BR-Dreh in Ebersberg:Von Tussis und Möchtegerns

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Im Alten Speicher werden sechs Folgen einer neuen Comedy-Show mit Angela Ascher aufgezeichnet. Sie bietet leider vor allem harmlose Witze und haufenweise abgedroschene Klischees

Von Anja Blum

Angela Ascher? Der Name dürfte nicht allzu vielen geläufig sein. Und doch kennt die Schauspielerin in Bayern vermutlich fast jeder, nämlich vom alljährlichen Politiker-Derblecken auf dem Nockherberg. Seit 2012 spielt Ascher dort die Rollen der CSU-Politikerinnen Christine Haderthauer und Ilse Aigner. Doch nun darf die Dorfenerin ihre Wandelbarkeit überdies in einem Soloprojekt unter Beweis stellen: Der Bayerische Rundfunk hat ihr eine eigene Sendung gewidmet, eine Comedy-Show mit dem Titel "Fraueng'schichten". Sechs erste Folgen wurden nun am Wochenende im Ebersberger Alten Speicher mit Livepublikum aufgezeichnet.

Angela "Angie" Ascher ratscht mit dem Publikum im Ebersberger Alten Speicher (Foto: Anja Blum)

Um dabei Störungen zu vermeiden, stimmt zuvor eine Art Animateur die Zuschauer auf das Geschehen ein, mit teils drastischen Worten. "Wenn Sie mal müssen, bitte auf keinen Fall aufstehen, sondern einfach laufen lassen", heißt es da. "Aber dabei unbedingt immer weiter lächeln!" Klar, das Publikum soll später im Fernsehen ja einen hocherfreuten Eindruck machen. Die Ebersberger zeigen sich denn auch höchst willig, ihren Part zu erfüllen, sie bestehen alle Applausproben mit Bravour. Während des Programms allerdings hält sich die Begeisterung dann in Grenzen, die Vorstellung trifft offenbar nicht jedermanns Geschmack.

Das Konzept der Sendung ist schnell erklärt: Sie besteht aus kurzen, vorproduzierten Filmchen, dazwischen plaudert Angela "Angie" Ascher auf der Bühne mit dem Publikum. Sprich: Sie leitet mit launigen Worten vom einen Thema zum nächsten über. Den roten Faden, wenn man so will, gibt der Titel vor: Es geht um Frauen. Bayerische Frauen. Wobei allerdings manche davon nur Möchtegernbayerinnen sind. Sieben Charaktere sind es, die Ascher, Jahrgang 1977, in den Filmsketchen verkörpert, von der Taxifahrerin über die Frisöse bis hin zur Haushälterin eines Pfarrers. Und die Maske leistet dabei ganze Arbeit: Sie verwandelt die Darstellerin in eine bis an die Schmerzgrenze gebotoxte Türsteherin genauso wie in ein dralles, blondes Schlagersternchen oder Burgi, die derbe Chefin eines Wertstoffhofs. Diese wiegt etwa 200 Kilo - es braucht etwa drei Stunden und einen Fatsuit, um Ascher in diese Rolle schlüpfen zu lassen. Danach ist sie praktisch nicht wiederzuerkennen.

Außerdem wurden für die Sketche teils prominente Mitstreiter engagiert, Merkel-Imitatorin Antonia von Romatowski zum Beispiel oder Johanna Bittenbinder. Auch der mittlerweile verstorbene Ferdinand Schmidt-Modrow aus der BR-Serie "Dahoam is dahoam" ist zu sehen - ein Umstand, der Ascher bei ihrer kurzen Dankesrede am Ende der Aufzeichnung fast zu Tränen rührt.

"Bayerisch, bissig, lustig", so lautet der Untertitel der Show, und in der Tat: Gut weg kommt hier eigentlich niemand. Vor allem nicht die Männer. So sinniert Ascher in ihrer Moderation zum Beispiel darüber, dass ihr die direkte, bayerische Art beim Anband'ln doch die liebste sei. Wenn also der Mann auf die Ansage der Frau, keinen One-Night-Stand zu wollen, zustimme mit den Worten: "Ja, genau, a Stund dad mia a scho glanga." Oder das Geständnis, dass da schon zwei Kinder seien, mit umstandslosem Rückzug quittiere: "Mei sorry, i hob di verwechselt." Da ist vom Prinz die Rede, der sich in einen Frosch mit geliehenem Porscheschlüssel entpuppt, von der Möglichkeit, nach zwei, drei Prosecco Brad Pitt vor sich zu haben, und von dem Spaß, willige Männer mal so richtig vorzuführen. Camping in Fürstenfeldbruck, Roland Kaiser zum Beischlaf und ein rosa Frotteeanzug: All das stoße in solchen Momenten auf Begeisterung!

Aber auch die Frauen rückt der Abend nicht gerade in vorteilhaftes Licht. Wuchtbrumme Burgi ist aggressiv gegenüber den Besuchern ihres Wertstoffhofs und stellt ihrem Mitarbeiter Mirko nach - vergeblich natürlich. Die Taxifahrerin hingegen reagiert schlicht hilflos, als es zur Konfrontation mit einem E-Sccoter-Fahrer kommt - Rettung bringt nur der männliche Fahrgast. Familienmama Babsi wiederum ist ihren beiden Teenietöchtern nur "peinlich" und zeigt sich auch bei der Anbahnung ehelichen Geschlechtsverkehrs nicht eben geschickt. Aschers Türsteherin proletet im Promiwahn sämtliche Gäste an, die Frisöse präsentiert gründlich missglückte Experimente mit Strähnchen und Botox, und Möchtegernsternchen Evi Ever dreht im Wohnzimmer grauenhafte Bewerbungsfilmchen für Aschers Show mit Gesang und, nun ja, Poesie. Ob denn ihr Talent dafür genüge, fragt der Gatte hinter der Kamera da plötzlich. "Na klar, die kann doch auch nix!" Ein seltener Moment des Sich-selbst-auf-die Schippe-Nehmens.

Allein die Pfarrhaushälterin beweist etwas Witz und Bauernschläue, als sie der Bürgermeistergattin eine erhebliche Spende für die Tafel abluchst und der Tratschtante im Beichtstuhl eine klare Buße verordnet: "Einen Monat de Goschn halten!" Gegenüber dem Pfarrer aus Indien allerdings tritt auch sie gehörig ins Fettnäpfchen, als sie ihm unterstellt, kein Kalbsschnitzel essen zu dürfen. "Ich bin doch kein Hindu, sondern Christ!"

Mit dem entlarvenden Witz einer Anke Engelke oder Martina Hill, beide Expertinnen für die Befindlichkeiten der modernen Frau, hat diese Comedyshow also wenig gemein. Zu harmlos und erwartbar sind die Pointen, zu abgedroschen die Klischees. Doch auch dieses Format wird vermutlich sein Publikum finden, auch in Ebersberg gibt es durchaus Amüsierte. Ausgestrahlt werden die "Fraueng'schichten" im Bayerischen Fernsehen von 17. April an, jeweils freitags um 22 Uhr. Eine gute Zeit, um auf dem Sofa einzuschlafen.

© SZ vom 10.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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