Jugendkulturpreis:Ein Bild aus lauter Stufen - und mitten drin ein Donald Trump

Jugendkulturpreis: Sebastian Grassinger und Franziska Wagner zeigen die zwei Seiten einer Medaille.

Sebastian Grassinger und Franziska Wagner zeigen die zwei Seiten einer Medaille.

(Foto: Christian Endt)

"Schöne neue Welt" ist das Thema des diesjährigen Jugendkulturpreises in Ebersberg. Ein Gewinner-Duo interpretiert das Motto sehr kritisch.

Von Anja Blum

Man müsse gar keine Angst vor der Zukunft haben, findet Desiree Devilee, denn das Schlimmste, das passieren könne, sei der Weltuntergang. Diese Worte hat die 14-Jährige ihrem Bild hinzugefügt, einer galaktischen Sanduhr, gesprüht in Blau und Rot. Devilee gehört zu den 44 Kindern und Jugendlichen, die sich heuer am Kulturpreis des Kreisjugendrings (KJR) beteiligt haben. Das Motto des Wettbewerbs lautete diesmal "Schöne neue Welt" - eine Aufforderung an alle, sich über die Zukunft samt aller Risiken und Chancen Gedanken zu machen.

Und der kreative Nachwuchs im Landkreis hat diese Einladung offenbar gerne angenommen, wie die Preisverleihung am Sonntag zeigte. "Unglaublich stolz bin ich auf euer politisches Interesse, auf euer Teilhaben an der Gesellschaft und eure Kritik an ihr. Dafür danke ich euch sehr!" Dieses große Lob ließ Jurorin Babsi Lux vom Alten Kino in Ebersberg den Teilnehmern ausrichten, sie selbst war bei den Kindertheatertagen im Einsatz. Würdig vertreten wurde die fünfköpfige Jury, zu der auch die beiden Künstlerinnen Anne Liebegott und Geraldine Frisch zählten, von Geräuschemacher Max Bauer und Janis Michal vom KJR, die ebenfalls voll des Lobes waren.

Jugendkulturpreis: David Ambarzumjan reist per Pinsel durch die Zeit.

David Ambarzumjan reist per Pinsel durch die Zeit.

(Foto: Christian Endt)

Bauer zog als Referenz gar einen der größten Maler und Bildhauer aller Zeiten heran: "Kunst hat die Aufgabe wachzuhalten, was für uns Menschen so von Bedeutung und notwendig ist", habe Michelangelo einst gesagt - diese Ausstellung zeige nun 44 Werke von jungen Künstlern und Künstlerinnen, "die uns wachhalten, oder vielleicht sogar wachrütteln wollen". Die Themen reichten von Umweltzerstörung und Welthunger über den Umgang mit dem Internet bis hin zu Migration und Donald Trump, auch viele ganz persönliche Positionierungen seien darunter.

Jugendkulturpreis: Milena Bugajska gibt mit ihrer Collage Räsel auf.

Milena Bugajska gibt mit ihrer Collage Räsel auf.

(Foto: Christian Endt)

Ebenfalls höchst vielseitig die Ausdrucksformen: Vom Daumenkino über die Collage bis zum 3D-Druck, von der Zeichnung über den Film bis zum Videospiel, die Einsendungen seien ausnahmslos großartig, schwärmte Bauer. Weil die Altersspanne der Teilnehmer diesmal sehr groß war, hatten sich die Juroren darauf verständigt, sie in drei Gruppen zu unterteilen.

Jugendkulturpreis: Die Gewinner und Juroren des KJR-Kulturpreises 2018: Janis Miachal, Max Bauer, David Ambarzumjan, Kevin Xie, Nico Langgasser, Florian Manara, Elisabeth Gerster, Emil Teigan, Vivien Hauptmann, Sebastian Grassinger, Franziska Wagner, Emily Anna Frost und Johanna Delrieux.

Die Gewinner und Juroren des KJR-Kulturpreises 2018: Janis Miachal, Max Bauer, David Ambarzumjan, Kevin Xie, Nico Langgasser, Florian Manara, Elisabeth Gerster, Emil Teigan, Vivien Hauptmann, Sebastian Grassinger, Franziska Wagner, Emily Anna Frost und Johanna Delrieux.

(Foto: Christian Endt)

Doch können leider nicht alle gewinnen, deswegen sei die Sitzung lange und von intensiven Diskussionen geprägt gewesen, so Bauer. "Wir nehmen das sehr ernst." An alle Teilnehmer, die sich mit einem Trostpreis zufrieden geben mussten, richtete er denn auch einen Appell: "Bitte nicht frustrieren lassen - sondern weitermachen!"

Vollkommen einig war sich die Jury laut Bauer nur einmal, nämlich beim ersten Preisträger in der Kategorie der jungen Erwachsenen: Er ging an David Ambarzumjan aus Grafing für sein Bild "Human Nature". Es zeigt eine grüne, unberührte Flusslandschaft, doch quer über das Bild zieht sich ein dicker Pinselstrich, der den Blick freigibt auf eine ganz andere Ebene, auf die Realität nämlich: Eine graue Großstadt hat der junge Künstler in diesen Streifen detailreich eingearbeitet, es ist Manhattan. So imaginiert eine einzelne Darstellung, wie sehr sich die Landschaft durch menschlichen Einfluss verändert hat. "Eine tolle Idee", lobte Juror Bauer, "präzise und schön gearbeitet, der Künstler hat sein Material und seine Technik total im Griff - ein absoluter Wurf."

Ebenfalls zu überzeugen wussten Franziska Wagner und Sebastian Grassinger vom Gymnasium Markt Schwaben mit einer perspektivischen Darstellung: Aus Holz haben sie eine Art Treppe gebaut, ein Bild aus lauter Stufen, deren Seiten unterschiedlich gestaltet sind. Steht man rechts, ist vor einem Graffito in großen Lettern das Motto des Wettbewerbs zu sehen, steht man links, erscheint die Skyline von Shanghai. Bemerkenswert sei hier die perfekte Ausführung, dank derer das perspektivische Spiel funktioniere, so Bauer. Doch der Jury habe auch sehr gefallen, dass das Thema kritisch hinterfragt werde: In die Buchstaben sind Details wie ein dürres Kind, Trump oder ein ausgetrockneter Boden eingearbeitet. Sogar ein Straßenschild kann man finden: "Elend, 1 Kilometer".

Über den dritten Preis in der Kategorie der Ältesten durfte sich Milena Bugajska aus Kirchseeon freuen, die beim Jugendkulturpreis schon öfter erfolgreich war. Diesmal hatte sie eine hochformatige, detailreiche Collage eingereicht, ein Werk auf hohem zeichnerischen Niveau, wie die Jury urteilte. Die Basis zeigt mehrere ernst drein blickende Männerköpfe, in der Mitte ein Konglomerat aus Schnipseln aller Art, Grafisches, Tiere, Menschen, Fantasiewesen, oben dominiert eine Frau das Bild: vor sich ein leeres Buch, in der Hand einen Stift, den Blick nachdenklich zur Seite gerichtet. Zu ihr scheinen die vielen wirren Ideen durchstoßen zu wollen. "Geheimnis, Experiment, Abstraktion" - all das haben die Juroren hier gesehen.

Mit "Konsum und Egoismus" hat sich die Siegerin unter den Zwölf- bis 16-Jährigen - der Gruppe mit der größten Konkurrenz - beschäftigt: Andrea Studts feingliedrige Zeichnung zeigt eine entlarvende Straßenszene. Weil alle nur mit sich und der Auslage in den Schaufenstern beschäftigt sind, wird ein Pflänzchen achtlos zertreten, ein Hund an der Leine fast erwürgt, Spielzeug achtlos weggeworfen und vieles mehr. Den zweiten Platz teilen sich Anna Frost und Johanna Delrieux, die eine unglaublich vielschichtige Collage geschaffen haben, mit Nico Langgasser, Elisabeth Gerster und Vivien Hauptmann für ein Gesamtkunstwerk aus Film, Brief und Anleitung zum Thema Tierschutz.

Um eine alternative Energieversorgung geht es in einem dynamischen Eisenbahnvideo von Florian Manara, der dafür mit dem ersten Platz der unter Zwölfjährigen ausgezeichnet wurde. Und Manara durfte sich gleich nochmal freuen: Er hatte zusammen mit Kevin Xie einen Film über den ersten Raketenflug zum Mars eingereicht, der auf dem zweiten Platz landete. Genauso wie eine szenische Darstellung von Emil Teigan, der einen kleinen Zug durch die unterschiedlichsten Welten fahren lässt.

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