Sein Jubiläumsjahr als Geschäftsführer hat Josef Huber sich anders vorgestellt. Seit 1991 führt der 55-Jährige die Holzbaufirma Huber&Sohn in Wasserburg. "So was wie heuer habe ich in der Form noch nie erlebt", sagt er. Verglichen zum Dezember 2020 sind die Holzpreise um 50 Prozent angewachsen. Schwankungen bei Baustoffen sind durchaus üblich. "Aber nicht annähernd so hoch", sagt Huber. "Darauf konnte sich niemand einstellen."
Holz ist zur Mangelware in Bayern geworden. Und damit nicht nur wertvoll, sondern auch rar. Das Familienunternehmen und seine Mitarbeiter stehen vor einer ihrer größten Herausforderungen, so Huber. "Ich muss schau'n, dass ich von irgendwem irgendwo was bekomme."
Forstwirtschaft:Ebersberg stapelt für die Welt
Die Holzfahrer aus der Region lassen sich für die Österreich-Grenze täglich testen. Zahlkräftige Stammkunden kommen von weit her.
Es geht um den guten Stoff aus Bayern. Um Baustoff, genauer um Fichtenholz. Hierzulande wegen seines monokulturartigen Anbaus verschrien, ist Fichten-Schnittholz in USA derzeit äußerst beliebt. Auslöser ist ein kanadischer Käfer, der den hiesigen Holzmarkt ins Wanken bringt wie es keinem der heimischen Schädlinge je gelungen ist. Weil der Dendroctonus ponderosae Kanadas Kiefernwälder in fast apokalyptischen Ausmaßen zerstört, ist Nachbar USA der wichtigste Importmarkt eingebrochen.
Ersatzweise bedient sich die amerikanische Bauindustrie nun in Europa und bringt damit viele deutsche Baufirmen in Bedrängnis. Grund: Bayerisches Fichtenholz etwa erzielt bei den finanzkräftigen US-Unternehmen den doppelten Preis. Die Amerikaner können die Preise leicht stemmen, etwa dank großzügiger Corona-Hilfspakete der US-Regierung und niedriger Zinsen für Baudarlehen. Die Quittung dafür zahlen nun Holzbetriebe wie die Zimmerei Schuder in der Kreisstadt Ebersberg.
Geschäftsführer Christian Moldau ist seit zwölf Jahren in der Firma und berichtet von einer Krise. "Händler und Produzenten geben keine Zusagen mehr, Lieferzeiten sind ungewiss", so Moldau. Ein Knackpunkt für die Zimmerei: Bei nicht wenigen Bauaufträgen wurde der Preis ausgehandelt, ohne eine Vorahnung, wie sich der Holzmarkt entwickelt. "Bei den bestehen Verträgen zahlen wir drauf", so Moldau. Eine existenzielle Bedrohung? "Angesichts der Lieferzeiten von bis zu sechs Monaten, in denen ein Projekt dann stillsteht, machen wir uns da schon Gedanken."
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Hört man sich in Südostbayern um, berichten Dachdecker, Zimmerer und so gut wie jeder Holzhandwerksbetrieb von ähnlichen Problemen: Verzögerte Bauvorhaben und die Befürchtung, dafür mit Konventionalstrafen belangt zu werden. Holzhausprojekte, bei denen die Handwerksbetriebe ein Minusgeschäft machen. Und die Unsicherheit, ob und wenn ja wie es weiter gehen soll.
Die Amerikaner zahlen deutlich mehr, also bekommen sie die Ware per Schiff über den Ozean zugestellt. Zu den Leidtragenden zählt auch das Sägewerk Bösmeier, ein Betrieb mit 15 Mitarbeitern in Egmating. "Die USA ziehen jetzt das ganze Material weg." Das berichtet Herrmann Bösmeier, der das Unternehmen seit einem halben Jahrhundert führt. "Da kriegen die großen Sägewerke den doppelten Preis." Seine Firma bekommt davon wenig ab. Weil die Großindustrieb mit Millionenverträgen Holzlieferungen zugesagt hat, müssen kleinere Sägewerke wie Bösmeier kämpfen. Oder wie der Geschäftsführer es ausdrückt. "Wir müssen uns irgendwie durchjonglieren."
Unweit von Egmating leert sich inzwischen eine der größten Sammelstellen Bayerns für Holzstämme. Das Nasslager Forstinning im Ebersberger Forst ist mittlerweile zu drei Vierteln geräumt und an große Sägewerke verkauft. Dort wird es zu baufertigem Schnittholz verarbeitet und schließlich größtenteils an die Küste gebracht, in Container verladen und per Schiff in die USA verfrachtet. Teilweise werden die Stämme auch unbehandelt in etwa fünf Meter langen Stücken per Zug exportiert. Größter Abnehmer ist hier China.
Bayerisches Holz gelangt per Schiene und Wasser über Tausende Kilometer auf andere Kontinente - während den hiesigen Handwerkern dieses Holz fehlt. Marktwirtschaft schlägt Ökologie.
Erstes Glied in der Lieferkette sind im Freistaat vor allem die Bayerischen Staatsforsten. Von großem Reibach aber will man dort nichts wissen. In den vergangen fünf Jahren "war der Holzpreis so schlecht, dass es beschämend ist", sagt Heinz Utschig, der Leiter des Forstbetriebs Wasserburg. Noch haben die Altverträge mit den Sägewerken vom Vorjahr bestand, so Utschig. Erst in Kürze profitiere der Forstbetrieb von den hohen US-Preisen.
"Je lauter die Säger schreien, um so schneller wird der Holzpreis sich nach oben bewegen", so Utschig. Langfristig hoffe er, dass sich der Holzpreis wieder auf "gesundem Normalniveau" einpendele. Seiner Prognose nach bleibt die Nachfrage aus Übersee weiter groß. "Die Holzknappheit bei uns wird noch zunehmen."
Hiesigen Betriebe bleibt, Lösungen zu finden - oder um Hilfe zu bitten. Aus Ebersberg ist zu erfahren, dass die Zimmerei Schuder die gestiegenen Holzpreise künftig an die Endkunden weitergeben wird. "Wir müssen wohl oder übel eine Preisklausel miteinfügen", so Geschäftsführer Moldau. Ähnliche Pläne sind aus Wasserburg von Huber&Sohn zu vernehmen, auch dort dürften die Preise zwangsläufig steigen. Wer Holzhandwerker engagiert, muss künftig mit höheren Preisen rechnen.
Am Telefon liest Josef Huber am Montagmittag aus dem Schreiben eines Lieferanten für Holzdämmstoff vor, der innerhalb kurzer Zeit erneut eine Preiserhöhung ankündigt. "Das haben wir täglich per Mail oder Post", so Huber. Er hoffe darauf, dass der Staat die Preistreiberei reguliert. Sein Vorschlag für die Zukunft: Die Zahl von Nasslagern erhöhen und für Privatwaldbesitzer zugänglich machen, damit der Holzvorrat in Zeiten von hoher Nachfrage länger hält und der Preis stabil bleibt. Derzeit gibt es in Bayern 30 Nasslager, wo Baumstämme durch Nässe konserviert werden. Das Forstinninger Feuchtgebiet ist nun fast leer.