Süddeutsche Zeitung

Bürgerversammlung online:Erfolgreicher Testlauf

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Den online übetragenen Vaterstettener Teilbürgerversammlungen sind deutlich mehr Gemeindebürger gefolgt als sie in den vergangenen Jahren besucht haben

Von Wieland Bögel

Für eine Gemeinde mit rund 25 000 Einwohnern sind 240 Leute nicht gerade viel. Diese Zahl ergibt sich, wenn man zusammenzählt, wer in Person und online an der Bürgerversammlung für Baldham und Vaterstetten teilgenommen hat. Wer allerdings in den vergangenen Jahren speziell diese Teilbürgerversammlung besucht hatte, kann einen deutlichen Zuwachs feststellen - der nahezu komplett auf die Online-Teilnehmer entfällt.

Denn bereits vor Corona wären die 40 real anwesenden Gäste nichts Besonderes, ja es wäre eine eher gut besuchte Bürgerversammlung für die Kerngemeinde gewesen. Diese war in den vergangenen Jahren auch schon vor nahezu komplett leeren Rängen abgehalten worden, 2015 waren die Bürger gegenüber den versammelten Rathausmitarbeitern und Gemeinderäten sogar in der Minderheit. Ausnahmen gibt es aber durchaus, etwa im vergangenen Jahr - wo allerdings der anstehende Abschied von Bürgermeister Georg Reitsberger und die kommenden Wahlen viele zum Kommen motiviert haben dürften.

Dass das Interesse an der Gemeindepolitik aber auch außerhalb von Wahlzeiten durchaus vorhanden ist, zeigten die beiden diesjährigen Bürgerversammlungen. 150 Teilnehmer hatten sich bei der ersten, knapp 200 bei der zweiten zugeschaltet, und besonders bei dieser waren auch reichlich Fragen an Bürgermeister und Verwaltung eingegangen. Dass die nur in stark gekürzter Form vorgetragen und teilweise auch sehr knapp beantwortet wurden, mag manche stören - nicht zuletzt diejenigen, die auf Bürgerversammlungen gerne einen ausführlichen Auftritt hinlegen. Aber sicher ist auch, dass wohl bei keiner Bürgerversammlung in den vergangenen Jahren so viele verschiedene Fragen von so vielen Bürgern beantwortet werden, und dabei auch so viele Bürger zuhören konnten wie selten zuvor.

Gerade in Vaterstetten, der Gemeinde mit dem höchsten Altersdurchschnitt im Landkreis und mit vielen jungen Familien könnte die Online-Variante durchaus eine echte Option sein. Nicht alle sind fit genug oder haben die Zeit, sich drei Stunden oder länger auf einer Versammlung aufzuhalten. Wäre da nicht ein nicht ganz kleiner Schönheitsfehler: Laut Gesetz hat nur die vollen Rechte - etwa Anträge stellen und darüber abstimmen - wer auch in Person bei der Bürgerversammlung anwesend ist. Was die Kommunen nicht ändern können, aber vielleicht könnten Veranstaltungen, wie sie diese Woche in Vaterstetten abgehalten wurden, den Gesetzgeber veranlassen, hier tätig zu werden.

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Quelle:
SZ vom 10.10.2020
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