Ausstellung in Grafing:Mit Farben dichten

Gerlinde Back zeigt in der Grafinger Bücherei gefühlvolle, teils von Lyrik inspirierte Aquarellmalerei

Von Anja Blum, Grafing

Emotionen in Bilder gießen - das ist das Metier von Gerlinde Back. Die Malerin aus Grafing stellt nun in der Stadtbücherei aus und hat die Schau mit zwei Serien bestückt. Einerseits stellt sie ihr Corona-Projekt "Conrad und Corinna" vor, andererseits Werke, die von Dichtung inspiriert sind. In beiden Fällen aber geht es um tiefe Gefühle und das Zusammenspiel von Wort und Bild. Insofern wird das Publikum bei der Vernissage an diesem Freitag, 1. Oktober, um 19 Uhr nicht nur Malerei, sondern auch eine Lesung genießen dürfen.

Wie für so viele Kreative waren die Lockdowns auch für Gerlinde Back eine schwierige, aber dennoch produktive Zeit. Drei Mal musste ihre Ausstellung in der Grafinger Bücherei verschoben werden - eine nervenaufreibende Hängepartie. Andererseits hat Back in dieser Zeit wesentlich mehr gemalt als sonst - "eigentlich jeden Tag", sagt sie. Denn die Arbeit mit ihren Aquarellfarben sei für sie auch eine Möglichkeit gewesen, diese neuen, verstörenden Erfahrungen rund um die Pandemie zu verarbeiten. Und so entstanden "Conrad und Corinna": zwei Hunde, eine Englische Bulldogge und eine Dackeldame, deren Namen nicht nur zufällig sehr viele Buchstaben mit dem neuen Virus gemein haben. Back hat sie entworfen als Allegorie, sie spiegeln all die Gefühle wider, die uns Menschen seit nun fast zwei Jahren umtreiben. Von Lethargie über Sehnsucht bis zur Angst. Da sieht man Conrad faul auf einer Zeitung liegen - die neuesten Corona-Nachrichten sind schließlich das einzige Highlight des Tages. Ansonsten bleibt nur das "Frust-Fressen", aber oh je, der Napf ist schon wieder leer. Insofern lassen sie freilich nicht lange auf sich warten, die "Corona-Röllchen", die auch der Bulldogge nicht so gut stehen. Da bleibt nur noch, den Kopf in den Sand zu stecken, Dackeldame Corinna macht es vor. Doch dann: Die ersten Hoffnungsschimmer, endlich darf man wieder in den Biergarten oder Ausflüge machen, sei es an der Leine oder im Rucksack. Klar, mit so kurzen Beinchen kommt man nicht weit.

Bücherei Grafing Aquarellausstellung

In dem Buch beleuchtet Back die Pandemie mit Humor, verschweigt aber auch deren ernste Seite nicht.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

So gelingt es Back, mit ihrem Pinsel einen durchaus humorvollen Blick auf die pandemischen Zeiten zu werfen, man schmunzelt - trotz allem. "Aber so ein Thema darf man natürlich nicht nur mit Karikaturen abhandeln", sagt die frühere Heilpädagogin, "Corona war und ist schlimm und sehr ernst". Also hat sie diesem Teil der Ausstellung noch zwei Bilder hinzugefügt, die die andere, düster-nachdenkliche Seite des Geschehens beleuchten: zwei dunkle Seelenlandschaften unter dem Titel "Memories", die an unsere Endlichkeit gemahnen und trotzdem hoffnungsvoll-tröstlich den Blick ins Universum lenken.

All diese Aquarelle gibt es nun bis 9. November in der Grafinger Bücherei zu sehen - man kann sie aber auch ganz einfach mit nach Hause nehmen. Denn Gerlinde Back hat, erstmals, ein Büchlein herausgebracht. Es erzählt die Geschichte von "Conrad und Corinna" mit vielen Bildern und wenigen Worten und ist in einigen Bibliotheken und Buchhandlungen im Landkreis erhältlich.

Um das Zusammenspiel von Sprache und Malerei geht es aber auch im zweiten Teil der Ausstellung, hier zeigt Back ebenfalls kleinformatige Bilder, die von Dichtkunst inspiriert sind. Manchmal aber hat die Malerin auch Gedichte gefunden, zu denen bereits passende Aquarelle existierten. Ganz nach Backs Motto: "Malen mit Worten ist ein Gedicht. Dichten mit Farben ist ein Gemälde." Jan Wagner heißt der preisgekrönte Lyriker, den die Grafingerin sich für dieses Projekt ausgesucht hat. "Der hat so eine tolle, besondere Sprache, die mich einfach berührt und beflügelt", erklärt sie.

Bücherei Grafing Aquarellausstellung

Ihr Corona-Projekt "Conrad und Corinna" hat Gerlinde Back aus Grafing in ein Büchlein verpackt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Sofort angesprochen fühlte sich Back, geboren 1958 in der Rhön, aber seit mehr als 20 Jahren in Grafing lebend, von einem Gedicht über eine Pflanze, den Giersch. "Der ist schön, aber ein Teufelzeug", sagt sie, und diese Dualität drücke Wagner wunderbar aus: "nicht zu unterschätzen: der giersch / mit dem begehren schon im namen - darum / die blüten, die so schwebend weiss sind, keusch / wie ein tyrannentraum". Und auch Backs Kunst, sonst oft sehr luzide, untermalt die hellen Tupfer dräuend-düster. Große Inspiration fand Back auch in dem Gedicht über Tiere, in dem unter anderem ein Dachs beschrieben wird als aussehend "wie ein Lakritzbonbon". Ein Vergleich, den die Malerin übersetzt hat in eine sehr grafische, geometrische Darstellung des schwarz-weißen Räubers.

"Ja, manchmal hat es schon recht lange gedauert, bis ich die richtige Idee für eine malerische Umsetzung hatte", gesteht Back. Außerdem sei Aquarellmalerei nicht eben das einfachste Genre. "Von jedem Motiv, das Sie hier sehen, gibt es mindestens zehn weitere Versionen." Denn diese Farben seien zwar an Leuchtkraft, Transparenz und wunderbar spontanen Verläufen kaum zu übertreffen, in ihrer Unkontrollierbarkeit und Unveränderlichkeit aber auch manchmal zum Verzweifeln. "Es kommt durchaus vor, dass die Farbe ungewollte Formen annimmt, aber übermalen ist dann eigentlich nicht möglich", sagt Back. Man könne solch ein Bild, mit dem unzufrieden sei, nur entweder gleich entsorgen, "oder erst noch unter den Wasserhahn halten und auf ein Wunder hoffen". Die Grafingerin aber scheint diese anspruchsvolle Kunst trotzdem gut zu beherrschen, sonst würden wohl in der Bücherei nicht so viele Bilder hängen, die dem Auge sehr schmeicheln.

Ausstellung Gerlinde Back in der Stadtbücherei Grafing bis 9. November, Vernissage an diesem Freitag, 1. Oktober, um 19 Uhr.

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