Süddeutsche Zeitung

Schulbauten im Landkreis Ebersberg:110 Millionen mehr

Aktualisierte Kostenberechnungen für die Berufsschule in Grafing und das Gymnasium in Poing liegen erheblich über den bisherigen Schätzungen. Gleichzeitig sinken wegen der Corona-Pandemie die Einnahmen des Landkreises

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Schon 2017 war klar: Der Landkreis Ebersberg würde richtig viel investieren müssen, um seinen ehrgeizigen Masterplan Schulen abzuarbeiten. Seitdem haben sich die Anforderungen an die neu geplanten Projekte geändert, das Bauvolumen wurde angehoben, die Baukosten sind rasant gestiegen - und inzwischen ist steht fest: Mit den etwa 160 Millionen Euro, die zunächst für das Schulpaket vorgesehen waren, wird man nicht einmal annähernd hinkommen. Statt dessen werden es etwa 110 Millionen Euro mehr. Gleichzeitig leidet auch der Landkreis unter einem Corona-bedingten Einnahmenschwund. "Wir müssen beraten, ob wir die Projekte im geplanten Zeitraum abwickeln können", kündigte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in der jüngsten Sitzung des Liegenschaftsausschusses an.

Vor allem die beiden größten Projekte, der Neubau des Berufsschulzentrums in Grafing und der Bau des fünften Gymnasiums in Poing, werden erheblich teurer, wie jetzt eine aktuelle Kostenkalkulation von Planern zeigt. Beim Berufsschulzentrum war man zunächst von Kosten von mindestens 49 Millionen Euro ausgegangen, inzwischen stellt sich heraus: Tatsächlich muss der Landkreis wohl mehr als doppelt so viel Geld - nämlich gut 107 Millionen - für das Projekt einplanen. Eine Risikoreserve von 30 Prozent ist in dieser Kalkulation schon enthalten. Der Grund für die Steigerung ist nicht nur die geänderte Ausrichtung der Schule im Vergleich zu ersten Planungen - unter anderem wird es eine sehr innovative IT-Ausbildung geben -, sondern auch der deutlich erhöhte Platzbedarf. 40 Prozent mehr sind es im Vergleich zur erste Variante. Außerdem sind nun eine Dreifachturnhalle und ein Parkdeck beinhaltet, allein das treibt die Kosten um 9,3 beziehungsweise sechs Millionen Euro nach oben.

Auch beim Gymnasium Poing liegen die aktuell kalkulierten Kosten deutlich über denen im Masterplan, damals waren als Untergrenze für das Projekt 59,5 Millionen angesetzt worden. Auch hier war ursprünglich keine Tiefgarage geplant, die nun mit 6,5 Millionen Euro zusätzlich ins Gewicht fallen wird. Bei der Sporthalle steigen die Kosten um 2,8 Millionen. Inklusive einer Risikoreserve von 30 Prozent rechnen die Planer jetzt mit insgesamt 90,6 Millionen Euro für den Schulneubau. Doch nicht nur die beiden Großprojekte werden das Budget des Landkreises deutlich stärker belasten als zunächst kalkuliert. Auch Um- und Ausbaumaßnahmen an vorhandenen Schulen werden teurer. Etwa die Erweiterung des Gymnasiums Vaterstetten oder der beiden Förderzentren in Grafing und Poing. In fast allen Fällen hat sich seit der Erstellung des Masterplans herausgestellt, dass die Schulen mehr Platz brauchen als zunächst angenommen - mit den entsprechenden Folgen für die Kosten.

Welche Folgen das für die Realisierbarkeit der Projekte hat, darüber wurde im Ausschuss noch nicht diskutiert. "Es ist wichtig zu sehen, wo wir stehen - auch im Hinblick auf die weitere Haushaltsentwicklung", sagte der Landrat. Man werde sich über das Thema "noch viele Gedanken machen" müssen. Kreisrat Josef Zistl (CSU) wurde deutlicher: Die Summen seien "horrend" und machten ihm Angst, da ein überwiegender Teil der Kosten ja von den Gemeinden finanziert werden müsse. Zwar seien die Projekte wichtig und man wolle sie ja auch, aber man müsse darüber nachdenken, ob nicht eine Verschiebung um einige Jahre nach hinten erforderlich sei.

Tatsächlich bot auch Finanzmanagerin Brigitte Keller eher trübe Ausblicke auf die Finanzen: Derzeit sehe es so aus, als könne der Landkreis höchstens eine von insgesamt 22 Millionen, die für die Investitionen 2021 geplant seien, selbst erwirtschaften. "Wir können entweder die Ausgaben reduzieren oder die Kreisumlage erhöhen oder 90 bis 100 Prozent als Kredite aufnehmen", umriss sie die Optionen des Landkreises. Ob alle geplanten Projekte trotz Corona wie geplant umgesetzt würden, sei aber eine politische Entscheidung.

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SZ vom 27.10.2020
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