Süddeutsche Zeitung

Bauernhochzeit in Poing:Es wird wieder geheiratet

Alle fünf Jahre findet das Spektakel statt, das Alois Moser organisiert. Über die genaue Handlung will der 80-Jährige aber noch nichts verraten.

Von Johanna Feckl, Poing

Sie findet nur alle fünf Jahre statt: Die Poinger Bauernhochzeit. Zum elften Mal bereits organisiert Alois Moser das Faschingsspektakel. Der 80-Jährige ist eigentlich Markt Schwabener. Es war Ende der 1960er-Jahre, als die Tradition einzuschlafen drohte. "Das wäre doch Schade gewesen", sagt Moser heute. Damals spielte er beim TSV Poing, der die Bauernhochzeit 1935 in der Gemeinde ins Leben gerufen hat. Also kam es, dass er die Organisation übernahm, seit Ende der 80er-Jahre im Rahmen des Vereins "Poinger Bauernhochzeit", dessen Vorsitzender er ist. Mittlerweile hat der Verein 73 Mitglieder. Mit seinen Vorstandskollegen Reinhard Böhnisch und Christian Heuberger ist Moser schon mittendrin in den Vorbereitungen für das diesjährige Faschingsspektakel.

Ursprünglich kommt der Faschingsbrauch aus Niederbayern. Früher haben sich Leute aus der armen Landbevölkerung, für die ein Besuch von Faschingsbällen unerschwinglich war, zusammengetan und eine sogenannte Bettelhochzeit gefeiert: In kurios aussehenden Verkleidungen und mit bunt geschmückten Wagen wurden zwei von ihnen für die Faschingszeit verheiratet - freilich alles nur ein Spiel und keine tatsächliche Hochzeit. Neben dem Brautpaar selbst schlüpften die Menschen in die Rollen von erfundenen Verwandten, Pfarrer und sonstigen Beteiligten. Alles war ein großes Tohuwabohu.

Poing nun zeigt eine solche Bauernhochzeit schon immer in außergewöhnlicher Form. Im Gegensatz zu den traditionellen Bettelhochzeiten findet die Hochzeit dort nämlich im gehobenen Stand statt. Vermählt werden also die Brautleute von Großgrundbesitzern, die in entsprechender Tracht die altbayerischen Riten einer Hochzeit auf dem Land nachspielen. Der Humor spielt aber wie bei den traditionellen Bettelhochzeiten die tragende Rolle. Der Poinger Brauch ist eine Persiflage auf die großartig inszenierten königlichen Trauungen wie die Landshuter Hochzeit oder die Vermählung Ludwigs von Bayern mit der Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen, die Anlass für das jährliche Oktoberfest war.

Die Ironie und die Komik der Bauernhochzeit zeigt sich vor allem in der Besetzung der Rollen. Braut und Bräutigam sowie alle übrigen Figuren der Hochzeitsgesellschaft - dazu zählen auch ehemalige Geliebte - sind mit bekannten Würdenträgern aus der Gemeinde besetzt. Alles Männer im Übrigen. "Das ist bei der Bauernhochzeit so Tradition", sagt Alois Moser. Seit dem ersten Mal 1935 übernehmen alle Rollen Männer. So spielt etwa Erster Bürgermeister Albert Hingerl (SPD), der bereits seit vielen Jahren Mitglied im Verein der Bauernhochzeit ist, ebenso mit wie sein Stellvertreter Franz Langlechner (CSU).

Die Geschichte der Bauernhochzeit wird anders als bei den historischen Hochzeiten jedes Mal neu geschrieben und kabarettistisch auf aktuelle Ereignisse aus Welt- und Lokalpolitik angepasst. Wie das in diesem Jahr aussehen wird, das möchte Alois Moser, der selbst Luis Blindinger, den Onkel der Braut, spielt, noch nicht verraten. Nur so viel: Bislang besteht die gesamte Hochzeitsgesellschaft aus 28 männlichen Schauspielern, und wie jedes Mal tragen sie alle "besonders kuriose Namen".

Neben den Darstellern gibt es rund 50 weitere Freiwillige, die mithelfen, etwa bei der Organisation im Vorfeld oder beim Gastro-Betrieb an den Veranstaltungstagen. Eingebunden in die Vorbereitungsarbeiten sind die Poinger Feuerwehr, Sport- und Trachtenverein der Gemeinde sowie die Arge Poing "Am Bergfeld", die sich seit Jahren um das kulturelle Leben vor Ort kümmert. Mit den Burschenvereinen aus Poing und der Nachbargemeinde Pliening gibt es in diesem Jahr auch genügend junge Menschen, die bei der Brauchtumsattraktion mitwirken.

Das traditionelle Faschingsspektakel beginnt in diesem Jahr am Samstag, 8. Februar, mit der Ladung der Hochzeitsgesellschaft des Bräutigams im Poinger Lang-Hof. Weiter geht es mit der Ladung der Hochzeitsgesellschaft der Braut am darauffolgenden Samstag, 15. Februar, in Angelbrechting. Der nächste Höhepunkt ist der große Polterabend am Unsinnigen Donnerstag, 20. Februar, im Poinger Pfarrheim Sankt Michael. Abschluss der faschingsträchtigen Feierlichkeiten bildet der große Umzug der Hochzeitsgesellschaften mit Ochsengespann und zwölf Prunkwägen sowie der anschließenden Trauung am Vorplatz der Anni-Pickert-Schule am Sonntag, 23. Februar. Beginn an diesem letzten Tag ist um 9.09 Uhr - "weil's halt Fasching ist", begründet Moser die etwas scheppse Uhrzeit.

Die Poinger Bauernhochzeit beginnt am Samstag, 8. Februar, und endet am Sonntag, 23. Februar. Wer Teil des Spektakels werden will, kann das als Mitglied im Verein Poinger Bauernhochzeit für einen Jahresbeitrag von 20 Euro werden. Das Mitgliedsformular gibt es bei Christian Heuberger unter cjmheuberger@hotmail.com. Zur Planung und Organisation treffen sich alle Mitwirkenden am Mittwoch, 8. Januar, um 19 Uhr in der "Poinger Einkehr".

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Quelle:
SZ vom 08.01.2020
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