Moosach:Klimahelden aus Niederseeon

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Inmitten der Idylle wird der Bürgerenergiepreis übergeben: Landrat Robert Niedergesäß (von links), Schulleiterin Angelika Oedingen, Projektleiterin Angelika Eiler, Bürgermeister Michael Eisenschmid, Ingo Schroers vom Bayernwerk (hinten links) und Regierungspräsidentin Maria Els (hinten rechts). (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Montessorischule am Steinsee bei Moosach erhält den Bürgerenergiepreis des Netzbetreibers Bayernwerk und der Regierung von Oberbayern. Die Bildungseinrichtung ist nahezu energieautark.

Von Antonia Voelzke, Moosach

Die Anfahrt führt durch die Natur. Die Montessorischule Niederseeon liegt eingebettet in Wälder, kleine Dörfer und weite Felder. Der Standort, eine Idylle. Die Schüler können Kartoffeln und Kräuter anpflanzen und den Unterricht auch mal unter freiem Himmel verbringen. Schule ist hier nicht nur Lernort, sondern Lebensraum. Wegen ihrer Naturverbundenheit und ihrem Umweltbewusstsein haben die Regierung von Oberbayern und das Bayernwerk die Montessorischule am Dienstag mit dem Bürgerenergiepreis 2020 ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich an drei Energiewende-Projekte mit Vorbildcharakter vergeben.

"Die Anfahrt war eine wirklich schöne Gelegenheit, die bayerische Landschaft noch etwas mehr kennenzulernen", sagt Regierungspräsidentin Maria Els. Die Umgebung und die Gebäude der Montessorischule verströmten eine besondere Energie. Els steht im weiten Garten der Schule, welcher sich vor dem prächtigen Hauptgebäude erstreckt. Das Gelände der Schule besteht aus mehreren Gebäuden, einem Fußballfeld, einer Feuerstelle sowie einer Werkhütte im hinteren Bereich des Gartens. Da die Gebäude sehr alt und massiv sind, verbrauchen sie besonders viel Energie.

Trotzdem hat es die Schule geschafft, nahezu autark in ihrer Energieversorgung zu sein. Neben einem Nahwärmenetz, zahlreichen LED-Leuchten und einem Blockheizkraftwerk, besitzt die Schule eine Photovoltaik-Anlage. Vor der Aula der Schule ist ein Monitor angebracht, auf welchem der genaue Energieverbrauch des Hauses aufgezeichnet wird. Neben dem Monitor hängen Plakate mit Abfahrtzeiten von Bussen. Da die Montessorischule etwas abseits gelegen ist und die Schüler nicht separat von ihren Eltern in die Schule gebracht werden sollen, hat die Schule ein eigenes Busnetz organisiert. So wird CO₂ gespart. Drei Kleinbusse und ein großer Schulbus bringen die Schüler täglich in die Schule und wieder zurück.

"Viel wichtiger ist aber die Eigeninitiative der Schüler", sagt Ingo Schroers, Mitglied der Geschäftsleitung der Bayernwerk Netz GmbH. Bei dem Preis gehe es mehr um die Motivation und die Idee, weniger um beeindruckende technische Geräte. Dass die 232 Schüler der Montessorischule sich viele Gedanken um einen nachhaltigen Energiekonsum machen, beweisen viele Ideen und Aktivitäten. Die Schüler beteiligen sich aktiv an der "Fridays for Future"- Bewegung und am Klimadialog. Mahlzeiten werden saisonal und regional von den Älteren für die Jüngeren gekocht. Häufig wird dabei Gemüse aus dem eigenen Beet verwendet. Auch Möbel und Kleidung werden von den Schülern aus natürlichen Materialien selbst hergestellt. Zudem gibt es unter den älteren Schülern sogenannte Energiescouts. Das sind ausgebildete Schüler, die ihr Wissen rund um den nachhaltigen Energiekonsum an Mitschüler und Eltern weitergeben.

30 Bewerbungen hatte das Bayernwerk dieses Jahr aus dem Landkreis Ebersberg bekommen. "Besonders in Schulen finde ich so einenergiebewusstes Engagement bemerkenswert", sagt Regierungspräsidentin Els. Die Kinder der Montessorischule setzten mit ihrem nachhaltigen Handeln Impulse in der Gesellschaft und bei den eigenen Eltern. Auch Landrat Robert Niedergesäß ist stolz auf die Leistung der Montessorischule Niederseeon. "Es ist schön, dass die Schule das Thema Energie ganzheitlich betrachtet und einen energiebewussten Lebensstil vorlebt." Dabei lobt er auch die Unterstützung durch die Gemeinde Moosach.

Der Bürgermeister der Gemeinde, Michael Eisenschmid, betont vor allem, dass die Schule diesen umweltbewussten Alltag schon seit Langem pflegt. Natürlich seien einige Projekte der Schule sehr kostenintensiv gewesen, allerdings müsse man das Finanzielle im Rahmen der Energiewende etwas in den Hintergrund stellen. Auch für zukünftige Projekte und Ideen der Montessorischule erklärt er: "Die Anschubfinanzierung ist da."

Ein Schüler läuft durch den Garten, vorbei am Gemüsegarten der Schule. "Dieses Jahr konnten wir aufgrund der Corona-Krise nichts anbauen, da sich niemand um das Beet hätte kümmern können", sagt Schulleiterin Angelika Oedingen. "Die Corona-Krise überschattet derzeit vieles", sagt Regierungspräsidentin Els dazu, eigentlich habe sie gedacht, das Jahr 2020 werde von den Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit bestimmt. Die Pandemie habe aber das Bewusstsein vieler Menschen aufgerüttelt. "Man hat gemerkt, wie fragil doch alles ist", sagt die Regierungspräsidentin. Umso wichtiger sei der Bürgerenergiepreis, denn er soll die Menschen dazu motivieren, sich mehr mit dem Thema Energieeffizienz auseinanderzusetzen. "Die Klimakrise wird unsere doch so fragile Gesellschaft noch viel schlimmer treffen als Corona", sagt auch Ingo Schroers vom Bayernwerk.

Durch die gelungene Integration von Energieeffizienz und Klimaschutz in den Alltag der Schüler erhält die Montessorischule Niederseeon ein Preisgeld von 3500 Euro und ein Aushängeschild als Sieger des Bürgerenergiepreises 2020. Den Sieg teilt sich die Schule mit der Realschule Taufkirchen sowie mit Willi Meyerhöfer aus Herrsching. Schon jetzt können Bewerbungen für den Bürgerenergiepreis 2021 eingereicht werden. Landrat Niedergesäß wirbt für den Energiepreis des Landkreises Ebersberg, der im kommenden Jahr wieder verliehen werden soll.

© SZ vom 08.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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