Bruck:Diskutieren statt abnicken

Die neu gegründete Wählergemeinschaft will sich vor allem für eine bessere Informationspolitik in Bruck einsetzen. Seit Kurzem gibt es eine Homepage, die ersten Veranstaltungen sind geplant

Von Carolin Fries, Bruck

Angela Felzmann-Gaibinger schätzt Harmonie durchaus, das vielleicht vorneweg. Doch politisch, davon ist die 68-Jährige überzeugt, muss man sich auch mal reiben, verschiedener Meinung sein, streiten dürfen. In Bruck, wo sie seit mehr als 30 Jahren mit ihrer Familie lebt, fehlt ihr das. "Nie gibt es in den Gemeinderatssitzungen auch nur den Hauch eines Widerspruchs", erzählt sie, die die Sitzungen seit zwei Jahren regelmäßig besucht. "Man ist immer einer Meinung." Das Problem: Ihre Meinung ist das nicht. Felzmann-Gaibinger hat darum im Frühjahr zusammen mit 17 Gleichgesinnten die Wählergemeinschaft Offene Politik in Bruck gegründet, deren Vorsitzende sie ist. In diesen Wochen tritt der Verein erstmals öffentlich mit Veranstaltungen in Erscheinung. Auch eine Homepage gibt es seit Kurzem.

Drei Fraktionen gibt es in der knapp 1250 Einwohner großen Gemeinde, neben der CSU die Bürgerliste Bruck und die Wählergemeinschaft Einigkeit. Den Bürgermeister stellt in Josef Schwäbl die CSU. Felzmann-Gaibinger ist immer wieder erstaunt, wie der Landwirt es schafft, "Politik an den Bürgern vorbei" zu machen. Die Juristin, die bis vor einem Jahr das Ebersberger Amtsgericht geleitet hat, will stattdessen die Bürger einbinden, "das sollte in einer überschaubaren Gemeinde wie unserer doch möglich sein". Die offene Diskussion, der Meinungsaustausch - das fehlt ihr in Bruck. So habe der Gemeinderat, ohne die Bürger offensiv zu informieren, ein Gewerbegebiet im Ortsteil Taglaching geplant, mitten hinein in die unberührte Natur. Naturschützer und Bürger protestierten, gründeten eine Schutzgemeinschaft, es kam zum Bürgerentscheid. Ein demokratischer Entscheidungsprozess, zu dessen Beginn für Felzmann-Gaibinger aber die Frage stand: Warum wussten wir nicht früher bescheid?

Um besser und umfassend in das politische Geschehen eingreifen zu können, will die neue Wählergemeinschaft bei den Gemeinderatswahlen 2020 antreten. Bis dahin gelte es, sich bekannt zu machen, wie Felzmann-Gaibinger sagt. Und natürlich Anhänger der politischen Ziele zu finden - wenn nicht Mitglieder, so doch wenigstens Sympathisanten. Die Wählergemeinschaft ist keine zweite Schutzgemeinschaft, wie Felzmann-Gaibinger betont. Selbige diente vielmehr dazu, Menschen zusammenzuführen, die mit dem herrschenden Politikstil unzufrieden sind. Gemeinsam einigte man sich auf fünf politische Grundpfeiler, wovon einer die Arbeit an einer besseren Informationspolitik der Kommune ist. Darüber hinaus will die Wählergemeinschaft sich für einen schonenden Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen einsetzen und die Schönheit Brucks erhalten. Das heißt übersetzt: sanfter Tourismus statt Zersiedelung. Auch will man die Menschen in Bruck, die über viele Ortsteile und Weiler verstreut leben, stärker untereinander verbinden, etwa durch Talente-Tausch-Angebote oder offene Bücher-Regale in Bushäuschen und an der Gemeindekanzlei. "Unser Ziel ist die Förderung eines stärkeren Zusammengehörigkeitsgefühls", heißt es auf der Homepage. Als letzten Punkt hat man die Finanzpolitik auf die Agenda gesetzt, denn Bruck ist hoch verschuldet.

Die Richtung ist damit klar, konkret fehlt allerdings ein Statement zur umstrittenen Errichtung einer Windkraftanlage im Ortsteil Hamberg. "Das sind wir geteilter Meinung, wie alle anderen auch", sagt Felzmann-Gaibinger. Sie persönlich befürworte die Anlage, vorausgesetzt, sie lasse sich wirtschaftlich betreiben.

"Mein Traum wäre eigentlich ein Grünen-Ortsverband gewesen", sagt Felzmann-Gaibinger. Doch bald war klar, dass es vorrangig Brucker Themen sind, derer man sich annehmen will. Und dafür brauche es keine Parteilinie, sondern Unabhängigkeit. Der Vorstand setzt sich aus zwei Taglachingern und zwei Pienzenauern zusammen: stellvertretender Vorsitzender ist Klaus Grünebach, Schriftführer Christoph Bückers und Schatzmeisterin Andrea Liebl. In den nächsten Wochen will man sich interessierten Bürgern vorstellen, beim Radfahren oder Kuchenessen. Das Programm der Wählergemeinschaft ist im Internet unter www.offene-politik-in-bruck.de zu finden.

"Kaffee-Ratsch" findet am Donnerstag, 29. September, 14 Uhr, im Wirtshaus Taglaching statt. Die ersten zwölf Kuchenstücke sind gratis. Fahrradführung zu den Hochmoor-Resten im Brucker Moos am Samstag, 8. Oktober, mit Klaus Grünebach. Treffpunkt um 10 Uhr am Alxinger Kirchenbankerl.

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