Energie:Erdgas-Bohrungen im Ebersberger Forst "nicht auszuschließen"

Energie: Bis vor einem Jahr sah das 4000 Quadratmeter große Areal im Ebersberger Forst so aus: Vorne ein Zaun, im Hintergrund die Erdgas-Förderanlage.

Bis vor einem Jahr sah das 4000 Quadratmeter große Areal im Ebersberger Forst so aus: Vorne ein Zaun, im Hintergrund die Erdgas-Förderanlage.

(Foto: Neptune Energy)

Nahe Anzing wurde das Material einst aus 2500 Metern Tiefe nach oben befördert. Nun ist das Rohr verschlossen und hinterlässt eine Betonsäule im Waldboden. Was bringt die Zukunft?

Von Korbinian Eisenberger, Anzing

Vor einem Jahr ragte hier noch das Endstück eines 2500 Meter tiefen Rohres aus dem Waldboden. Wo einst Erdgas aus dem Inneren des Planeten an die Oberfläche befördert wurde, gefriert nun ein kleiner Tümpel. In 26 Jahren wurden hier 256 Millionen Kubikmeter brennbares Gas aus dem Boden gepumpt. Nun ist das Rohr kein Rohr mehr, sondern eine zweieinhalb Kilometer tiefe Säule, die vom Waldboden in die Tiefe geht. Durch diese Leitung wird kein Erdgas mehr fließen. Aber womöglich an anderer Stelle im Ebersberger Forst.

Mittwochmittag in einem der größten Wälder Südbayerns. Sandra Arndts Firma Neptune Energy hatte hier Jahrzehnte lang die Bohrrechte. Nun präsentiert die Unternehmenssprecherin den neuen Look der Waldlichtung. Zusammen mit dem Forstbetrieb Wasserburg ließ Neptune Energie das 4000 Quadratmeter große Areal in ein Biotop umwandeln. Sträucher, Gräser, Bäumchen - und der Tümpel samt Zulauf. Eine Rohr- und bohrfreie Zone. Es sei aber, so Arndt, "nicht auszuschließen", dass im Ebersberger Forst an anderer Stelle wieder nach Erdgas gebohrt werde.

Energie: Für die Firma Neptune Energy am Mittwoch im Ebersberger Forst: Pressesprecherin Sandra Arndt und Günter Lügering, zuständig für Landangelegenheiten.

Für die Firma Neptune Energy am Mittwoch im Ebersberger Forst: Pressesprecherin Sandra Arndt und Günter Lügering, zuständig für Landangelegenheiten.

(Foto: Christian Endt)

In Bayern wurden über die Jahre immer mehr Standorte für Erdgasbohrungen auf Eis gelegt oder wie nun bei Anzing renaturiert. Die dortige Anlage war in den 70er Jahren in Betrieb genommen worden, ehe sie 1997 zum letzten Mal lief und nun unbrauchbar gemacht wurde. Grund ist auch in diesem Fall, dass sich der Betrieb wirtschaftlich nicht mehr rentierte. Zu wenig Ertrag bei zu hohem Aufwand. Allerdings sind die Preise für Erdgas zuletzt enorm gestiegen. Dieses stammt derzeit fast ausschließlich von Pipelines aus dem Ausland. Und so könnte es sein, dass Standorte wie der Ebersberger Forst wieder interessanter werden.

Auch die Ebersberger müssen sich auf eine Explosion der Gaspreise einstellen

Deutschland bezieht mehr als die Hälfte seines Erdgases aus Russland, dem Online-Portal Statista zufolge lag die Quote im Oktober 2021 bei 55,2 Prozent. Es folgen Norwegen mit 30,6 und die Niederlande mit 12,7 Prozent. Innerhalb Deutschlands werden kaum mehr nennenswerte Mengen gewonnen, am meisten noch in Niedersachsen, dem Bundesland mit den größten Reserven. Bundesweit wurde laut Statista im Jahr 2020 Erdgas im Wert von 385,2 Millionen Euro produziert. Die Importware hatte zugleich einen Wert von 19,9 Milliarden Euro.

Die Menschen im Landkreis Ebersberg müssen sich wie alle anderen Nutzer von Erdgas in Deutschland auf erhebliche Preisanstiege im neuen Jahr einstellen. Hintergrund ist neben der Einführung einer CO2-Abgabe die Erhöhung der Netzentgelte. Vor allem aber ist ein drastischer Anstieg der internationalen Handelspreise für Erdöl für die Preisexplosion verantwortlich. Noch sei es "derzeit nicht unbedingt denkbar", dass im Ebersberger Forst wieder nach Erdgas gebohrt werde, so Sandra Arndt. Diese Entwicklung ist aber mit ein Grund, warum sie und ihr Kollege Günter Lügering, der bei Neptune Energy Deutschland für Landangelegenheiten zuständig ist, sich eine Hintertür für Bohrarbeiten im Forst offenlassen.

Energie: Das kürzlich angelegte Biotop bei Anzing im Ebersberger Forst.

Das kürzlich angelegte Biotop bei Anzing im Ebersberger Forst.

(Foto: Christian Endt)

Für die etwa 4000 Quadratmeter große Waldlichtung bei Anzing bedeutet die Renaturierung des Areals, dass dort qualitativ hochwertiger Lebensraum für Tiere und Pflanzen entsteht. Die Aktivitäten von Revierförster Wolfgang Richter und seinen Kollegen sind bereits in Ansätzen zu erkennen. Unweit der in Lehm und Ton angelegten Tümpels wachsen von Pfählen unterstützte Sträucher, etwa Sanddorn, Holunder oder Schlehe. Das Gewässer soll Molchen und Fröschen eine Heimat bieten - und ein angrenzendes Häuschen ist für die Ansiedlung von Bienen gedacht.

Die frei werdende Fläche hätte die passende Größe für den Bau eines Windrads

Für Waldbesucher hat der Forstbetrieb am Rand des Biotops einen massiven Holztisch samt Bänken aufgestellt. Zuvor sah dieser Platz bewusst weniger einladender aus. Dies lag an den Resten der Anlage, vor allem aber am mit Stacheldraht versehenen Metallzaun. Dass hier nun ein Feuchtbiotop entstanden ist, so Neptune Energy-Sprecherin Arndt, sei durchaus "eine Besonderheit". Bei anderen Stilllegungen sei es üblich, dass das Gebiet in der Folge landwirtschaftlich genutzt werde.

Energie: Das Bienenhaus soll wieder Bewohner bekommen.

Das Bienenhaus soll wieder Bewohner bekommen.

(Foto: Christian Endt)

Wenn konventionelle Energieträger zu teuer werden, kommen bisweilen Gedanken an Alternativen auf. Angesichts eines nun frei gewordenen Rechtecks von 4000 Quadratmetern muss in diesem Wald das Wort Windrad Erwähnung finden. Grund: Für den umstrittenen Bau von bis zu fünf möglichen Windkraftanlagen im Ebersberger Forst müssten mehrere etwa 3000 Quadratmeter große Löcher geschaffen werden. Eine bereits unbewaldete dezent größere Fläche wäre also unter Umständen ideal.

Eignet sich der Platz mit der unterirdischen Betonsäule für Windkraft? Wohl kaum. Und zwar weil Windräder in Bayern bisweilen auch als unterirdische Betonsäulen verunglimpft werden. Aus diesem Grund gibt es im Freistaat etwa eine 10-H-Abstandsregel für solche - letztlich in aller Regel oberhalb der Grasnarbe angefertigten - Betonsäulen für Windenergie. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund, erklärt der Forstbetrieb, fand die Idee eines Windrads auf der einstigen Erdgasquelle bis dato keine Erwähnung.

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