Süddeutsche Zeitung

Beschluss zum St.-Patrick's-Day:Grüne Götterspeise ist in der Kita weiterhin erlaubt

Die Markt Schwabener St.-Patrick's-Day-Posse löst eine hitzige Debatte im bayerischen Landtag aus. Es kommt deswegen sogar zu einem Beschluss.

Von Korbinian Eisenberger, München/Markt Schwaben

Am Donnerstag klingelte im Sitzungssaal des Münchner Maximilianeums das Glöckchen. Es ging um Ostern, und es bimmelte mehrmals mahnend, weil die Abgeordnete Mechthilde Wittmann von der CSU mit ihrem Vortrag die Gemüter erhitzte. Im Landtag ging es gerade um einen Antrag der CSU. Darin fordert die Fraktion die Verteidigung des Osterfestes vor Feiertagen aus anderen Ländern. Man solle sich "nicht anbiedern an alles, was sich bietet", sagte Wittmann in ihrer Rede. Es folgten wieder Zwischenrufe von SPD und Grünen. Und so bimmelte die Glocke im Landtag, als wäre der Ostersonntag schon gekommen.

Es ist nicht mehr als eine Posse, die vor einer Woche in Markt Schwaben aufkam und durch überspitzte Schlagzeilen Aufmerksamkeit bekam. Es reichte aber, dass es am Donnerstag eine knapp einstündige Debatte im bayerischen Landtag gab, zu der sich Redner aus allen Fraktionen teils mit deftigen Statements äußerten. Anlass war eine Meldung aus der Boulevardpresse, wonach eine Markt Schwabener Kita Ostern dieses Jahr durch den St.-Patricks-Day ersetzen würde. Gemeint ist das Kinderhaus Villa Drachenstein von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Ortszentrum. Wittmann argumentierte auf Grundlage der Lektüre eines Zeitungsartikels und zog vor dem Plenum ihre eigenen Schlüsse: "Wir feiern in der Awo das Betrinken."

Anders als der Ire vermeidet der Bayer das Zelebrieren von Suff bekanntermaßen wo es geht. Und so entschloss sich die CSU-Landtagsfraktion zu einem Dringlichkeitsantrag namens "Christliche Tradition bewahren, mit Kindern das Osterfest feiern". Dessen Kerninhalt: Die CSU fordert die Staatsregierung auf, "weiterhin dafür Sorge zu tragen, dass die Kinder in allen Kindertageseinrichtungen in Bayern die Gelegenheit haben, die zentralen Elemente der christlich-abendländischen Kultur wie insbesondere die christlichen Festtage zu erfahren und kennenzulernen".

Der Antrag ist eine Erinnerung an das, was eh schon in jeder Kita gilt

Der Antrag ist also eine Art Erinnerung an das, was laut dem bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetz eh schon in jeder Kita in Bayern gilt. Nach Wittmanns Rede gab es harsche Kritik aus der Opposition. Doris Rauscher, SPD-Abgeordnete aus dem Landkreis Ebersberg, verwies darauf, dass die Markt Schwabener Kita entgegen vieler Berichte "Ostern nicht gestrichen hat", sondern lediglich um ein irisches Fest ergänzt hat. "Da wird Politik auf Kosten der Kinder gemacht", sagte Rauscher. Ihre Parteikollegin Alexandra Hiersemann kritisierte die generelle Haltung der CSU. Es handle sich hier um einen "verzweifelten Versuch, Ihre sogenannte Leitkultur zu füllen".

Insgesamt sieben Redner folgten auf Wittmann, alle kritisierten den CSU-Antrag. Claudia Stamm (fraktions- und fassungslos) erinnerte daran, dass Bayern aus einem "Völkergemisch aus dagebliebenen Flüchtlingen und Zugereisten" von überall her entstanden ist, im heutigen Sprachgebrauch also aus Menschen mit Migrationshintergrund. Im achten Jahrhundert feierten die Menschen dort den Frühlingsanfang gemeinsam. "Es wurden christliche mit heidnischen Bräuchen und Vorstellungen verknüpft", so Stamm. Ostern sei dafür "eines der bekanntesten Beispiele".

In der zweiten Sitzung unter Ministerpräsident Söder und dem neuen Kabinett ging der Antrag durch, 101 der 180 Sitze im Parlament sind ja von der CSU. In der Villa Drachenstein in Markt Schwaben soll es am Gründonnerstag trotzdem einen St.-Patricks-Brunch geben, mit grünem Wackelpudding, wie es von der Awo hieß. Das geht, trotz Beschluss. Götterspeise kann man im christlichen Bayern auch kaum verbieten.

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SZ vom 23.03.2018/koei
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