Dass der Landkreis Ebersberg neben einem weiteren Gymnasium auch dringend eine Berufsschule braucht, darüber herrscht in den zuständigen Gremien schon lange Konsens. Auch der Plan, eine solche zu realisieren, nimmt immer konkrete Formen an. So soll noch in diesem Jahr der Startbeschluss durch den Kreistag erfolgen, was den Bau endgültig auf den Weg bringen wird. Eine nicht ganz unwichtige Frage ist allerdings noch nicht beantwortet: Wie soll die Berufsschule, die in Grafing-Bahnhof errichtet werden soll, eigentlich finanziert werden? Dazu hat die Fraktion von ÖDP und Linke im Ebersberger Kreistag nun einen neuen Vorschlag eingereicht, der jedoch nicht bei allen auf Begeisterung stößt.
„Die derzeitige Haushaltssituation zwingt den Landkreis Ebersberg, alle notwendigen, größeren Investitionen zu hundert Prozent kreditfinanziert durchzuführen. Das bringt den Landkreis allerdings an die Grenzen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit, wenn nicht die Kreisumlage in starkem Maße erhöht werden soll“, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Darin fordert sie die Gründung eines Kommunalunternehmens „zur Finanzierung und langfristigen Durchführung öffentlicher Bau- und Energieprojekte“. Ein solches Kommunalunternehmen (KU) hat der Landkreis etwa 2016 zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ins Leben gerufen und seither bereits einige Vorhabe realisiert. Ein ähnliches Vorgehen wünschen sich ÖDP/Linke nun auch für die Berufsschule.
Viele der Ebersberger Kreisräte wünschen sich eine Kooperation mit einem privaten Investor
Für diese favorisieren große Teile des Kreistags – vor allem die Fraktion von CSU und FDP – bisher ein sogenanntes Public Private Partnership-Modell, kurz PPP. Bei dieser Kooperation zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft würde ein externer Investor die Berufsschule planen, finanzieren und schließlich auch errichten. Bei ÖDP/Linke befürchtet man aber, dass ich der Landkreis dadurch in der Handlungsfähigkeit einschränkt. Das PPP-Modell habe den Nachteil, dass man sich langfristig an einen Investor binden müsse, schreibt die Fraktion. Renate Glaser (ÖDP) argumentierte in der jüngsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses zudem damit, dass ein externer Geldgeber natürlich auch etwas verdienen wolle. Zwischen sieben und zehn Prozent Rendite seien durchaus wahrscheinlich, so Glaser.

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Die ÖDP-Kreisrätin gab ebenfalls zu bedenken, dass eine Berufsschule einem Wohnbauprojekt gar nicht so unähnlich sei. Anstatt der Mieteinnahmen würden eben Gastschulbeiträge zur Tilgung der Investition beitragen. Ein Kommunalunternehmen ermögliche es zudem, Projekte langfristig zu planen und zu realisieren, ohne durch externe Interessen beeinflusst zu werden. Glaser forderte zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Karl Schweisfurth deshalb, dass neben PPP auch diese Option für die Schulfinanzierung geprüft werden soll. „Wir haben sonst am Ende im Kreistag eigentlich nur eine Möglichkeit zu entscheiden“, sagte Schweisfurth mit Blick auf die Juli-Sitzung des Gremiums, in der der Startbeschluss für die Berufsschule und das geplante Gymnasium in Poing fallen soll.
Dass dabei auch über verschiedene Finanzierungsoptionen gesprochen wird, wollte Brigitte Keller, Leiterin der Abteilung Zentrales am Landratsamt, nicht ausschließen, dass es allerdings auf ein Kommunalunternehmen hinausläuft, bezweifelte sie. Man sei bereits zu weit in der Planung fortgeschritten, als dass sich die Gründung eines KU jetzt noch lohnen würde. „Ich wäre völlig bei Ihnen, wenn wir noch ein Jahr früher dran wären“, sagte Keller in Richtung Renate Glaser. Ähnlich äußerte sich auch Martin Wagner (CSU): „So etwas geht nicht von heute auf morgen. Wenn wir die Berufsschule erst in 20 Jahren bauen würden, dann könnten wir über ein Kommunalunternehmen reden.“ Zum jetzigen Zeitpunkt würde man aber nur eine unnötige Doppelstruktur mit dem Sachgebiet Kreishochbau und Liegenschaften am Landratsamt schaffen – und dafür habe die Behörde wahrlich keine Kapazitäten. Seine Fraktion, so Wagner, werde sich jedenfalls weiter für ein PPP-Modell starkmachen.
Im Juli sollen endgültig die Weichen für die beiden neuen Landkreis-Schulen gestellt werden
Ein solches sei aus seiner Sicht die einzige Möglichkeit, die Berufsschule und das Gymnasium parallel zu bauen, pflichtete ihm Alexander Müller (FDP) bei. „Wir können uns die zwei Schulen durch die Verschuldung des Landkreises sonst nicht leisten.“ Benedikt Meier (Grüne) gab derweil zu bedenken, dass in einem Kommunalunternehmen, das von einem Verwaltungsrat gesteuert wird, stets unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten werde. „Das wirft bei uns große Fragezeichen auf, ob wir bei einem Schulneubau die Transparenz einschränken sollten“, so der stellvertretende Fraktionssprecher der Grünen.
Trotz dieses Gegenwinds wollen ÖDP und Linke an ihrer Forderung, die Möglichkeit zur Gründung eines Kommunalunternehmens zu prüfen, festhalten. Einen entsprechenden Antrag wolle die Fraktion zur nächsten Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses Mitte Mai einreichen, wie Renate Glaser ankündigte. Viel Zeit zur Beantwortung bleibt der Verwaltung am Landratsamt dann allerdings nicht mehr, schließlich will der Kreistag zwei Monate später endgültig die Weichen für die neuen Schulen stellen.