Brenner-Zulauf:Gespanntes Warten

Info Brennernordzulauf in Assling

Christian Tradler von der Bahn erläutert auf Einladung von Andreas Lenz und Hans Fent in Aßling die Ausbaupläne zum Brenner-Zulauf.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Anlieger einer möglichen Neubaustrecke der Bahnlinie nach Grafing sind verunsichert

Von Wieland Bögel, Aßling

Geht es um die Bahn, kann man eigentlich darauf warten, dass ein Witz übers Warten kommt. So auch bei einer Infoveranstaltung in Aßling zum Thema Brenner-Nordzulauf. Eingeladen hatten der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz und Aßlings Bürgermeister Hans Fent. Als letzterer etwas verspätet eintraf, entschuldigte ersterer dies mit dem Hinweis, es gehe schließlich um die Bahn, da gebe es schon mal Probleme mit der Pünktlichkeit. Doch während das zahlreich erschienene Publikum diese Bemerkung noch hörbar amüsiert zur Kenntnis nahm, fanden die rund 70 Anwesenden eine andere Warterei deutlich weniger lustig.

Die Zuhörer, das wurde schnell klar, hätten sich mehr konkrete Aussagen gewünscht. Etwa zum Verlauf einer geplanten Neubaustrecke, zum Lärmschutz und zur Zahl der Züge, die in einigen Jahren zwischen Kufstein und Trudering unterwegs sein werden. Zwar bemühte sich Christian Tradler, bei der Bahn zuständig für jenen Bereich des Brenner-Nordzulaufs, der durch den Landkreis Ebersberg führt, dieses Projekt darzustellen - nur, dass es eben derzeit noch nicht viel darzustellen gibt. So steht zwar fest, dass zwischen Grafing-Bahnhof und der österreichischen Grenze neue Gleise verlegt werden sollen. Im Landkreis betrifft das den Abschnitt bei Aßling. Doch dazu, was zwischen Pierstling und Ametsbichl nun genau passieren soll und wann, könne man derzeit nichts sagen, so Tradler auf verschiedene Nachfragen aus dem Publikum: "Wir planen noch nicht."

Erst 2020 sollen die Planer ihre Arbeit aufnehmen, bis es aber um Trassenverläufe geht, könne es deutlich länger dauern. Was, wie Tradler versicherte, auch daran liege, dass die Bahn auf die Anliegerkommunen eingehen wolle. Etwa indem man auf die Flächennutzungspläne der Gemeinden und deren Vorstellungen zur Entwicklung möglichst Rücksicht nehme.

Wenn nun aber der Brenner-Basistunnel deutlich eher fertig werde als sein Neuzulauf, werde doch der Güterverkehr auf der zweigleisigen Strecke durch Aßling zunehmen, so die Vermutung einer Zuhörerin. Laut Tradler wird es sicher nicht sofort mit Fertigstellung des Tunnels - der auf 400 bis 480 Züge pro Tag ausgelegt ist - mehr Güterverkehr geben. Trotzdem, so erklärte er auf eine weitere Zuhörerfrage, gehe die Bahn davon aus, dass die Kapazität auf der Bestandsstrecke steigerbar sei. Um wie viel müsse zwar erst untersucht werden, der Durchschnittswert solcher Strecken liege aber bei plus 20 Prozent.

Was Bürgermeister Fent so übersetzte: "Es wird auf absehbare Zeit keine Neubaustrecke geben. Wir werden auf Jahre über unsere Strecke in Aßling die Güterzüge haben. Und wir bekommen außer Schienenstegdämpfern keinen Lärmschutz." Besonders bei letzterem sieht Lenz noch Nachholbedarf, es gelte "den Status quo zu verbessern". Was, wie ein Zuhörer anmerkte, nicht allein Aufgabe der Bahn sei. Schließlich setze die nur um, was der Bund als Vorgabe beim Lärmschutz mache. Hier solle doch der "Vertreter der Regierungsfraktion" aktiv werden und auf bessere Lärmschutz-Gesetze drängen. "Ich bin der Letzte, der gegen schärfere Regeln ist", sagte dieser - allerdings ohne konkret zu werden, wie diese aussehen könnten.

Außer um Streckenverlauf und Lärmschutz ging es auch um andere Folgen des Brenner-Zulaufs. Etwa, wo denn die ganzen zusätzlichen Güterzüge be- und entladen werden sollen und wie sich dies auf den Straßenverkehr auswirkt. Man werde bestehende Terminals in Riem, Wörgl und Verona nutzen, diese hätten genug Kapazitäten, so Tradler. Neue Einrichtungen, etwa in Rosenheim, seien nicht geplant, genauso wenig zusätzliche Bahnhöfe an der Neubaustrecke - jedenfalls nicht von der Bahn: Denkbar sei allerdings ein Gleisanschluss für Firmen oder Gewerbegebiete.

Da für den nordwestlichen Bereich der Strecke - von Grafing nach Trudering - keine neuen Gleise gebaut werden, soll dort der Takt verdichtet werden. Hier äußerten einige Zuhörer die Sorge, dass dies zu Lasten des Personenverkehrs, speziell der S-Bahn, gehen könnte. Laut Tradler prüfe man alle Möglichkeiten - auch die Nutzung der S-Bahn-Gleise. Allerdings habe der "Takt-Verkehr" grundsätzlich Vorrang, das Angebot im Personennahverkehr werde demnach nicht eingeschränkt. Dass aber nach Betriebsschluss die S-Bahn-Gleise von Güterzügen befahren werden könnten, will man bei der Bahn nicht ausschließen.

Vielleicht solle man den Streckenverlauf in Richtung des neuen Brennertunnels generell überdenken, regte ein Zuhörer an: "Güter auf die Schiene zu bringen ist ja sinnvoll, aber nicht, alles über das Nadelöhr München zu transportieren." Ob es eine solche Ausweichstrecke geben wird - etwa über Mühldorf - dazu gibt es seitens der Bahn weder eine Zu- noch eine Absage. Tradler fasste den Stand der Dinge so zusammen: "Wir müssen erst planen." Voraussichtlich im Frühjahr oder Sommer des kommenden Jahres soll die nächste Phase beginnen, dann will die Bahn konkretere Pläne mit Politik und Bürgern erörtern.

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