Bauernverband Ebersberg:"Am meisten stört mich die Ahnungslosigkeit"

Lesezeit: 4 Min.

Der moderne Stall in Neufarn bietet Platz für 330 Kälber. Matthias Vodermeier mästet sie, bis sie ungefähr ein halbes Jahr alt sind. (Foto: Christian Endt)

Matthias Vodermeier ist neuer Ebersberger Kreisobmann des Bauernverbands. Der 37-Jährige, der in Neufarn eine Kälbermast betreibt, hat sich vorgenommen, mit den Politikern Klartext zu reden.

Von Barbara Mooser, Vaterstetten

Manchmal fangen die Arbeitstage von Matthias Vodermeier um Mitternacht an. Dann zum Beispiel, wenn am nächsten Tag Tiere abgeholt werden und noch viel vorbereitet werden muss. Und manchmal hören die Arbeitstage des 37-Jährigen um Mitternacht auf. Dann nämlich, wenn Unvorhergesehenes dazwischen kommt, wenn Erntezeit ist und an einen früheren Feierabend nicht zu denken ist. Kein Wunder, dass der junge Landwirt erst mal lang überlegt, wenn man ihn nach seinen Freizeitaktivitäten fragt, und dann mit den Schultern zuckt. Wenn er mal Freizeit hat, sagt er, dann verbringt er die halt mit seiner Familie, mit Frau Katharina, ihren drei Kindern - zwei Mädchen, ein Bub -, und der Oma, die auch noch mit auf dem Hof wohnt.

In Zukunft aber muss er von seiner knappen Freizeit noch einen wahrscheinlich nicht unerheblichen Teil für ein neues Ehrenamt abzwacken: Der Neufarner Landwirt ist kürzlich zum neuen Ebersberger Kreisobmann des Bauernverbands gewählt worden und folgt in dieser Funktion Franz Lenz nach, der nach 20 Jahren fand, dass es auch mal reichen muss.

"Der Franz hat einen Super-Job gemacht", sagt er über seinen Vorgänger

Warum tut man sich das an? "Ich habe auch in der Vergangenheit schon öfter Kritik am Umgang der Politik mit der Landwirtschaft geäußert", sagt er. Und weil er will, dass der Bauernverband im Landkreis auch weiter mit einer deutlichen Stimme spricht - "der Franz hat einen Super-Job gemacht", sagt er über seinen Vorgänger - und er wusste, dass sich oft schwer Nachfolger für führende Positionen in Interessensverbänden finden, hat er sich halt überlegt, dass er das machen könnte. Mit Martin Höher, dem bisherigen Stellvertreter, habe er ausgemacht, dass beide sich als Kreisobmann bewerben, erzählt er, und dass derjenige, der weniger Stimmen bekommt, sich dann eben als Stellvertreter zur Wahl stellt. Letztlich haben sich ein paar mehr für Vodermeier entschieden, der bisher Beisitzer im Ortsverband Parsdorf war.

Die Kälber können sich frei im Stall bewegen - und wenn Besuch kommt, finden sie das ziemlich spannend. (Foto: Christian Endt)

Sein neuer Job wird für ihn möglicherweise nicht nur viel Arbeit mit sich bringen, sondern auch Spaß und spannende Einblicke - so hat es jedenfalls sein Vorgänger Franz Lenz empfunden. Er blicke auf eine "bewegte, intensive Zeit" zurück, sagt er, freue sich aber auch, dass nun ein Jüngerer das Ruder übernimmt. Dass Matthias Vodermeier sich selbst bereit erklärt habe, Verantwortung zu übernehmen, "ist in der heutigen Zeit ja schon lobend hervorzuheben", sagt Lenz. Vodermeier bringe aber auch eine breite Ausbildung mit, wisse auch, wie es außerhalb der Landwirtschaft zugehe und stehe mit "beiden Füßen auf dem Boden", gute Voraussetzungen also für den neuen Job.

Vodermeier wirtschaftet konventionell, einem Umstieg auf Bio kann er nichts abgewinnen

Tatsächlich hätte es auch sein können, dass Matthias Vodermeier gar nicht Landwirt wird. Zwar bewirtschaftet seine Familie seit 1904 den Lieblhof in Neufarn, doch er selbst machte erst einmal eine Elektronikerausbildung und arbeitete für einen Ingenieursdienstleister in der Automobilentwicklung. "Aber Landwirtschaft war für mich immer eine Option", sagt er. Der ältere Bruder wollte den elterlichen Betrieb eh nicht übernehmen, also wagte Matthias Vodermeier 2016 den Schritt. Und das war ein ganz gewaltiger Schritt. Denn die Tierhaltung hatte die Familie schon 1996 aufgegeben, 20 Jahre lang wurde der Lieblhof als Ackerbaubetrieb im Nebenerwerb geführt.

Seit 2016 betreiben Katharina und Matthias Vodermeier die Kälbermast auf dem Lieblhof. (Foto: Christian Endt)

Heute steht hinter dem Hof am Neufarner Ortsrand ein Stall, der Platz für 330 Kälber bietet. Vodermeier kauft die Kälber im Alter von vier bis sechs Wochen und mästet sie dann, bis sie etwa ein halbes Jahr alt sind, dann werden sie an die Mangfalltaler Jungbullen EG weiterverkauft.

Knapp 11 000 Quadratmeter groß ist der moderne Stall, den die Familie wohl noch lange abzahlen wird. Außer Matthias Vodermeier kümmert sich auch seine Frau Katharina um die Tiere, neugierig beobachtet von Bene, dem drei Monate alten Berner Sennenhund, der neueste Familienzuwachs. Selbst an einem der heißesten Tage des Jahres ist es morgens noch kühl im Stall, das ändere sich zwar im Laufe des Tages dann doch immer, sagt der Landwirt, aber stickig wird es trotzdem nicht, weil die schlechte Luft durch den Boden abgesaugt wird, während frische Luft von oben nachgepumpt wird. Die Kälber stehen auf Gummimatten und können herumlaufen, nur wenn sie krank sind und behandelt werden müssen oder für den Markt hergerichtet werden, werden sie fixiert, sagt der 37-Jährige.

Die jungen Kälber können sich ihre Milch - oder vielmehr den Milchaustauscher - an einem Tränkeautomat holen wann sie wollen, sie werden auch nicht knapp gehalten, was häufig bei der Kälberaufzucht kritisiert wird. Später gibt es für die Kälber selbst produziertes Futter aus Heu, Mais, Weizen, nur Mineralfutter wird zugekauft. Dass auf Antibiotika und andere Medikamente verzichtet wird, ist Katharina Vodermeier ein Anliegen, sie experimentiert mit Homöopathie. Vieles machen Vodermeier und seine Frau so, wie es auch Biobauern machen würden, doch selbst einer zu werden, das war nie sein Ziel, sagt der Landwirt. "Das geht meiner Meinung nach zu extrem in eine Richtung, man wäre zu sehr eingeschränkt", sagt er. Er wolle sich selbst aussuchen dürfen, was er umsetze und was eben nicht.

Und er will das auch der Politik klar machen, womit man wieder beim Bauernverband wäre. "Am meisten stört mich die Ahnungslosigkeit", sagt er. Oft würden seiner Ansicht nach sinnlose Maßnahmen beschlossen, ohne dass man sich offenbar der Folgen bewusst sei. Etwa die Vier-Prozent-Regelung, die vorsieht, dass jeder Landwirt vier Prozent seiner Fläche nach der Ernte stilllegt und dort nichts mehr anpflanzt. Die Rekultivierung mache das aber schwierig, sagt Vodermeier, sinnvoller wäre seiner Ansicht nach ein Zwischenfruchtanbau. Das und viele andere Themen will er in den nächsten Monaten ansprechen, wenn er auch seine Antrittsbesuche im Landkreis macht. Denn jetzt, kurz nach der Wahl, bleibt dafür erst mal keine Zeit. Die Ernte hat gerade begonnen - die Arbeitstage werden also wieder sehr lang.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: