Ausstellung: Regina Ullmann:Andenken an eine Dichterin

Es sind keine einfachen Geshichten, die Regina Ullmann einst geschrieben hat. Doch wer sich Zeit für die Lektüre nimmt, wird belohnt. In Kirchseeon erinnert eine Ausstellung an ihr Leben.

Lena Grundhuber

Man muss ganz langsam lesen, man darf es sich nicht leicht machen - denn Regina Ullmann hat es sich weiß Gott selbst nicht leicht gemacht. Wer die Geduld hat, die Dichterin etwa auf ihrem Weg in der Erzählung "Die Landstraße" zu begleiten, der wird mit Sätzen belohnt, die unter größten Mühen geborgen wurden. Sätzen wie diesen:

Ausstellung: Regina Ullmann: Lou Albert-Lasard malte einst die Dichterin Regina Ullmann.

Lou Albert-Lasard malte einst die Dichterin Regina Ullmann.

(Foto: Ulla Baumgart)

"Das Paradies ist ungewiss. Man hat ja damit begonnen, zum mindesten hat man es mitgebracht. Schaue jeder, daß er es nicht aufbrauche bis zum letzten. Er muß sterben noch mit dem Glück, gelebt zu haben."

Die Frau, die das schrieb, ist lange tot und wäre wohl vergessen, wären da nicht Menschen und Literaturwissenschaftler wie die Kirchseeonerin Kristina Kargl, die sich um ihr Andenken sorgen.

Am Freitag, 11. Juni, um 19 Uhr eröffnet Kargl mit einem Vortrag eine von ihr kuratierte Ausstellung über die "bayerischen Jahre der Dichterin Regina Ullmann (1884-1961)" im Café Zam in Kirchseeon. Denn hier in Eglharting verbrachte die Dichterin ihre letzten Lebensjahre. Neben Vita und Werk zeigt die Schau faksimilierte Briefe von und an Regina Ullmann. Die Enkelin Helene Kahl wird über ihre Erinnerungen an die Großmutter sprechen (Termin wird noch bekannt gegeben).

1884 als Kind jüdischer Eltern in der Schweiz geboren, kam Regina als junge Frau nach München, wo sie Anschluss an die Schwabinger Bohème fand. Das "zurückgebliebene Kind", wie der Germanist Peter Hamm schreibt, fasziniert von Anfang an durch eine unergründliche Art: Langsam wie eine "verschämte Bäuerin", so beschreibt sie Kargl - andererseits eine geradezu eruptive Erzählerin. Ihr großer Förderer war Rainer Maria Rilke, der für die Veröffentlichung ihrer Erzählungen und Gedichte sorgte. Ihre "langsam knetende Prosa" hatte es auch Kollegen wie Hermann Hesse angetan.

Sie war nicht einfach, sie machte es sich nicht einfach: Davon zeugen Ullmanns gescheiterte Beziehungen zu dem Nationalökonom Hanns Dorn und dem Psychoanalytiker Otto Gross, die von ihr selbst als höchst tragisch empfundenen unehelichen Schwangerschaften, ihre Umzüge nach Burghausen und Dachau, ihre depressiven Schübe.

Die Freundschaft zu dem charismatischen Ludwig Derleth brachte sie zum Katholizismus - das Barocke, Ländliche, Mystische zog die Dichterin an. Es sind einfache Menschen, Bauern, Mägde, Kinder und Ausgeschlossene, die sie besonders in den Blick nimmt, einen oft fast quälend genauen Blick. Im Jahr 1936 flieht die gebürtige Jüdin nach Österreich, 1938 reist sie im letzten Augenblick in die Schweiz ein, und kehrt erst 1959 endgültig nach Deutschland zurück. Ihre Tochter Camilla pflegt Regina Ullmann, bis diese im Krankenhaus Ebersberg verstirbt. Mit einem Rest vom Paradies in der Hand, so wollen wir für sie hoffen.

Eröffnung am Freitag, 11. Juni, 19 Uhr im Café Zam Kirchseeon.

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