Baupfusch oder Kommunikationsfehler?:Bauarbeiter zerstören Biotop in Markt Schwaben

Baupfusch oder Kommunikationsfehler?: Nahe der Baustelle des neuen Markt Schwabener Blockheizkraftwerks haben Bauarbeiter Ende vergangener Woche Quarzsand in ein Naturbiotop gekippt. In dem Graben lebten Teichschnecken, Molche und Egel.

Nahe der Baustelle des neuen Markt Schwabener Blockheizkraftwerks haben Bauarbeiter Ende vergangener Woche Quarzsand in ein Naturbiotop gekippt. In dem Graben lebten Teichschnecken, Molche und Egel.

(Foto: Christian Endt)

Im Gemeinderat kommt Kritik auf. Die örtliche Verwaltung weist die Schuld von sich, die Untere Naturschutzbehörde prüft den Fall nun.

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Bernhard Wagner hat diesen souveränen Klang in seiner Stimme, wenn Nachfragen kommen, dann weiß er stets so zu antworten, dass es sich irgendwie immer gut anhört. Der Markt Schwabener Verwaltungschef ist einer, der selten mal in Verlegenheit gerät. Wenn er im Gemeinderat neben dem Bürgermeister sitzt und es zu später Stunde um komplizierte Themen geht, dann wirkt er stets wie einer, den so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Doch am Dienstagabend war plötzlich alles anders.

Diesmal ist der Geschäftsführer in Erklärungsnöte geraten. Und zwar wegen einer Aktion, die gleich hinter dem Sitzungssaal des Gemeinderats, in 50 Metern Luftlinie passiert ist. Nahe der Baustelle des neuen Markt Schwabener Blockheizkraftwerks haben Bauarbeiter Ende vergangener Woche Quarzsand in ein Biotop geschüttet und dadurch einigen Ärger entfacht. Die erste Kritik kam am Wochenende von der Wählergruppe Zukunft Markt Schwaben (ZMS). Es handle sich um einen "Umweltfrevel", hieß es auf deren Facebookseite. Am Dienstag kamen nun auch Fragen von den größeren Fraktionen an den Chef des Heizkraftwerks auf.

Hintergrund: Wagner ist nicht nur der Geschäftsführer der Gemeindeverwaltung, sondern auch der Vorsitzende des neu gegründeten "Kommunalunternehmens Markt Schwaben" (Kums). Damit der Ort künftig energieeffizienter auskommt, lässt das Kums gerade ein Blockheizkraftwerk am Erlberg bauen. Während dieser Bauarbeiten kam es nun zu dem Fauxpas im Biotop: Auf mehreren Quadratmetern wurde dort Quarzsand direkt in einen Graben gekippt, das Ganze passierte beim Bau einer Fernwärmeleitung (im ZMS-Posting war fälschlicherweise von einer Gasleitung die Rede) und einer Führung der Leitung unter den Hennigbach hindurch.

In dem Biotopgraben wird sonst das Regenwasser eingeleitet und gesammelt, bevor es in den Hennigbach läuft. Teichschnecken, Molche und Egel haben dort ihren Lebensraum. Mittlerweile untersucht die Untere Naturschutzbehörde des Ebersberger Landratsamts, wer schuld war und wie das passieren konnte.

Der Kums-Chef weißt die Schuld von sich

Im Gemeinderat musste Wagner mehrere kritische Fragen beantworten. Am Montag hatte der Kums-Chef der SZ noch auf Nachfrage mitgeteilt, dass es sich beim betroffenen Areal seiner Kenntnis nach gar nicht um ein Biotop handle. Susanne May (SPD) merkte dazu an, dass in der Ausschreibung für die Bauarbeiter möglicherweise nicht deutlich gemacht wurde, dass es sich hierbei um ein schützenswertes Biotop handle. "Solche Bereiche muss man kennzeichnen", sagte sie. Monika Schützeichel (CSU) äußerte sich ebenfalls kritisch. "Da hätte man am Montag bereits reagieren müssen", sagte sie. Joseph Riexinger (Freie Wähler) blickte voraus: "Jetzt muss geklärt werden, wer das verursacht hat und wer die Kosten trägt."

Bernhard Wagner wies die Schuld von der Verwaltung. Für ihn sei ziemlich deutlich, dass es sich hier um einen "technischen Ausführungsfehler" handeln muss, sagte er. Sein Kollege in der Verwaltung sprang ihm bei: Das Biotop sein nie Teil der Planungen gewesen, weil die Leitungen durch die Wiese gezogen werden, sagte Uwe Müller. Und selbst wenn man den Quarzsand auf eine Wiese gekippt hätte: "In jedem Fall hätte man eine Vliesschicht darunter legen müssen", so Müller. Auch für Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) war klar: Verantwortlich muss hier entweder der Planer, die Bauaufsicht oder die beaufsichtigte Firma sein.

Die Mitglieder des Gemeinderat waren sich bei der Frage der Verantwortung nicht ganz so sicher. Jeder könne sich ja jetzt seinen Teil denken, sagte Monika Schützeichel. In fast allen Wortmeldungen zum zerstörten Biotop schwang mit, dass womöglich auch das Kums nicht ganz unbeteiligt an der Entstehung des Fehler sein könnte. Wagner wies dies abermals entschieden zurück. "Die Ausführung war nicht fachgerecht gemacht", so Wagner.

Bei der Baufirma war am Mittwochnachmittag niemand mehr zu erreichen. Dass dort der Fehler liegt, ist keinesfalls erwiesen. "Es war sicherlich nicht glorreich", sagt Wagner auf Rückfrage am Mittwoch. "Es ist was schief gelaufen, solche Fehler passieren." Wo genau der Fehler entstanden ist, könne er nicht sagen. "Dass muss jetzt das mit der Bauleitung beauftragte Planungsbüro klären", so Wagner. Die Untere Naturschutzbehörde prüft nun, ob es wegen der Angelegenheit zu einem Ordnungswidrigkeits-Verfahren kommen wird.

Anfang der Woche, im ersten Gespräch mit der SZ, sei er "von anderen Sachverhalten ausgegangen", so Wagner, weswegen er nicht von einem Biotop, sondern von einer Eingrünung und Ausgleichsfläche sprach. Dass er selbst Teil einer Fehlerkette ist, kann er sich nach wie vor kaum vorstellen, zumal er gerade erst zwei Wochen im Urlaub gewesen sei und so nicht jeden Schritt habe überwachen können. Wichtig sei, "dass der Fehler erkannt wurde und dass das Biotop wiederhergestellt wird".

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