Ausstellung zum Ersten Weltkrieg:Geschichte des Grauens

Ausstellung zum Ersten Weltkrieg: Kreisheimatpfleger Markus Krammer (links) und Bürgermeister Walter Brilmayer präsentieren Exponate der Ausstellung.

Kreisheimatpfleger Markus Krammer (links) und Bürgermeister Walter Brilmayer präsentieren Exponate der Ausstellung.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

"Die Ur-Katastrophe": Anlässlich der Schlacht von Verdun, die vor 100 Jahren begann, gibt es im Ebersberger Rathaus eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg und seine Auswirkungen auf die Region

Von Wieland Bögel, Ebersberg

"Früher, das ist für viele die gute alte Zeit - aber so gut war es damals gar nicht. Es war tragisch und katastrophal", sagt Markus Krammer. Die Ereignisse, über die der Kreisheimatpfleger spricht, sind "die Ur-Katastrophe" des vergangenen Jahrhunderts. Der Erste Weltkrieg, der vor genau 100 Jahren mit der Schlacht von Verdun bis dahin nicht gekannte Grausamkeiten und Schrecken über die Menschen brachte. Anlässlich dieses traurigen Jahrestages wird Krammer zusammen mit Bürgermeister Walter Brilmayer an diesem Montag im Ebersberger Rathaus eine Ausstellung über den Ersten Weltkrieg und seine Auswirkungen auf Ebersberg und Oberndorf, damals eine eigenständige Gemeinde, eröffnen.

Auf die Idee dazu habe ihn eine Anfrage des deutsch-französischen Kultursenders Arte gebracht, sagt Krammer. Dieser bereitete einen Beitrag über die Schlacht von Verdun vor, "und sie hatten erfahren, dass wir viele Dokumente über die Zeit haben." Etwa Feldpostbriefe, offizielle Bekanntmachungen und vor allem Fotos. Ein besonders bedrückendes stammt aus dem Sommer 1914 und zeigt das Abschiedstreffen der ersten an die Front beorderten jungen Männer aus Ebersberg. Auf dem Bild stehen sie stolz in ihren nagelneuen Uniformen vor der Mariensäule Spalier, doch als das Foto wenige Tage darauf veröffentlicht wurde, war einer der Männer, sein Name war Josef Bauer, mit einem weißen Kreuz versehen.

Josef Bauer war der erste Ebersberger, der im Krieg fiel - aber bei weitem nicht der letzte

Er war der erste Ebersberger, der den Krieg nicht überlebte, aber bei weitem nicht der letzte. An die Gefallenen erinnert bis heute die Heldenallee, 84 Linden und Buchen jeder von ihnen trägt das Bild und die Lebensdaten eines bei seinem Tod meist sehr jungen Mannes. Die 84 Toten waren "ein gewaltiger Aderlass" für die Gemeinde Ebersberg, sagt Krammer. Viele Familien verloren sogar mehrere Söhne im Krieg, an der Allee wie auch an den Kriegerdenkmälern ist das heute noch zu erkennen. "Da kommt der gleiche Name öfter vor", sagt Brilmayer. Gleich mehrere Jahrgänge habe Ebersberg im Ersten Weltkrieg verloren, immerhin hatte die heutige Kreisstadt vor 100 Jahren gerade einmal 2500 Einwohner.

Auch wie das Leben in Ebersberg während der Kriegsjahre verlief, zeigt die Ausstellung, etwa wie aus der anfänglichen Euphorie mit jedem weiteren Monat Verzweiflung und auch Not wurde. Ein bis heute im Stadtbild präsentes Beispiel ist der Aussichtsturm, der in den Kriegsjahren gebaut wurde und dessen Entstehungsgeschichte ebenfalls Teil der Ausstellung ist. "Eigentlich sollte er Siegesturm heißen", sagt Krammer, "aber davon ist man dann schnell abgekommen." Nicht nur der verworfene Name, auch der Turm selbst ist ein Beispiel für die Kriegsfolgen im Hinterland. Wie Brilmayer berichtet, wurde die Qualität des Baumaterials von Stockwerk zu Stockwerk immer schlechter, weil das Eisen knapp wurde.

Die Folgen des Ressourcenmangels in der Heimat waren aber nicht nur am Aussichtsturm, sondern auch in den Kirchtürmen zu spüren. Von 1917 an, auch das zeigt die Ausstellung, waren die Gemeinden aufgerufen, ihre Glocken abzugeben, damit diese für Kriegsgerät eingeschmolzen werden konnten. Insgesamt 112 Stück im ganzen Landkreis hat dieses Schicksal ereilt, weiß Krammer, nur künstlerisch besonders wertvolle entgingen dem Schmiedeofen - zumindest für ein paar Jahrzehnte, denn im nächsten Weltkrieg "musste dann alles abgeliefert und eingeschmolzen werden". Auch die Lebensbedingungen der Einwohner wurden immer schlechter, davon zeugen eindrucksvoll die vielen gesammelten Lebensmittelmarken und das von den Gemeinden für lokalen Tauschhandel herausgegebene Notgeld.

Für Brilmayer hat die Ausstellung, neben ihrem interessanten historischen, noch einen anderen Wert: "Es zeigt, wie dankbar und glücklich wir sein können, dass wir in Frieden leben können." Gerade im Hinblick auf die aktuelle Situation "mit den vielen Schwierigkeiten in Europa: Wirklich wichtig ist, dass so etwas nie wieder passiert."

Die Ausstellung Ebersberg und Oberndorf im Ersten Weltkrieg wird am Montag, 29. Februar, um 19 Uhr im Obergeschoss des Ebersberger Rathauses eröffnet. Dort ist sie bis zum Freitag, 8. April, Montag bis Freitag 8- bis 13 Uhr und Donnerstag auch 14 bis 18 Uhr zu sehen.

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