Süddeutsche Zeitung

Ausstellung:Tanzende Tusche, brennendes Holz

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Susanne Dressler und Martin Wachinger zeigen in Markt Schwaben ihre von Japan inspirierte Kunst

Von Anja Blum, Markt Schwaben

Das Wesen der Dinge mithilfe asiatischer Techniken sichtbar machen - das möchten zwei Künstler, die nun gemeinsam in Markt Schwaben ausstellen. Das künstlerische Spannungsfeld ist dabei allerdings trotzdem groß, denn beide operieren in unterschiedlichen Genres: Susanne Dressler widmet sich der Tuschmalerei, Martin Wachinger arbeitet mit Holz. Eine Praxisgemeinschaft in der Herzog-Ludwig-Straße 9 zeigt nun ihre Werke, Vernissage ist an diesem Freitag, 24. Mai, von 19 Uhr bis 23 Uhr.

"Indoor Zen Garden" haben Dressler und Wachinger ihre Ausstellung überschrieben, schließlich dient ihnen beiden diese fernöstliche Philosophie, die auch die Kunst in Japan stark beeinflusst hat, als gedanklicher Überbau. Beiden geht es um das Spannungsfeld von Komplexität und Einfachheit, von Schwarz und Weiß, von Fülle und Leere sowie eben um das Erfassen der Essenz der Dinge mit Hilfe von Konzentration und Meditation. "An Tuschmalerei fasziniert mich, dass in wenigen Strichen das Wesen einer Sache ausgedrückt werden kann", sagt Susanne Dressler, Martin Wachinger möchte mit seiner Kunst "die Seele des Holzes" zum Vorschein bringen.

Eigentlich ist Susanne Dressler, die in Ottenhofen lebt, diplomierte Sportlehrerin mit den Schwerpunkten Tanz und Theater. In Gesundheitsstudios und an der VHS Grafing unterrichtet sie Easy Dance, Pilates und Yoga. Die Zen-Meditation entdeckte sie bereits während des Studiums für sich, was auch ihr Interesse für fernöstliche Philosophien weckte. Seit 2006 arbeitet sie freiberuflich als Beraterin für die Farbgestaltung von Wänden nach der Lehre des Feng Shui. Aber auch von der japanischen Maltechnik Sumi-e ist Dressler fasziniert: "Sumi-e ist für mich die Möglichkeit, auf dem Papier zu tanzen, Spuren zu hinterlassen, die beim Tanzen sonst nicht entstehen." Beim Malen versetze sie sich in Musik und tänzerische Bewegung hinein und versuche, deren Essenz auszudrücken. "Es geht mir also nicht um das Abbilden von Äußerlichkeiten, sondern um das Festhalten von inneren Zuständen." Der Bilderzyklus, den sie nun zeigt, heißt entsprechend "Tan-Zen".

Die Werke des Sumi-e entstehen aus der Meditation. Dabei wird schwarze Tusche mit einem weichen Pinsel auf Reispapier aufgebracht, Linien und Flächen ergeben sich aus einem feinen Spiel zwischen Druck und Loslassen. Das Motiv ist das Ergebnis einer fließenden Bewegung von Hand und Pinsel. Jeder Strich ist ein Statement, spätere Korrekturen sind nicht möglich. Die Reduktion auf Schwarz und Weiß sowie die Nuancen dazwischen lassen dabei viel Raum für Fantasie.

Was für eine Kombination: Martin Wachinger ist laut eigenen Angaben "Philosoph und Weltenbummler, Ökonom und Schreinermeister". Der Plieninger leitet Bauprojekte in aller Welt und war unter anderem für die Olympischen Spiele in Sotschi tätig. Zudem hat er zum Thema Organisationsentwicklung promoviert und begleitet Umstrukturierungsprojekte in Unternehmen. Doch auch seinen Wurzeln als Schreiner bleibt Wachinger treu: In seiner Werkstatt fertigt er Möbel oder lässt seiner Fantasie freien Lauf und erschafft Werke aus Holz und Naturmaterialien. "In der Kunst gibt es keine Vorgaben. Sie darf einfach entstehen. Diese Freiheit ist beängstigend und berauschend zugleich", sagt Wachinger. Seit seiner Ausbildung faszinieren ihn auch Techniken und Handwerkzeuge der Holzverarbeitung aus anderen Kulturen, etwa aus Asien.

Derzeit beschäftigt Wachinger sich mit einer alten japanischen Technik namens Shou Sugi Ban oder Yakisugu, übersetzt bedeutet das so viel wie "verbranntes Zedernbrett". Und das passt, denn dabei wird mit verkohltem Holz als Werkstoff gearbeitet. "Durch die Behandlung mit Feuer und imprägnierenden Ölen kommt die Struktur des Holzes zum Vorschein", erklärt der Künstler: Nach der Karbonisierung der Oberfläche gleiche kein Brett dem anderen. "Auch das Schwarz ist nie das Gleiche, es entstehen unendlich viele Schattierungen." So gewinne eine Farbe, die man eigentlich als unveränderlich betrachte, eine neue Tiefe und Vielfalt.

In der Markt Schwabener Praxisgemeinschaft arbeiten übrigens Heilpraktikerin Sabine Roseburg und Rechtsanwalt Sven Idek, die nun bereits zum dritten Mal Künstlern die Gelegenheit geben, dort ihre Werke zu präsentieren.

"Indoor Zen Garden", Ausstellung von Susanne Dressler und Martin Wachinger in der Praxisgemeinschaft Herzog-Ludwig-Straße 9 Markt Schwaben, Vernissage am Freitag, 24. Mai, 19 bis 23 Uhr, zu sehen bis Ende September nach Vereinbarung

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Quelle:
SZ vom 24.05.2019
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