Betrunken am Steuer:Bewährungsstrafe nach Todesfall

Eine betrunkene Frau verursacht einen Autounfall, bei dem ihr eigener Sohn stirbt. Dafür bekommt sie vom Amtsgericht Bewährungsstrafe.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Es sollte ein Ausflug zum Ferienbeginn werden, doch es endete in einer Familientragödie. Bei einem Frontalcrash bei Langwied am Freitag vor Pfingsten des vergangenen Jahres erlitt ein Siebenjähriger so schwere Verletzungen, dass er wenig später im Krankenhaus starb. Die Ursache für den Unfall stand schnell fest: Die Mutter des Buben war so stark alkoholisiert, dass sie von der Fahrbahn abkam und in den Gegenverkehr raste. Wegen fahrlässiger Tötung wurde sie nun vom Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Dass die Angeklagte, eine heute 42-Jährige aus dem Landkreis Wolfratshausen, unter den Folgen des Unfalles bis heute schwer leidet, war ihr in der Verhandlung deutlich anzumerken. Sie brach mehrmals in Tränen aus und überließ das Reden weitgehend ihrem Verteidiger, der gleich zu Verhandlungsbeginn die Vorwürfe sofort einräumte. Allerdings, so der Anwalt, gälten hier besondere Umstände, Die Angeklagte habe ihr einziges Kind verloren, sei in der Folge depressiv, sogar selbstmordgefährdet und werde sich deswegen und wegen ihrer Alkoholsucht in stationäre Behandlung begeben.

Eine halbe Flasche Wodka am Tag

"Es ist ein extrem tragischer Fall", meinte zwar auch der Staatsanwalt, dennoch könne man von einer Strafverfolgung nicht absehen: "Der Alkohol verleiht dem eine ganz andere Qualität". Ganze 2,2 Promille hatte die Messung kurz nach dem Unfall ergeben. Dass sie seit längerem ein Alkoholproblem habe, sei ihr bewusst, so die Angeklagte unter Schluchzen, vor etwa sieben Jahren habe sie begonnen, regelmäßig und viel zu trinken.

Zwar gab es zwischendurch immer mal wieder trockene Phasen, doch durchhalten ließ sich die Abstinenz nie. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe sie ein Tagespensum von einer halben Flasche Wodka oder mehr gehabt, so die sehr zierliche Angeklagte. Darum könne sie sich an den Unfall selbst auch nicht erinnern, sie wisse nur noch, dass sie mit dem Sohn in die Ferien fahren wollte.

Angst vor dem Autofahren

Wenig Erinnerung hatte auch die andere Unfallbeteiligte, eine heute 19-Jährige aus dem südlichen Landkreis Ebersberg. Sie habe ihre Mutter abholen wollen, plötzlich sei ihr ein anderes Auto frontal entgegengekommen und habe sie gerammt. Bis heute leide sie an den Folgen, könne etwa wegen chronischer Rückenschmerzen ihr Hobby Reiten nicht mehr ausüben, habe seitdem Angst im Auto und selber fahren traue sie sich gar nicht mehr.

Wie sich der Unfall wahrscheinlich zugetragen hatte, schilderte Sachverständiger Jürgen Groß. Seinen Berechnungen zufolge war die Angeklagte vor dem Crash mindestens eine Strecke von 30 Metern auf der Gegenfahrbahn unterwegs und das auch noch zu schnell. Offenbar hatte die Zeugin noch eine Vollbremsung vorgenommen, "aber sie konnte den Unfall nicht verhindern", so die Einschätzung des Sachverständigen.

Die Angeklagte habe "ein ganz erhebliches Maß an Fahrlässigkeit" bewiesen, so der Staatsanwalt und beantragte eine Haftstrafe von 18 Monaten. Diese könne man aber wegen der besonderen Umstände - dem Verlust des Sohnes - zur Bewährung aussetzen. Dem folgte Richterin Vera Hörauf in ihrem Urteil. Außerdem muss die Verurteilte dem Gericht nachweisen, dass sie ihre Therapie fortsetzt und 5000 Euro an den Verein Kinderschutz spendet. Der Vertreter des von seiner Frau getrennt lebenden Vaters des toten Buben behielt sich Einspruch oder Revision gegen das Urteil vor.

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