Süddeutsche Zeitung

Baiern:Mehr Tansparenz für Patienten

Wolfgang Mosebach will mit seinem Portal eine neue Form von gesundheitlicher Selbstinformation anbieten

Von Max Nahrhaft, Baiern

Jeder kennt Internetgesundheitsberatungen und Onlineapotheken, von denen sich der Besucher ohne medizinisches Fachwissen völlig überfordert fühlt und die Seite mit einer Kombination aus Panik und Unwissenheit wieder verlässt. Wolfgang Mosebach will gemeinsam mit seinem Team dieses System vom Kopf auf den Fuß stellen und hat dafür eine Plattform namens "Medinout" entwickelt.

Die Idee kam dem ausgebildeten Therapeuten, als er feststellte, dass ein Großteil der Menschen weltweit an den gleichen hundert Beschwerden leidet. Studien haben belegt, dass 98 Prozent der Bevölkerung in Deutschland an nur 40 verschiedenen Leiden erkrankt ist - das sind in der Regel Krankheiten des Herzens, des Blutes oder des Bewegungsapparats. Basierend auf dieser Erkenntnis hat Mosebach eine Online-Plattform gegründet, die Erkrankte aufklären soll. "Wir schaffen mit dem Projekt Transparenz für die Bevölkerung und stellen eine neuartige Verbindung zwischen Ärzten und Patienten her", sagt Mosebach. Ursprung der Aktion war und ist das "Amanu Gesundheitszentrum Piusheim" in Baiern, wo Mosebach Kollegen für sein Projekt motivieren konnte.

Das Konzept ist ganz einfach: Es kann weder nach Symptomen gesucht werden, noch werden auf der Website einheitliche Empfehlungen ausgesprochen, wie eine Krankheit zu behandeln ist. Stattdessen haben Ärzte und Therapeuten - natürlich sind diese registriert und zugelassen - die Möglichkeit, ihre Realfälle in anonymisierter Form auf die Plattform hochzuladen. Der Patient muss also vor dem Besuch der Website wissen, welche Krankheit er hat, und kann dann gezielt nach verschiedenen Behandlungsmethoden und Fachärzten suchen. "Dieses System ist nie da gewesen, weder in Deutschland noch sonst irgendwo", sagt Mosebach. Die Patienten können sich bei "Medinout" informieren, direkten Kontakt zum gewünschten Arzt herstellen und diesen nach einer eventuellen Behandlung bewerten. Andere Erkrankte wissen dann, welche Vorteile ein Besuch bei dem jeweiligen Arzt mit sich bringt. Genauso bleiben die Realfälle nur dann längerfristig auf der Plattform online, wenn Nutzer bestätigen können, dass sie hilfreich oder richtig waren.

Nach vier Jahren Entwicklung und Ideensammlung war es dann vor wenigen Wochen soweit: Die Seite ist online gegangen und die ersten Therapeuten sind aktiv. Mosebach hofft auf eine rege Beteiligung: "Es funktioniert natürlich nur, wenn möglichst viele mitmachen. Dann könnte es sogar auf internationaler Ebene laufen."

Da die Website unabhängig und objektiv bleiben soll, wird vollständig auf Werbung verzichtet, auch die Ärzte werden nicht für ihre Präsenz bezahlt. Allerdings können Ärzte und Therapeuten Produktempfehlungen aussprechen. Obwohl das Projekt einzigartig und erstmalig in Deutschland ist, erhält Mosebach weder eine staatliche Förderung noch Zuschüsse von Banken oder Krankenkassen. Trotzdem hält er an dem Konzept fest und will das Gesundheitssystem ein Stück weit transparenter machen.

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Quelle:
SZ vom 27.04.2016
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