Bahnverkehr im Landkreis Ebersberg:Damit mehr nicht weniger ist

Zug auf der Bahnstrecke München - Rosenheim, 2018

Ein Güterzug passiert den Bahnhof in Aßling, nach Fertigstellung des Brenner-Basistunnels könnte das noch öfter der Fall sein.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Der Ausbau der Bahnverbindung Richtung Brenner könnte negative Folgen für den südlichen Landkreis Ebersberg haben - unter anderem für den Pendlerverkehr

Von Wieland Bögel, Aßling

Im südlichen Landkreis macht man sich Sorgen um die künftige Qualität des Nahverkehrs. Ausnahmsweise sind diesmal nicht die Busverbindungen in kleinere Ortschaften gemeint, sondern die bei zahlreichen Pendlern tagtäglich genutzten Zugverbindungen nach München und Rosenheim. Anlaufstelle nicht nur für den südlichen Landkreis Ebersberg sondern auch für einige Gemeinden im westlichen Landkreis Rosenheim ist dabei der Bahnhof in Aßling. Dies soll unbedingt so bleiben, fordert man nun in den Kommunen der VG Aßling.

Drei Forderungen stellen die VG-Gemeinden an die Bahn

Weshalb in den Gemeinderäten von Aßling, Emmering und Frauenneuharting derzeit über einen Forderungskatalog an die Bahn abgestimmt wird. Den Anfang haben vergangene Woche die Aßlinger gemacht, ohne Gegenstimmen wurde die Vorlage verabschiedet. In den beiden anderen VG-Gemeinden steht das "Gemeinsamer Standpunkt" genannte Papier im Laufe des Monats auf der Agenda. Es enthält drei Kernforderungen: Eine betrifft den möglichen Neu- oder Ausbau der Bahnstrecke, eine den Lärmschutz und die andere die Anbindung von und nach Aßling.

Diese, so heißt es in der Stellungnahme, müsse "durch besseren Nahverkehr gestärkt werden". Auf keinen Fall dürfe es "Nachteile für den Bahnhof und den Nahverkehr geben". Außerdem soll auch der "weitere Ausbau des Nahverkehrsangebotes uneingeschränkt jederzeit möglich sein". Dazu, so der Wortlaut des Papiers, solle die Bahn "ein schlüssiges Gesamtkonzept für die Region östlich von München" entwickeln, "um den zukünftigen Ausbau des Nahverkehrs und die Verkehrsverlagerung auf die Schiene sicherzustellen".

Hintergrund ist die erwartete Verkehrszunahme auf der Strecke. "Wir haben derzeit einen guten Nahverkehr nach München und nach Rosenheim", sagt Zweiter Bürgermeister Ernst Sporer-Fischbacher (UNL), "und er soll nicht schlechter werden." Warum das passieren könnte, erläutert Gemeinderat Konrad Eibl (Grüne), der für die Gemeinde im Dialogforum mit der Bahn sitzt. Zusammen mit Aßlings Bürgermeister Hans Fent (parteilos), aus Emmering Bürgermeisterin Claudia Streu-Schütze (FWG) und Gemeinderat Thomas Bayer (CSU) sowie aus Frauenneuharting Bürgermeister Eduard Koch (parteilos) und Gemeinderat Josef Lenz (CSU) hat er das Positionspapier der VG-Gemeinden erarbeitet.

Bahnverkehr im Landkreis Ebersberg: Auf der Bahnstrecke durch Aßling könnte zusätzlicher Fern- und Güterverkehr zu Verspätungen bei der Regionalbahn führen, befürchtet man in den VG-Gemeinden.

Auf der Bahnstrecke durch Aßling könnte zusätzlicher Fern- und Güterverkehr zu Verspätungen bei der Regionalbahn führen, befürchtet man in den VG-Gemeinden.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die Sorge der Kommunalpolitiker ist, dass in den kommenden Jahren der Bahnverkehr auf der Strecke durch Aßling stark zunehmen könnte, wenn erst einmal der neue Tunnel fertig ist. Was grundsätzlich ja zu begrüßen sei, wie Sporer-Fischbacher sagt, "wir sind dafür, dass Verkehr auf die Schiene verlegt wird". Nur eben nicht zum Nachteil der dort derzeit verkehrenden Züge, sagt Eibl. Denn wenn auf der Strecke künftig mehr Fern- und Güterzüge unterwegs seien, bleibe weniger Kapazität für die Regionalzüge nach München und Rosenheim. "Es ist jetzt schon so, dass der Nahverkehr warten muss, wenn die Strecke nicht frei ist", sagt Eibl, würde der Verkehr dort zunehmen, könnte dies deutlich öfter der Fall sein.

Eine weitere Sorge gilt dem mit dem zusätzlichen Verkehr zunehmenden Krach: "Nach derzeitiger Planung wird der gesamte Bahnverkehr ohne Lärmschutz weitere 20 Jahre über die Bestandsstrecke geführt und mit der höheren Auslastung wird die Lärmbelastung stark steigen", heißt es in der VG-Stellungnahme. Darum wird die Forderung gestellt, an der Bestandsstrecke einen Lärmschutz "nach Maßstab einer Neubaustrecke" zu errichten. Was die Bahn im Übrigen derzeit nicht vorhabe, und auch im Rahmen des Dialogforums hätten die Gemeinden keinerlei Einfluss auf entsprechende Planungen.

Gefordert wird ein flächenschonender Ausbau der Strecke

Ebenfalls klare Vorstellungen haben die VG-Gemeinden von der Art und Weise, wie die Bahnstrecke ertüchtigt werden soll. Sporer-Fischbacher fasst das in einem Wort zusammen: "flächenschonend". Das bedeute konkret, dass die Bahn zur Kapazitätssteigerung möglichst die bestehende Trasse ausbaue, anstatt eine neue irgendwo durch die Landschaft zu bauen. Wo das nicht möglich ist, sollten die neuen Gleise einen Tunnel bekommen.

Diese Forderung sei sehr wichtig, erläutert Eibl, denn im Planungsauftrag der Bahn sei für den Brenner-Zulauf im Gebiet der VG Aßling eine "trassen-unabhängige Neubaustrecke" beschrieben. Was bedeute, die Bahn möchte eben nicht entlang der bestehenden Gleise zusätzliche Kapazitäten schaffen. Dies, so Eibl weiter, habe - sollte kein Tunnel gebaut werden - einen enormen Flächenverbrauch zur Folge und mit einer speziellen Vorgabe des der Planung zugrunde liegenden Bundesverkehrswegeplanung zu tun: Darin steht die Forderung, auf der Zulaufstrecke müssten Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 230 Kilometer pro Stunde möglich sein. Die Bestandsstrecke könne dies wegen einiger zu enger Kurvenradien aber nicht leisten.

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Auf der neuen Strecke sollen die Züge bis zu 230 Kilometer pro Stunde fahren können.

(Foto: Martin Schutt/dpa)

Ob sie das überhaupt muss, stellt man bei den Verfassern des Standpunktes aber in Frage. Denn, wie Eibl erläutert, entfalle ein großer Teil des Verkehrs ohnehin auf die Güterzüge, die eher nicht mit Tempo 230 unterwegs sind. Was im übrigen aber auch auf die Personenzüge zuträfe. Denn der Streckenabschnitt dürfte kaum mit voller Geschwindigkeit befahren werden können, wegen der Nähe zu Grafing-Bahnhof. Dort müssten die Züge ohnehin deutlich langsamer fahren, auf dem Abschnitt durch die VG damit ebenso, sagt Eibl. Denn hier sei gewissermaßen der Auslauf für den Zulauf, bevor es weiter Richtung München geht, also die Abbremsstrecke. Oder die Beschleunigungsstrecke Richtung Brennertunnel.

Die Ertüchtigung der Bestandsstrecke könnte also den Flächenverbrauch und die Eingriffe ins Landschaftsbild minimieren. Und noch aus einem anderen Grund sollte die Bahn diese Ausbauvariante prüfen: "Unter Berücksichtigung der vorhandenen Finanzmittel", wie es im VG-Forderungskatalog heißt.

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