Bundestagswahl im Landkreis Ebersberg:Kleine Herausforderungen für eingespielte Teams

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Briefwahl wird immer beliebter, vor allem die größeren Gemeinden stellt das vor Herausforderungen - aber keine unlösbaren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Trotz vorgezogener Bundestagswahl herrscht in den Rathäusern Gelassenheit: Bei der Organisation laufe alles nach Plan. Nur die Briefwahl könnte etwas stressig werden.

Von Johanna Feckl, Michaela Pelz, Ebersberg

Nach dem Bruch der Ampel-Regierung stehen zwar offiziell weder ein Termin für eine vorgezogene Bundestagswahl noch dementsprechend einzuhaltende Fristen fest – doch klar ist: Die Wahl kommt einige Monate früher und mit weniger Vorlauf als geplant, voraussichtlich schon am 23. Februar. Gut zweieinhalb Monate also – ist die Organisation für die Kommunen in solch kurzer Zeit überhaupt zu schaffen? Im Landkreis Ebersberg ist man sich einig: Zumindest in Poing, Ebersberg, Vaterstetten, Kirchseeon und Anzing stehen die Zeichen für ein Gelingen sehr gut. Nur bei der Briefwahl könnte es womöglich ein wenig happig werden, wie aus Vaterstetten und Poing zu hören ist.

In der größten Gemeinde des Landkreises, Vaterstetten, würden 250 Wahlhelfer für gut 17 200 Wahlberechtigte benötigt, sagt Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). In der Regel mache sich die Gemeinde ohnehin ungefähr drei Monate im Voraus ans Einteilen und Berufen der Wahlhelfer – sie werden rekrutiert aus Ehrenamtlichen sowie Mitarbeitenden des Rathauses. „Nach derzeitigen Überlegungen sind wir der Meinung, dass dies nicht knapp werden wird, da wir einen großen Stamm an langjährigen und erfahrenen Wahlhelfern haben“, so Spitzauer weiter.

Auch die rechtzeitige Organisation der Briefwahlunterlagen bereite keine Probleme, denn die Bestellung sei bereits weit vor dem Ampel-Aus erledigt worden. Einzig deren Versand und Ausgabe werde dieses Mal „sehr intensiv, da hierfür wohl nur maximal drei Wochen zur Verfügung stehen“. Für Vaterstetten bedeutet das konkret: zwischen 8000 und 9000 Briefwahlunterlagen vorbereiten, ausgegeben oder versenden und anschließend wieder einsortieren – und zwar alles während des laufenden Geschäftsbetriebs im Wahl- und Einwohnermeldeamt. „Das wird auf jeden Fall eine Herausforderung für unsere Mitarbeiter“, sagt der Rathauschef.

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Ähnlich schätzt man die Lage in Poing ein, der zweitgrößten Gemeinde. Die Briefwahl erfreue sich einfach zunehmender Beliebtheit, was den Aufwand dahin gehend erhöhe, sagt Bürgermeister Thomas Stark (parteilos). Zu Hochzeiten seien deshalb die Kollegen im Bürgerbüro neben dem normalen Parteiverkehr fast ausschließlich mit der Ausgabe, der Erstellung und dem Versand dieser Unterlagen beschäftigt.

In der Gemeinde Poing rechnet man mit etwa 11 000 Wahlberechtigten, neben der Wahlleitung und deren Hilfspersonen brauche man 90 weitere Helfer, so der Bürgermeister. Eben jene zu finden, bereite aber keine Probleme – der Pool aus langjährigen Helfern sei gut gefüllt, außerdem würden sich viele neue und junge Unterstützer melden. „Dieses Ehrenamt ermöglicht, einmal hinter die Kulissen unserer Demokratie zu blicken, die Strukturen unserer Verwaltung zu entdecken und neue Menschen kennenzulernen“, so Stark.

Bei Kommunalwahlen brauchen die Rathäuser wesentlich mehr Wahlhelfer

In Ebersberg könnte man sogar sagen, dass dort die Bundestagswahl die beliebteste ist. „Für uns ist das die einfachste Wahl und besser, als wenn es sich um Kommunalwahlen handelte“, sagt Bürgermeister Uli Proske (parteilos). Daran ändere auch der vorgezogene Termin nichts, „es läuft alles ganz normal“, so der Rathauschef weiter – genügend Vorbereitungszeit also. Bei knapp 8300 Wahlberechtigten benötigt die Kreisstadt ungefähr 112 Wahlhelfer. Genügend Freiwillige zu finden, habe bisher immer ohne großen Aufwand geklappt, wie Hauptamtsleiter Erik Ipsen sagt. Denn auch da gilt: Bei Kommunalwahlen braucht es wesentlich mehr Leute.

„Voll dabei“ ist man bereits im Anzinger Rathaus, wie Bürgermeisterin Kathrin Alte (CSU) sagt. Knapp 3200 Wahlberechtigte leben in der Gemeinde, für rund 2000 sind Briefwahlunterlagen bestellt – auch dort bereits vor dem Koalitionsbruch. „Wir haben bisher nichts davon gehört, dass das Papier nicht reichen würde“, so Alte weiter. „Und welchen Unsinn jemand in Berlin erzählt, interessiert uns nicht.“ An den Verwaltungen jedenfalls werde die vorgezogene Wahl sicherlich nicht scheitern.

„Wir haben in Anzing wirklich das Glück, dass die Örtlichkeit der Wahllokale klar und der Kommunikationsweg kurz ist.“ Bereits jetzt hätten sich zahlreiche Freiwillige als Wahlhelfer gemeldet, insgesamt benötigt würden 40. Und auch eine Urlaubssperre brauche es im Rathaus nicht, die zuständigen Mitarbeiterinnen im Einwohnermeldeamt seien „ein eingespieltes Team“, das in der „heißen Phase“ ab sechs Wochen vor der Wahl definitiv anwesend sei, „da brauchen wir keine Anweisung dafür“.

Gleiches ist aus dem Kirchseeoner Rathaus zu hören. Die zuständigen Mitarbeitenden „handeln eigenverantwortlich und sind sich bewusst, dass ihre Hilfe benötigt wird“, sagt Bürgermeister Jan Paeplow (CSU). Auch in seiner Marktgemeinde mit etwa 6700 Wahlberechtigten hätten sich schon einige ehrenamtliche Wahlhelfer gemeldet, ein bestehender Pool aus Freiwilligen, die regelmäßig dabei seien, erleichtere die Suche zudem. Wie in allen anderen Gemeinden, können sich jedoch auch in Kirchseeon weitere Interessierte melden – und sollten es sogar, wenn es nach Paeplow geht. „Mit Blick auf gesellschaftliche Veränderungen ist das Verständnis für Demokratie wichtiger denn je“, sagt er. „Wahlhelfer leisten einen direkten Beitrag dazu, unsere Demokratie aktiv zu unterstützen und einen reibungslosen Ablauf der Wahlen zu sichern – eine Aufgabe, die nicht nur sinnvoll, sondern auch persönlich bereichernd ist.“

Und zwei weitere positive Aspekte hat ein Engagement als Wahlhelfer: Die Kommunen sorgen während der etwa sechs- bis achtstündigen Arbeit nicht für Verpflegung, sondern zahlen ein Erfrischungsgeld, meistens um die 60 Euro – in Vaterstetten sind es 70, in Poing sogar 75 Euro. Außerdem, das betont Vaterstettens Bürgermeister Spitzauer, lerne man „ganz nebenbei“ auch mal andere Bürgerinnen und Bürger der eigenen Gemeinde kennen, „mit denen man sonst nichts zu tun hätte“.

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