„Kunst ist eine Möglichkeit, äußerlichen Geschehnissen, den Faktizitäten, dem scheinbar unausweichlichem Regelwerk der Welt etwas zu entgegnen. Indem man das Transzendente sucht, hinter die Dinge blickt, auf der Suche nach Authentizität, Intensität und Poesie.“ Darin sind sich Vater und Sohn einig. Was genau diese Suche bedeutet, und was sie zutage fördert, das zeigen Achim und Yannick Booth nun mit einer Ausstellung in der Klostergalerie Glonn. Sie ist an den kommenden beiden Wochenenden zu sehen und bereits die dritte Auflage dieser „Kunstbegegnung“ zweier Generationen.
Vater Achim Booth, geboren in München, kann man guten Gewissens als kreativen Tausendsassa bezeichnen. Er ist gelernter Fotograf, hat Philosophie und Kunst studiert, nebenbei „immer schon geschrieben“. In seinem Lebenslauf finde sich sogar „der Versuch eines bohemienhaften Daseins“, erzählt er lachend, dazu hätten sich diverse Reisen und Künstlergruppen gesellt. Heute lebt Booth in Hohenthann, arbeitet als freiberuflicher Künstler und Grafikdesigner. Von strengen, minimalistischen Kunst- sowie Ausstellungskonzepten hält er nicht viel. „Ich interessiere mich für fast alles, bin sehr offen und versuche dabei, meine eigene künstlerische Sprache zu finden“, sagt Achim Booth.

Sohn Yannick Booth erzählt, dass die Kunst dank seines Vaters zu Hause natürlich allgegenwärtig gewesen sei, doch sein eigenes Interesse daran sei erst im Alter von etwa 15 Jahren erwacht. Dafür dann aber offenbar umso dringlicher: Yannick Booth begann zu malen und zu zeichnen, beschloss, Kunst zu studieren – und konnte 2023 einen der begehrten Plätze an der Akademie in Wien ergattern.
Zu sehen gibt es Malerei, Objekte und Fotografie, wobei die Räume in der wunderschönen Glonner Galerie weder nach Genre noch nach Künstler aufgeteilt sind. Vielmehr sind die Werke von Vater und Sohn ganz bewusst miteinander verschränkt. „Wir wollen, dass die Korrespondenzen und Abgrenzungen zwischen uns sichtbar werden“, erklärt Achim Booth. Im Gespräch zeigt sich, dass nicht nur der Jüngere vom Älteren lernt, sondern genauso umgekehrt. Obwohl sich die gegenseitige Inspiration dann in sehr unterschiedlichen Ergebnissen widerspiegelt: Yannick Booth pflegt einen ziemlich freien Umgang mit Farbe und Form, Achim Booths Kunst hingegen ist eher akribischer Natur.

Die beide Künstler verschränkende Hängung verfolge außerdem die Idee von „Erlebnisräumen“, erklärt Achim Booth: Die Besucher sollen mit allen Sinnen vom Gesamteindruck gefangen genommen werden. Das gelingt – vor allem auch deshalb, weil dreidimensionale Arbeiten die Malerei ergänzen. Gleich im wunderschönen Kapellenraum der Glonner Galerie zum Beispiel begegnen sich die beiden Künstler mit einer Installation aus stehenden und hängenden Objekten vom Vater sowie fahnenartigen Leinwänden vom Sohn.
Ungerahmt auf ungrundierter Leinwand schafft Yannick Booth hier mit verlaufender und versickernder Tusche organische Farbräume, ineinander verschlungene Kurven, Linien, Flächen. Daneben gibt es von ihm großformatigen Bilder mit einer expressiven Figürlichkeit, Acryl und Kreide gestalten hier Gestik und Linie. „Manchmal hat man das Gefühl, dass nicht der Künstler nach den Bildern sucht, sondern im Gegenteil, die Bilder nach dem Künstler suchen“, sagt der Vater nicht ohne Stolz.

Yannick Booth zeigt aber auch Miniaturskizzenbücher, randvoll beschrieben und immer wieder durchsetzt mit filigranen Zeichnungen, auf denen sich Parklandschaften ebenso finden wie ineinander verschlungene Gestalten. In den Büchern tummeln sich Wörter, Sätze, Bilder, Polaroids, die dem 23-Jährigen auf seinen langen Stadtwanderungen durch Wien begegnen. Unter dem Titel „Schwarze Augen“ hat er zudem eine Sammlung seiner Texte in einem kleinen Buch zusammengefasst. So bekommt man in dieser Ausstellung das Suchen, Finden und Entdecken des Wiener Kunststudenten zu sehen, inklusive viele Geschichten, die noch nicht zu Ende erzählt sind.

Ebenso wie sein Sohn, aber auf eine ganz andere Art, ist Achim Booth in vielen künstlerischen Bereichen zugange. Er zeigt zum Beispiel eine Serie von Landschaften in Öl, Ausgangspunkt dieser Malereien sind Fotos aus Spitzbergen, das der Künstler jedoch selbst nie gesehen hat. „Ein gemalter Ort ist immer ein Ort, an dem man noch nicht gewesen ist. Egal, ob es um Spitzbergen geht oder den eigenen Garten“, sagt Achim Booth und lächelt. Er jedenfalls wolle sogenannte Dreamscapes erschaffen, in denen erkennbare Landschaften auf abstrakten Hintergründen mit amorphen Gebilden zusammen fänden.
Außerdem beschäftigt sich Achim Booth immer wieder mit dem Thema Land-Art. Diese Kunstform findet über dokumentierenden Fotografien in Farbe oder Schwarzweiß ihren Platz in der Ausstellung. Darüberhinaus hat der Künstler versucht, die Land-Art-Idee anhand von Objekten in den Galerieraum zu transportieren. So ist eine Art Skulpturengarten aus mit Sprühfarbe verfremdeten natürlichen Elementen entstanden. Manche stehen auf Sockeln, andere baumeln von der Decke, immer in leichter Bewegung.

Am Abend der Vernissage am Freitag, 28. März, werden die beiden Künstler in einer etwa halbstündigen Lesung ihre Wahrnehmungen und Gedanken in ganz unterschiedlichen Textgestaltungen zu Gehör bringen. Yannick Booth sagt, die Kunst sei ein Sehnen nach echter Schönheit, wahren Empfindungen und großen Gefühlen. Eine „Seelensuche“. Ein Versuch, das, was schon immer da war und immer da sein wird, in seiner Einfachheit und doch Komplexität zu umschreiben, zu umwandern, zu umschwingen. „Ahnen, niemals wissen, ein Versuch, sich zu öffnen. Ein Fragen. Ein Entdecken. Es ist der Wille, sich zu erweitern, zu wachsen, zu verwandeln. Die Hingabe an das, was größer ist als man selbst.“
„Kunstbegegnung“ in der Klosterschule Glonn, Achim und Yannick Booth, zu sehen an den beiden kommenden Wochenenden, also am Samstag, 22. und 29. März, sowie am Sonntag, 23. und 30. März, jeweils von 13 bis 18 Uhr. Die Vernissage findet „mittendrin“ statt, und zwar am Freitag, 28. März, ab 18 Uhr.