Emmering, Frauenneuharting und Hohenlinden an - und das, obwohl Direktkandidat Christoph Lochmüller dort wohnt. Der in seiner Heimatgemeinde deutlich beliebter zu sein scheint als seine Partei, mehr als drei Prozentpunkte liegt er vorne. Er ist auch der einzige Kandidat neben Andreas Lenz, der landkreisweit besser abgeschnitten hat als seine Partei.

Das war auch Ewald Schurer stets gelungen, seine Nachfolgerin muss daran indes noch etwas arbeiten: Rund 0,7 Prozentpunkte liegt sie landkreisweit hinter ihrer Partei - ein respektables Ergebnis für die erste Kandidatur bei einer überregionalen Wahl. Den Heimbonus hat auch Wagner, in Egmating wollten zwar nur 12,8 Prozent die SPD, dafür aber 20,3 Prozent die Kandidatin. Denn auch die Genossen tun sich in den größeren Gemeinden leichter. Mit Ausnahme von Forstinning stammen alle überdurchschnittlichen Ergebnisse aus Kommunen mit S-Bahn-Anschluss: Ebersberg, Kirchseeon, Markt Schwaben, Poing und Zorneding. Was im übrigen jene Orte sind, in denen die SPD auch früher immer die besten Ergebnisse eingefahren hat.

Wahlparty Bundestagswahl SPD

Vergebliches Bangen: SPD-Kandidatin Magdalena Wagner (rechts) kommt nicht in den Bundestag.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das stabile Ergebnis der Liberalen, der stetige Aufstieg der Grünen und das Comeback der SPD geht eindeutig zulasten der CSU. Sie hat ihre schwächsten Ergebnisse in den großen Kommunen eingefahren, mit Ausnahme von Vaterstetten liegen dort überall die Werte unter dem Landkreisschnitt. Genau wie in Aßling, Glonn und Steinhöring - in allen drei profitieren offenbar die Freien Wähler davon und nicht nur dort. Denn diese bleiben zwar in allen großen Kommunen unter dem Landkreisergebnis, übertreffen dieses auf dem Land dagegen teilweise deutlich. Die besten Werte gab es in Baiern, Emmering und Frauenneuharting, zweistellig war das Ergebnis auch in Aßling, Bruck, Hohenlinden und Steinhöring.

In keiner Kommune zweistellig wurde dagegen die AfD, 2017 war dies noch in 13 von 21 der Fall, darunter drei S-Bahn-Gemeinden: in Kirchseeon, Markt Schwaben und Poing. Also genau dort, wo die SPD früher ihre Hochburgen hatte, 2017 dramatisch einbrach und sich nun offenbar einen Teil der Wähler zurückholen konnte. Anderswo sind diese weitergewandert: So etwa in Emmering, wo die CSU vor vier Jahren zweistellig verlor und die AfD zweistellig gewann. Heuer liegt deren Ergebnis dort zwar immer noch über dem Landkreisschnitt, aber mehr als sechs Punkte unter jenem 2017. Dafür sind die Freien Wähler nirgends besser als in Emmering mit 17,8 Prozent. Ähnlich aber mit nicht ganz so großen Ausschlägen stellt sich die Wanderung von Rechtsaußen weiter zur Mitte in den Gemeinden Aßling, Bruck, Frauenneuharting, Hohenlinden und Steinhöring dar. Offenbar sind dort immer noch viele Konservative nicht zufrieden mit dem Angebot der etablierten Parteien. Möglicherweise wirkt die zunehmende Radikalisierung der AfD - Stichwort: Verfassungsschutz - auf einen Teil dieser Wählerschaft aber zunehmend abschreckend.

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