Handwerk in Ebersberg:Der Bäcker hat gerufen

Handwerk in Ebersberg: Die Schwestern Regina Dimitrijevic und Elisabeth Mayr übernehmen am 1. Januar die Familienbäckerei Mayr in Aßling.

Die Schwestern Regina Dimitrijevic und Elisabeth Mayr übernehmen am 1. Januar die Familienbäckerei Mayr in Aßling.

(Foto: Christian Endt)

Jede zweite Bäckerei im Landkreis hat in den vergangenen zehn Jahren dichtgemacht. Trotzdem halten sich einige Betriebe wacker. Und immer öfter treten die Bäckerskinder in die Fußstapfen ihrer Eltern.

Von Franziska Langhammer, Ebersberg

Leicht haben es die Bäcker wohl schon lange nicht mehr. Besonders während der Corona-Pandemie hieß es bei vielen mittelständischen Betrieben: Der Ofen ist aus. Doch während in Landkreisen wie Fürstenfeldbruck die Bäckerinnung Alarm schlägt, ist die Lage in Ebersberg stabil - auch wenn es an vielen Ecken und Enden zwickt.

"Die Energiepreise haben sich verdreifacht, die Mehlpreise verdoppelt", sagt etwa Martin Rieger, stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Ebersberg. Er betreibt eine Bäckerei in Anzing mit einer Filiale - "einen der kleinsten Backbetriebe im Landkreis". Dass er zur Zeit keinen Auszubildenden beschäftigt, ist für Rieger nicht problematisch; grundsätzlich sei es aber schon schwierig, Nachwuchs für den Bäcker-Beruf zu begeistern. "Die Akademisierung der Gesellschaft macht auch vor den Bäckereien nicht Halt", sagt er. Viele junge Leute würden studieren anstatt eine Ausbildung aufzunehmen - "das trifft uns auch". Was es für einen guten Bäcker braucht? "Man muss recht diszipliniert schlafen können", erklärt Martin Rieger. Auch seien praktisches Geschick wichtig und die Fähigkeit, Rezepte umzurechnen.

Handwerk in Ebersberg: Martin Rieger, stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Ebersberg kennt das Problem des Nachwuchsmangels.

Martin Rieger, stellvertretender Obermeister der Bäcker-Innung Ebersberg kennt das Problem des Nachwuchsmangels.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auch einen soziokulturellen Wert betont der Bäckermeister: "Es ist hilfreich, wenn im elterlichen Haus auch regelmäßig gebacken und gekocht wird - nicht nur als Schaufensteraktion an Weihnachten." Man merke es den Azubis schnell an, ob das Bäcker-Handwerk für sie nur eine Arbeit sei - oder ob sie in dieser Arbeit auch Sinn sähen. Während jedoch andere Bäckereien während der Corona-Pandemie mit deutlich weniger Umsatz zu kämpfen hatten, hat Martin Rieger damals eine ganz andere Erfahrung gemacht: Sein Betrieb hatte ein Plus zu verzeichnen. "Ich führe das darauf zurück, dass unser Bäckerladen nicht so groß ist wie ein Supermarkt, und dass man hier beim Einkaufen mit nur wenigen Menschen in Kontakt ist", so der Anzinger Bäcker. Vor allem Filialen, die in den Vorkasse-Zonen der Supermärkte verortet seien, hätten wohl einen Einbruch zu verzeichnen gehabt.

Aber auch so manchen familiengeführten Betrieb haben die Strapazen der letzten Jahre kalt erwischt: Erst im Frühjahr 2021 musste beispielsweise die Bäckerei Heiß aus wirtschaftlichen Gründen schließen - und damit der letzte Bäcker-Betrieb in Poing. Der Rückgang der Bäckereien in Ebersberg ist zwar ein verhältnismäßig langsamer, jedoch auch ein kontinuierlicher, wie die Handwerkskammer München auf SZ-Anfrage vermeldet: Gab es im Jahr 2001 noch 28 Bäckereibetriebe im Landkreis, in denen das Handwerk noch ausgeübt wird, waren es zehn Jahre später nur noch 24 - und im Jahr 2021 dann nur noch zwölf.

Wer hinter seinem Beruf steht, nimmt es in Kauf, um halb drei in der Backstube zu stehen

Schon seit 130 Jahren hält sich die Bäckerei Mayr in Aßling. Zum 1. Januar 2023 wird die Backstube samt Verkaufsraum, direkt gegenüber vom Rathaus gelegen, an die Töchter des derzeitigen Bäckermeisters übergehen - an die vierte Generation von Bäckern also. "Das war nicht immer der klare Plan", erzählt Regina Dimitrijevic, die für den Laden zuständig sein wird, "das hat sich so herauskristallisiert." Die Bäckerstöchter seien in dem Laden groß geworden, ihr Herz hänge daran. Schon ihr Uropa war Bäcker, betrieb aber nebenbei noch eine Landwirtschaft. Fortan wird Elisabeth Mayr, Bäckermeisterin, in seine Fußstapfen treten.

Das Familienunternehmen hat keine Filiale und möchte das auch so beibehalten, so Dimitrijevic: "Die Qualität der Ware leidet, wenn sie so viel unterwegs ist." Derzeit sind 24 Leute im Betrieb beschäftigt. Die Stärke des Ladens liegt nicht nur in der Überschaubarkeit, sondern wohl auch in der Tradition. "Man kennt sich im Ort, die Leute wollen persönlichen Kontakt", sagt Regina Dimitrijevic. Das Thema Nachwuchsprobleme ist auch ihr nicht fremd: "Viele schreckt es ab, um halb drei in der Backstube anzufangen oder ab halb sechs im Laden zu stehen." Doch wenn man hinter dem Beruf stehe, nehme man das in Kauf. Derzeit beschäftigt die Bäckerei Mayr zwei Lehrlinge in der Konditorei und in der Bäckerei.

In der kommenden Zeit können sich die Aßlinger auf kleine, aber feine Veränderungen in der Bäckerei freuen: Der Verkaufsraum soll modernisiert werden, und auch bei den Backwaren gibt es leichte Veränderungen, zum Beispiel mehr Dinkel, so Regina Dimitrijevic.

Immer mehr junge Frauen wollen Konditorinnen werden

Von immer mehr jungen Kollegen, die in die Fußstapfen ihrer Eltern treten wollen, erzählt auch Richard Freundl, der die Produktion in der Bäckerei Freundl in Ebersberg leitet. 86 Mitarbeiter sind im Stammhaus und den drei Filialen beschäftigt. Derzeit hat der Betrieb drei Bäckerlehrlinge und vier Konditorei-Azubis. "Auch für nächstes Jahr haben sich schon Interessenten gemeldet", so Freundl, "ich kann mich nicht beschweren." Im Allgemeinen seien die Azubi-Zahlen im Bäckerberuf rückläufig; immer mehr junge Mädels hingegen würden Interesse für das Konditor-Handwerk bekunden.

Handwerk in Ebersberg: Es braucht Leidenschaft fürs Handwerk, sagt Bäcker Richard Freundl aus Ebersberg.

Es braucht Leidenschaft fürs Handwerk, sagt Bäcker Richard Freundl aus Ebersberg.

(Foto: Korbinian Eisenberger)

Dass die Nachtschicht, wie sie im Betrieb Freundl praktiziert wird, für viele junge Menschen eher unattraktiv ist, weiß auch Richard Freundl. "Da muss man schauen, dass man jemanden für die nächsten Jahre nachzieht", sagt er. Die guten Leistungsträger der Bäckerei seien um die 50 Jahre alt, perspektivisch gesehen sei es also wichtig, sich hier um Nachwuchs zu bemühen.

Freundl, der für die Bäckerei-Innung in Sachen Lehrlinge zuständig ist, findet: "Man muss schon eine Leidenschaft fürs Backen mitbringen." Wenn man seine Arbeit gerne macht, könne man viel Freude erleben, indem man Menschen mit Frühstück und Mittagssnacks glücklich mache. Und wie er selbst seine Leidenschaft fürs Backen aufrecht erhält, dafür hat Richard Freundl gerade zur Weihnachtszeit einen guten Tipp: "Wir haben ein breites Plätzchensortiment. Da mache ich täglich Qualitätskontrolle."

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