Baldham/Egmating:"Der schönste Abflug"

Die in Asien gestrandeten Ebersberger sind wohlbehalten zurückgekehrt. Jetzt erholen sie sich daheim von den Strapazen einer chaotischen Reise

Von Franziska Langhammer, Baldham/Egmating

Was für drei Menschen aus dem Landkreis Ebersberg vor wenigen Wochen noch als Reise ins Paradies begann, wurde mit dem rasanten Ausbruch des Coronavirus weltweit zu einem Albtraum. Bis vergangene Woche saßen Kurt und Sabine Meyer aus Egmating auf Bali fest. Der Baldhamer Eduard Fahmüller, der auf den Philippinen tauchen war, erfuhr via E-Mail, dass seine Heimflüge ein ums andere Mal storniert wurden. Mittlerweile sind die drei wieder in ihren Heimatorten angekommen - der Weg zurück war ein Abenteuer für sich.

Sie saßen schon wie auf glühenden Kohlen, da erfuhren Sabine und Kurt Meyer, dass Bali in das Rückkehr-Programm der deutschen Regierung aufgenommen worden war. Das Hotel, in dem sie wohnten, sollte geschlossen werden, und auch eine Abriegelung der Grenzen schien nicht mehr weit zu sein. Das Auswärtige Amt forderte sie per Mail auf, sich einen der Flüge zu buchen, die in Kürze frei geschaltet würden. Also klickten und klickten die Meyers, um die Freischaltung nicht zu verpassen, und tauschten mit anderen Betroffenen über Facebook und Whatsapp die neuesten Informationen aus. "Donnerstag nachts um eins hat mich dann ein türkischer Bekannter angerufen, dass man jetzt die Flüge buchen kann", erzählt Kurt Meyer. Blanko mussten sie unterschreiben, dass sie die Kosten für den Flug übernehmen müssten; bis heute wissen sie nicht, wie hoch der Preis dafür sein wird.

Baldham/Egmating: Eduard Fahmüller erholt sich auf dem heimischen Balkon.

Eduard Fahmüller erholt sich auf dem heimischen Balkon.

(Foto: Privat)

Wann das Flugzeug wirklich abheben würde, blieb bis zum Schluss unklar - immer wieder wurden die Flüge verschoben. "Das hat nicht unbedingt zum Vertrauen beigetragen", sagt Kurt Meyer. Schon im Vorhinein waren immer wieder Flüge storniert und nicht rückerstattet worden. Diesmal jedoch sollten sie Glück haben: Am Samstag liefen die Meyers vor dem Flughafen auf Bali ein, gemeinsam mit vielen anderen deutschen Touristen. Auch Botschaftsangehörige aus Jakarta seien da gewesen, erzählt Meyer. Bei allen Passagieren wurde Fieber gemessen, bevor sie in die Abflughalle gelassen wurden. Unter den Reisenden sei die Anspannung groß gewesen, so Meyer: "Es wurde viel diskutiert, bei vielen lagen die Nerven blank."

Schließlich seien sie in den Flieger gestiegen, der "absolut voll" gewesen sei. Dann ging es endlich los, Richtung Heimat. "Das war der schönste Abflug, den wir je erlebt hatten", sagt Kurt Meyer. "Wir hatten ein großes Gefühl von Dankbarkeit: Endlich kommen wir in Sicherheit." Von Frankfurt aus nahmen Sabine und Kurt Meyer die Bahn, die sie umsonst nutzen durften. Am Höhenkirchener Bahnhof warteten schon die Nachbarn aus Egmating, die das Auto der Meyers dort abgestellt hatten. Um die vorgeschriebene Distanz zu wahren, legten die Nachbarn, als sie die Meyers erblickten, den Autoschlüssel auf den Wagen und winkten ihnen zu. "Das war, trotz Entfernung, schon ergreifend", sagt Kurt Meyer. Auch zu Hause in Egmating hatte ein Nachbar vorgesorgt, war einkaufen gegangen und hatte Kuchen und Brot für die nächsten Tage ins Haus gestellt. "Wir genießen unsere Sicherheit, unseren Kamin und das Bewusstsein, dass unsere Töchter nun näher sind", resümiert Meyer. Weil das Wiedersehen derzeit nicht möglich ist, werden sich die Meyers mit ihnen demnächst erst einmal per Videoschalte zum Kaffeetrinken und Kuchenessen treffen.

Baldham/Egmating: Wieder daheim in Egmating und glücklich: Kurt und Sabine Meyer.

Wieder daheim in Egmating und glücklich: Kurt und Sabine Meyer.

(Foto: Privat)

"Es war unglaublich, wie unkoordiniert das abgelaufen ist", kommentiert Eduard Fahmüller seine Rückreise von Cebu City auf den Philippinen. Auch er wurde vom Auswärtigen Amt aufgefordert, sich einen Flug zu buchen, auch er hat ein Blanko-Formular unterschreiben müssen. Weil der Flug von vornherein überbucht gewesen sei, erzählt Fahmüller, hätte es keine hundertprozentige Sicherheit gegeben, dass er auch an Bord komme. Viele andere Reisende seien schon um vier Uhr morgens vor dem Flughafen erschienen, etwa 350 Menschen wollten schnellstmöglich zurück nach Deutschland.

Ein Tisch war vor dem Flughafen aufgebaut worden, von dort aus riefen philippinische Flughafenmitarbeiter Namen von einer Liste auf. Weil die deutschen Namen teilweise schwierig auszusprechen waren, nahm sich einer der Reisenden ein Megafon und rief die Namen in die Menge, so Fahmüller. Chaos pur, da manche Menschen auf der Liste standen, andere nicht, wieder andere gar nicht anwesend waren. Auch Fahmüllers Name war nicht auf der Liste, und so wartete er, als der erste Schwung an Passagieren zum Check-in in die Halle gelassen wurde. Inzwischen war es 16 Uhr geworden, und Fahmüller, der Achte in der Reihe, wähnte sich seinem Ziel schon nahe - als plötzlich acht Busse mit weiteren Deutschen ankamen. Auch diese 120 Menschen wollten mit in das Flugzeug. Familien wurden getrennt, einige Reisende, die auf der Liste standen, beschlossen, doch zu bleiben, um ihre Partner nicht allein zurückzulassen. "Es kam zu chaotischen Szenen und Tränen", berichtet Fahmüller. Schließlich darf er auch mit ins Flugzeug; Fieber wird keines gemessen. Von Frankfurt nach München nimmt er den ICE, der dann auch noch zwei Stunden Verspätung hat. "Aber das juckt einen dann nicht mehr", so Fahmüller.

Zurück in Baldham genießt er zwar sein trautes Zuhause, aber wegen der Ausgangsbeschränkung liege momentan alles brach, so Fahmüller, auch geschäftlich. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis er wirklich wieder angekommen ist. "Ich bin physisch hier", sagt er, "aber die Seele ist noch auf der Reise."

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