Demonstration bei Eisendorf:Der Ton wird schärfer

Demonstration bei Eisendorf: Viele Landwirte sind mit ihren Traktoren zur Demonstration gekommen. Was sie von den bisher vorgestellten Trassen halten, verkünden sie auf riesigen Transparenten.

Viele Landwirte sind mit ihren Traktoren zur Demonstration gekommen. Was sie von den bisher vorgestellten Trassen halten, verkünden sie auf riesigen Transparenten.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bei einer Kundgebung am Samstagnachmittag machen 300 Menschen ihrem Unmut über die Pläne der Bahn für den Brenner-Nordzulauf Luft. Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer will jetzt vermitteln.

Von Barbara Mooser

Wenn Harry Marschall aus dem Fenster schaut, hat er einen Blick, um den ihn viele beneiden würden. Wiesen und Felder, bei klarem Wetter die Alpenkette im Süden. In ein paar Jahren könnte das anders sein, möglicherweise verläuft dann vor der Haustür eine stark frequentierte Bahnstrecke, auf der der Verkehr vom und zum Brenner abgewickelt wird. Damit das nicht passiert, steht Harry Marschall an diesem sonnigen Tag auf einem Feld ein paar hundert Meter von seiner Wohnung entfernt und hat ein Plakat in der Hand. "Keine Gleise westlich von Eisendorf" hat er darauf geschrieben.

Harry Marschall ist freilich nicht der Einzige, der hier steht. Gut 300 Menschen sind am Samstagnachmittag neben dem Golfplatz bei Oberelkofen zusammengekommen, um gegen die Pläne der Bahn für den Brenner-Nordzulauf zu protestieren. Nicht nur gegen die "Grobtrasse Orange", die direkt hier vorbei führen würde. Auch gegen die anderen drei Trassenvarianten, die die Bahn Anfang Dezember vorgestellt hat und über die sich seitdem viele Anlieger, Naturschützer und Politiker gleichermaßen aufregen.

Denn eine Forderung eint die meisten von ihnen: Sie wollen, dass die Bahn mit den zwei zusätzlichen Gleisen nahe an der Bahnstrecke bleibt, die schon jetzt an Grafing, Aßling und Bruck vorbei führt, und nicht die Landschaft durch eine weit entfernte Trasse durchschnitten wird. "Seit 1871 arrangieren sich die Leute hier mit der Bahn", sagt denn auch der Grafinger Landtagsabgeordnete Thomas Huber (CSU) wenig später, als er von einem Traktoranhänger herunter zu den Demonstrationsteilnehmern spricht. Und es sei auch klar, dass sich etwas verändern werde, wenn der Bahnverkehr Richtung Brenner deutlich ausgebaut werden soll. Man stelle gar nicht das Ziel in Frage, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, sagt Huber. "Aber was wir nicht wollen, ist, dass unsere Vorschläge nicht ernst genommen werden."

Die Landkreisvertreter wollen nicht mehr mit der Bahn reden

Es ist nicht die erste Demonstration gegen das Bahnprojekt in der momentan geplanten Form. Aber der Ton in der Auseinandersetzung wird schärfer. Erst wenige Tage zuvor haben die meisten Vertreter der Anliegergemeinden demonstrativ das Dialogforum mit der Bahn verlassen. Man werde nicht ernst genommen, zu viele Fragen blieben unbeantwortet, so die Kritik derjenigen, die nun nicht mehr mit der Bahn reden wollen. Diese hat nun postwendend Antworten auf einen langen Fragenkatalog der Landkreisvertreter vorgelegt; zufriedenstellend finden die Adressaten diese freilich nicht.

Um die verfahrene Situation wieder zu entspannen, will sich nun sogar ein Kabinettsmitglied einschalten: Kerstin Schreyer (CSU), bayerische Verkehrsministerin, hat zwar an sich mit dem Projekt nichts zu tun, das ist Sache des Bundes. Aber sie ist am Samstag extra aus Mittelfranken zurück in den bayerischen Süden geeilt, um den Demonstrationsteilnehmern ihre Unterstützung zu versprechen. Sie werde alle Beteiligten einmal einladen, dazu auch Vertreter aus dem Berliner Verkehrsministeriums. "Ich erwarte, dass alle Vorschläge diskutiert werden, nicht nur die, die einer Seite gefallen", sagt sie. Und fügt am Ende ihrer Rede kämpferisch an: "Ich habe viele Schwächen - mangelnde Durchsetzungskraft gehört nicht dazu."

Zu bereden wird in nächster Zeit viel sein, das betrifft nicht nur die neue Trasse südlich von Grafing. Auch unter den Anliegern der Bestandsstrecke zwischen München und Grafing rumort es inzwischen erheblich. Sie fürchten zwar keine neuen Gleise - dafür ist in dem dicht besiedelten Gebiet gar kein Platz -, aber mehr Lärm und Verkehr ohne jegliche Kompensation. Auf dem Feld bei Eisendorf machen auch viele von ihnen ihrem Unmut Luft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: