Berufsschule und Gymnasium:Anlauf für zwei Millionenprojekte

PPP–Projekt

Die öffentlich-private Partnerschaft (englisch: Public-private-Partnership, PPP) ist ein Kooperationsmodell zwischen öffentlicher und privater Hand. Ziel ist es, staatliche und kommunale Einrichtungen mit Geld eines Investors zu planen, zu bauen und zu betreiben. Dabei gibt es eine Vielzahl von Betreibermodellen; allen liegt das Prinzip zugrunde: Anstatt teure Investitionen zu stemmen, werden die Kosten "lebenszyklusorientiert" verteilt. Die Gesamtverantwortung trägt für Jahrzehnte ein Privatinvestor, dafür zahlt der öffentliche Vertragspartner ein bestimmtes Entgelt. Der Nachteil des PPP-Verfahrens ist es, dass schon ganz am Anfang ganz genau festgeschrieben werden muss, welche Leistungen für welchen Preis erwartet werden. Als Vorteile werden kürzere Bauzeiten, geringere Kosten und ein relativ sicherer Fertigstellungstermin genannt. SZ

Der Ebersberger Kreistag muss demnächst entscheiden, wie er seine beiden Schulneubauten in Grafing und Poing umsetzt: alleine oder mit Investor

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Wer schon mal ein Eigenheim gebaut hat, kennt sie: die schlaflosen Nächte, die Grübeleien über die hohen Ausgaben und darüber, wie man das alles am besten auf die Reihe bringt. Ein bisschen geht es jetzt auch den Ebersberger Kreisräten so, sie geben zwar nicht ihr eigenes Geld aus, dafür aber sehr viel von dem der Landkreisbürger. Ganz groben Kalkulationen zufolge soll das neue Gymnasium in Poing etwa 60 Millionen Euro kosten, die neue Berufsschule in Grafing 50 Millionen Euro. Fährt man nun günstiger, wenn der Kreis den Bau dieser Schulen selbst in die Hand nimmt? Oder bringt eine Realisierung im Public-private-Partnership-Modell (PPP) mehr Vorteile? Darüber müssen sich die Vertreter der Kreisgremien in den nächsten Wochen Gedanken machen.

Die notwendigen Informationen dafür haben sie am Dienstag in der Sitzung des Ausschusses für Liegenschaften, Schulbauten und Vergaben (LSV) bekommen. Ausführlich erläuterten Vertreter der Architektenkammer und des bayerischen Wirtschaftsministeriums, wie ein Architektenwettbewerb ablaufen könnte, welche Möglichkeiten der Ausschreibung es gibt und welche unterschiedlichen PPP-Modelle denkbar sind. Allerdings ist das Thema für die meisten Kreisräte ohnehin kein Neuland, schließlich hat der Kreis auch beim Bau des Gymnasiums Kirchseeon und der Realschule Poing mit privaten Partnern zusammengearbeitet.

Die Erfahrungen damit sind gemischt. Insgesamt hat ein Gutachter im März 2018 zum ersten PPP-Projekt in Kirchseeon eine recht gute Bilanz gezogen. Demnach waren die Baukosten um etwa 2,6 Millionen Euro günstiger, als wenn der Kreis selbst gebaut hätte. Auch den festgelegten Endpreis und Fertigstellungstermin zählt der Gutachter zu den großen Vorteilen. Unerwünschte Begleiterscheinungen eines so großen Bauprojekts können auf diese Weise vermieden werden, wenn alles gut läuft. Doch andererseits musste der Kreis beim Projekt in Kirchseeon auch Lehrgeld zahlen. Weil hier auch die Finanzierung in die Hand des privaten Partners gelegt wurde, muss der Landkreis immer noch Kredite mit Zinsen in Höhe von 4,76 Prozent abzahlen, obwohl bei der aktuellen Situation auf dem Markt bei anderen Projekten entweder gar keine Zinsen anfallen oder der Kreis sogar in einigen Fällen den Kredit nicht einmal in voller Höhe zurückzahlen muss. In einem Rechtsstreit versucht der Landkreis gerade, diesen Vertrag zu beenden und die ausstehenden Schulden auf einen Schlag zurückzuzahlen statt in weiteren zehn Jahren mit hohen Zinsen. Bei der Realschule Poing war der Kreis schon schlauer, hier war die Finanzierung nicht Teil des PPP-Projekts.

Bei den beiden neuen Schulbauprojekten tendieren die Verwaltung im Landratsamt und Landrat Robert Niedergesäß (CSU) dazu, sich bei der Berufsschule eher nicht für ein PPP-Modell zu entscheiden. Die Berufe und somit auch die Berufsschule seien einem ständigen Wandel unterworfen, bei nötigen Umbauten oder Umgestaltungen könnte man als Hausherr flexibler reagieren, sagte der Landrat. Was das Gymnasium betrifft, seien die Ansichten im Landratsamt "uneinheitlich", so Niedergesäß. Finanzmanagerin Brigitte Keller gehört dabei zu denen, die PPP in diesem Fall klar ablehnen - vor allem deshalb, weil auch die Unterhaltskosten Teil des Vertrags sind. Hierfür würden über Jahre hinweg hohe Summen eingeplant; es habe sich gezeigt, dass die Betriebskosten bei den PPP-Schulen deutlich höher seien als bei den übrigen Schulen es Landkreises. Es werde also viel Geld ausgerechnet für die modernsten Schulen im Landkreis gebunden, für die Instandhaltung der älteren Schulgebäude fehle es dann in Zeiten knapper Finanzen, sagte Keller. Mehrere Kreisräte sahen die hohen Investitionen in die Instandhaltung hingegen eher als Vorteil, dies habe ja schließlich die Folge, dass die Schulen in gutem Zustand gehalten würden, sagte etwa Bernhard Wieser (CSU).

Eine Entscheidung über dieses Thema wird voraussichtlich in der Sitzung am 15. Oktober fallen.

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