Bildung:Rechenspiele an den Schulen

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Direktoren im Landkreis erwarten die Wiedereinführung des neunstufigen Gymnasiums. Platz für eine zusätzliche Jahrgangsstufe gäbe es derzeit aber nur in Grafing und Markt Schwaben

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Es bleibt spannend: Noch hat sich die bayerische Staatsregierung nicht abschließend geäußert, wie es mit dem Gymnasium weitergehen wird. Wahrscheinlich erscheint derzeit, dass die bayerischen Schülerinnen und Schüler künftig in der Regel wieder in neun Jahren zum Abitur geführt werden. Dies hätte gravierende Folgen auch für den Landkreis, denn die Gymnasien in Kirchseeon und Vaterstetten haben keinen Platz für die Schüler des zusätzlichen Jahrgangs. Erweiterungsbauten wären unumgänglich - und ein fünftes Gymnasium in Poing erscheint längst nicht mehr als ein bloßes Luftschloss. Ende Februar wollen sich die Schulleiter mit Fachleuten vom Landratsamt zusammensetzen und die verschiedenen Möglichkeiten diskutieren.

Gerhard Dittmann, Direktor am Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben, hofft wie seine Kollegen, dass bis dahin vielleicht schon eher absehbar ist, welchen Kurs der Freistaat einschlagen wird: "Sonst wird dieses Gespräch von großer Ratlosigkeit getragen werden." Denn noch im Sommer 2016 hatte die Staatsregierung angekündigt, dass jede Schule selbst entscheiden dürfe, ob sie das G 8 oder das G 9 anbietet - oder möglicherweise sogar beides. Die Proteste waren daraufhin groß gewesen, auch die Landeselternvereinigung lehnte in einer Umfrage eine Mischform klar ab, statt dessen stimmten 80 Prozent der Befragten für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Auch die Fachleute im Landkreis wünschen sich Klarheit: "Organisatorisch und finanziell wäre so eine Mischform gar nicht zu stemmen", zeigt sich Dittmann überzeugt. Paul Schötz, Direktor des Grafinger Gymnasiums, sieht das ganz ähnlich: Oberste Priorität hat auch für ihn, dass eine bayernweit einheitliche Lösung gefunden wird. In seinen Augen sollte das ein qualitativ hochwertiges neunstufiges Gymnasium sein, das aber für Schüler, die das wollen und leisten können, eine gute "Überholspur" - also, die Möglichkeit, ein Jahr zu überspringen - bieten sollte. Die meisten jungen Leute und ihre Eltern wünschten sich aber eine etwas geruhsamere Gymnasialzeit, hat Schötz festgestellt, und auch an den Universitäten zeige sich, dass viele Abiturienten Brückenkurse benötigten, weil sie noch nicht reif fürs Studium seien.

Zumindest, was den Platz betrifft, wäre sowohl in Grafing als auch in Markt Schwaben eine Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium relativ unkompliziert möglich. "Bei uns ginge das ohne größere Probleme", erläutert Schötz. Zu den 1092 Schülerinnen und Schülern, die derzeit im Grafinger Gymnasium unterrichtet werden, kämen dann noch maximal 150 hinzu. Platz würde man für sie unter anderem in den vier Containerklassenzimmern finden, die noch in Grafing stehen, aber derzeit von Berufsschulklassen für Flüchtlinge genutzt werden. Auch in Markt Schwaben könnte man einen weiteren Jahrgang gut unterbringen, wie der Schulleiter vorrechnet. Konzipiert worden sei das Gymnasium in G 9-Zeiten für 1250 Schüler, derzeit besuchten 1190 das Haus. Man habe sogar im Augenblick die Möglichkeit, das Obergeschoss im Bauteil D komplett für Berufsintegrationsklassen zur Verfügung zu stellen. Würde man diese wieder fürs Gymnasium nutzen, wären sogar 200 zusätzliche Schüler denkbar, so Dittmann.

Diese Möglichkeit hat das Kirchseeoner Gymnasium nicht, es wurde schließlich, darauf weist Schulleitern Simone Voit hin, als einzige Schule im Landkreis bereits für die achtstufige Gymnasialform konzipiert. 1060 Schülerinnen und Schüler sind derzeit dort eingeschrieben, für einen weiteren Jahrgang gäbe es keinen Platz. Das ändert aber nichts daran, dass man auch in Kirchseeon der Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium etwas abgewinnen könnte. "Aber ein qualitatives G 9, keine Mogelpackung!", unterstreicht Voit. Eine von den Eltern gewünschte Entlastung beim Nachmittagsunterricht und mehr Zeit, um das Gelernte zu vertiefen, müssten ihrer Ansicht nach unbedingt dazugehören.

Für Rüdiger Modell, Direktor des Humboldt-Gymnasiums Vaterstetten, ist vor allem eines wichtig: dass die Entscheidung sehr bald fällt. "Diese lange andauernde Diskussion führt zu großer Unsicherheit", sagt er. Und es müssten ja auch rechtzeitig die Weichen gestellt werden für eine Rückkehr zum G 9. Derzeit besuchen 1550 Schülerinnen und Schüler das Gymnasium in Vaterstetten, schon jetzt ist es um 50 Prozent überbelegt. Bei der Wiedereinführung des G 9 wären es 1800 Schüler - allerdings natürlich nicht gleich im ersten Jahr, das unterstreicht Modell. Sieben bis acht Jahre würde es schon dauern, bis diese Größenordnung erreicht würde, in der Zwischenzeit könnte man an Strategien arbeiten, wie man damit umgeht. Ohnehin ist seit längerem ein Erweiterungsbau für die Schule geplant.

Welchen Platz dieser auf der Prioritätenliste des Landkreises erhalten sollte, darüber berät derzeit eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe des Kreistags. Diese muss sich nun auch wieder mit einem möglichen fünften Gymnasium in Poing befassen. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hat bereits angedeutet, dass die Wiedereinführung des G 9 eine Neubewertung der Situation erforderlich machen würde.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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