Betreuung in Vaterstetten:Ab in den Süden

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Bauprojekt in Vaterstetten: Auf diesem Grundstück in der Arnikastraße, das zum Altenheim Maria Linden gehört, soll eine neue Kindertagesstätte entstehen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit großer Mehrheit beschließt der Gemeinderat ein neues Kinderhaus bei Maria Linden. Zwar müssen dafür wohl viele Bäume weichen, doch der Preis und die Lage sind günstig

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der Volksmund kennt zahlreiche Wege, über das eigene Dasein hinaus präsent zu bleiben: Bäume pflanzen, Kinder in die Welt setzen, Häuser bauen - um nur einige zu nennen. Was aber, wenn die Kinder Häuser brauchen, und dafür Bäume fallen müssen? Vor dieser Frage stand nun der Vaterstettener Gemeinderat, konkret ging es um den Standort für einen neuen Kindergarten mit Krippe.

Dass dieser gebaut werden muss und auch wird, darüber gab es keinen Dissens im Gemeinderat. Denn das neue Kinderhaus ist als Ersatz für das derzeit in der ehemaligen Grundschule an der Gluckstraße untergebrachte Provisorium gedacht. Will die Gemeinde diese Fläche irgendwann entwickeln, müssen die Kinder umziehen. Für den ebenfalls in der alten Schule befindlichen Hort ist bereits ein Neubau neben dem offenen Haus der Awo, dem ehemaligen Jugendzentrum, beschlossen. Nun ging es darum, auch für die Krippen- und Kindergartenkinder ein neues Domizil zu finden.

Geplant ist der Umzug zweier Krippen- und dreier Kindergartengruppen

Als Standort hatte die Verwaltung ein Grundstück in der Nähe des Altenheims Maria Linden vorgeschlagen. Dieses liegt ein Stück südlich der Einrichtung an der Wasserburger Landstraße. Weshalb auch ein Ausbau des Lärmschutzes in Richtung Bundesstraße nötig würde, zudem sollte man die Spielfläche möglichst im Norden des Gebäudes anlegen, so die Einschätzung der Verwaltung. Konkrete Pläne für den Neubau gibt es zwar noch nicht, das Bauamt schlug aber vor, die Kita zweigeschossig zu errichten, in Form zweier zueinander versetzter Würfel. Es sollen zwei Krippengruppen mit insgesamt 24 Kindern und drei Kindergartengruppen mit 75 Kindern aus dem Provisorium ins neue Haus umziehen. Läuft alles glatt, könnte im übernächsten Jahr mit dem Bau begonnen werden, bezugsfertig soll das Kinderhaus im Herbst 2024 sein.

Als Baukosten sind derzeit fünf Millionen Euro veranschlagt, etwa 1,5 Millionen werde die Gemeinde aber wohl in Form von Fördergeld bekommen. Die Kosten für das Grundstück sind dagegen moderat, denn der Orden Sankt Anna, dem die Fläche gehört, würde sie in Erbpacht vergeben, der Zins pro Jahr beträgt 50 000 Euro. Der Vertrag würde über 99 Jahre abgeschlossen, auf Wunsch der Schwestern soll der neue Kindergarten St. Anna heißen.

Doch bevor die Bagger anrücken können, muss auf dem Grundstück erst einmal gesägt werden, es ist nämlich stark bewaldet - und zwar ganz offiziell: Laut Umweltamt stehen nicht nur Bäume auf der Fläche, vielmehr bilden diese einen Wald. Um das Grundstück nutzen zu können, ist daher eine Genehmigung durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten nötig, bislang hat die Ebersberger Behörde diese aber noch nicht erteilen wollen. Im Vertrag mit dem Orden soll deshalb ein Rücktrittsrecht vereinbart werden.

Marina Ruoff (Grüne) regte an, den Wald überhaupt nicht zu roden, sondern das Kinderhaus weiter nördlich zu bauen, wo es eine komplett freie Fläche gibt. Diese sei auch seitens der Verwaltung favorisiert worden, sagte Bauamtsleiterin Brigitte Littke, der Orden habe den Platz allerdings nicht zur Verfügung stellen wollen, da dieser für eine Erweiterung des Altenheims vorgehalten werden soll. "Wenn wir die Möglichkeit hätten, anderswo zu bauen, hätten wir vor drei Jahren schon angefangen", sagte Georg Kast, Referent von Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU). Denn so lange sucht die Gemeinde schon vergeblich nach einem Standort.

Und selbst wenn man einen anderen fände: "Es gibt keine freien Grundstücke ohne Bäume". Zudem sei das nun gefundene erstens sehr günstig und liege zweitens in einer Gegend, die mit Kitas unterversorgt sei. Das betonte auch Cordula Koch (SPD), "Ziel muss doch sein, dezentral etwas anzubieten - auch wegen dem Verkehr". Ähnlich sah das Renate Will (FDP), "es ist wichtig, dass es südlich der Bahn eine Kita gibt". Zumal man normalerweise die Grundstücke nutzen müsse, die die Gemeinde eben bekomme, ohne Rücksicht auf den Bedarf in der Gegend, merkte Michael Niebler (CSU) an. Hier könne man nun aber nicht nur die finanzielle Belastung für die Gemeinde reduzieren, "wir schaffen auch eine Einrichtung, wo bislang nichts ist".

"Es ist schade um die Bäume", befand auch Bürgermeister Spitzauer, "aber die Geschichte geht schon so lang", man müsse endlich einen Standort finden. Seine Stellvertreterin Maria Wirnitzer (SPD) regte eine möglichst schonende Nutzung und Bebauung an, vielleicht könnte ja das Konzept eines Waldkindergartens umgesetzt werden. Dies unterstützte auch Elisabeth Mundelius (Grüne), wenn das Grundstück genutzt werde, dann in einer Art "die nicht so stark in die Natur eingreift".

Nach einer kurzen Pause, die sich die Grünen zur Beratung gewünscht hatten, stimmte eine große Mehrheit für den Neubau an der Stelle. Gegenstimmen gab es von Marina und Stefan Ruoff, der Rest der Grünen-Fraktion votierte dafür.

© SZ vom 26.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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