Süddeutsche Zeitung

Appell an die Deutsche Bahn:Gemeinden planen nächsten Vorstoß gegen Bahnlärm

Kirchseeon und Zorneding fordern von der DB umfassende Schutzmaßnahmen. Vaterstetten, Grafing und Haar sollen sich dem Protest anschließen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon/Zorneding

Mit sorgenvollem Blick verfolgt man beim Kirchseeoner Arbeitskreis (AK) Bahnlärm die Vorplanungen für die Eröffnung des Brenner-Basistunnels. Als Konsequenz der neuen Transittrasse befürchten die Mitglieder eine deutliche Zunahme des Bahnverkehrs in der Marktgemeinde, und damit auch eine höhere Lärmbelastung. Deshalb fordert der AK von der Deutschen Bahn Maßnahmen, um die Folgen für die Marktgemeinde möglichst gering zu halten. Da man als einzelner Arbeitskreis bei dem Großunternehmen jedoch nicht allzu viel auszurichten vermag, haben sich die Mitglieder nun per Antrag an den Gemeinderat gewandt.

In der jüngsten Sitzung des Gremiums stellte Bürgermeister Udo Ockel (CSU) das Schreiben vor, äußerte allerdings auch gleich Zweifel daran, dass das Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird. Der AK bittet die Marktgemeinde als Vermittler zu agieren und die Deutsche Bahn aufzufordern, vor Einführung des sogenannten elektronischen Zugsteuerungssystems bis zum Jahr 2027 Maßnahmen zur Lärmvorsorge zu beschließen und zu realisieren. Diese sollen nach den Vorstellungen des Arbeitskreises als Vollschutz umgesetzt werden. Hintergrund ist, dass sich mit Eröffnung des Brenner-Basistunnels der Zugverkehr im Ort laut AK von derzeit bis zu 499 Zügen pro Tag um 20 bis 35 Prozent erhöhen wird. Außerdem werden die Bahnen mit höherer Geschwindigkeit unterwegs sein.

Der geplante Mischverkehr ist den Lärmgegnern ein Dorn im Auge

Sorgen machen sich die Bahnlärm-Aktivisten auch über die Pläne des Bundesverkehrsministeriums und der DB Netz AG, auf bestimmten S-Bahn-Gleisen einen Mischverkehr mit normalen Zügen einzurichten. Das, so ist man beim AK überzeugt, würde zu einer Verschlechterung der Pünktlichkeit und der Attraktivität des S-Bahn-Verkehrs im Allgemeinen führen - alles richtige und wichtige Punkte, wie Bürgermeister Ockel zu verstehen gab. "Ja klar, das würden uns alle wünschen." Ob die Bahn auch so empfänglich sei für das Anliegen der Gemeinde, stellte der Rathauschef aber deutlich in Frage. "Wir haben da ja schon unsere Erfahrungen gemacht. Da kommt eine lauwarme Antwort zurück, mit der man nicht viel anfangen kann."

Nichtsdestotrotz werde man die Forderungen des Arbeitskreises an das Unternehmen herantragen. Dafür sprachen sich alle Gemeinderäte geschlossen aus. Eine ähnliche Geschlossenheit forderte Barbara Bittner (SPD) auch von den Anliegerkommunen der S-Bahn-Trasse. "Wenn alle an einem Strang ziehen, dann kann das durchaus Erfolg haben."

Zorneding hat sich bereits angeschlossen

Zumindest in Zorneding ist man diesem Ruf nun ebenfalls gefolgt. Bei seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat ein nahezu identisches Schreiben wie das in Kirchseeon verabschiedet. Wie Bahnlärm-Vorkämpfer Peter Pernsteiner (FDP) sagte, sei es "mal wieder an der Zeit, dass wir was machen". Ihm bereite vor allem die geplante Mehrfachnutzung der S-Bahn-Gleise Sorgen, die deshalb als neuer Kritikpunkt in den Forderungskatalog aufgenommen wurde. Dieser soll neben dem Eisenbahnbundesamt und der DB Netz AG auch an die Mitglieder des Bundestages und das Verkehrsministerium geschickt werden.

Kirchseeon und Zorneding können bei ihrem Vorstoß wohl bald schon auf weitere Unterstützung bauen. In Vaterstetten steht das Thema am Donnerstag nächster Woche auf der Tagesordnung. Außerdem sollen sich noch Grafing und Haar anschließen.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2019/aju
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