Ausstellung:Die Baumflüsterin

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Melanie Kirchlechner aus Vaterstetten liebt Holz und geht daher mit Farbe eher sparsam um. Hier bekommt das natürliche Material ein Gesicht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Melanie Kirchlechner zeigt "Blattwerke - Holzwerke" in den Räumen der Vaterstettener VHS

Von Sandra Langmann, Vaterstetten

Warme Farben in allen erdenklichen Nuancen füllen den Raum. Sie reichen von knalligem Rot, schillerndem Gold und hellem Orange bis hin zu sanften Brauntönen. Hölzer und Blätter wurden hier von der Schreinerin und Restauratorin Melanie Kirchlechner auf verschiedene Art und Weise zu Kunstwerken verarbeitet, die seit Mittwochabend in der VHS Vaterstetten ausgestellt sind. Unter dem Namen "Blattwerke - Holzwerke" präsentiert die Vaterstettenerin Holzschnitte und Blattcollagen in diversen Variationen.

Der erste Blick beim Betreten der Ausstellung fällt auf eine Skulptur, die eine weibliche Silhouette darstellt. 200 Stunden Arbeit habe diese beansprucht, erzählt Kirchlechner. Sie ist das einzige Kunstwerk der Schau, das nicht zum Verkauf steht. Die Schöpferin reibt mit der Hand über das glatte Holz, wodurch sich der sinnliche Duft der Zirbel ausbreitet. "Es riecht so gut, man möchte am liebsten reinbeißen", schwärmt Kirchlechner, der wohl nicht umsonst ein Liebesverhältnis zu Holz nachgesagt wird.

Melanie Kirchlechner ist in einer Familie der "Selbermacher" aufgewachsen und hat das Werkeln schon immer geliebt. In einem Kunstleistungskurs kam sie das erste Mal mit dem Materialdruck in Berührung, der ihre Begeisterung für Holz weckte. "Holz ist das schönste und vielfältigste Material", sagt Kirchlechner mit Überzeugung. Sie jedenfalls verarbeitet den organischen Rohstoff zu beeindruckenden Kunstwerken. Gleich neben dem Eingang befindet sich auf einem Stativ eine Holzplatte, die mit Acryl bemalt wurde und worauf die Jahresringe des Baumes zu erkennen sind. Pinsel in allen Größen sind darauf befestigt, die eine "Insel" darstellen. So gewährt die Künstlerin schon zu Beginn der Ausstellung einen Einblick in ihre Arbeit. Es folgen Holzschnitte, die auf Papier, Holz oder Bambus befestigt sind. Wenn der Schreinerin ein Motiv ins Auge fällt, muss sie etwas daraus machen - wie beispielsweise "Notre Dame", den "Glockenturm" oder Landschaftsbilder. Beim "Schaukasten" trifft man unter anderem auf das Augenpaar von Apple-Gründer Steve Jobs, das durch dunkle Schattierungen erschreckend real wirkt. Sehen und Gesehenwerden? - das ist die Frage, die sich hier stellt.

Den zweiten Teil der Ausstellung bilden filigrane Collagen aus Blättern. Die vereinzelten Goldelemente, die an den Jugendstil erinnern, würden die abstrakten Konstruktionen "verlebendigen", sagt die Kunsthistorikerin Gabriele Bach in ihrer Einführung über die Werke ihrer Freundin. Seit bereits 20 Jahren sind die beiden Frauen über ihre Arbeiten miteinander verbunden, so dass Bach mit den Holz- und Blattkunstwerken Kirchlechners bestens vertraut ist. Die Restauratorin und Schreinerin setze bei ihren Arbeiten die Farben bewusst schlicht ein und achte sehr auf den Grundton, so die Kunsthistorikerin weiter. Nur einige Gemälde seien bunt und knallig. Kirchlechner gebe das Holz frei - das Material ist Mitspieler und darf wirken. In ihren Werken werde die Experimentierlust der Künstlerin spürbar, sagt Bach. Das Blättertreiben auf den Bildern möchte man verfolgen und ertasten. Und das dürfen die Besucher der Ausstellung auch.

Bach bezeichnet Kirchlechner als "Baumflüsterin", da sie mit dem Holz im Dialog stünde. Treffender könnte diese Künstlerin mit ihrer Liebe zu den natürlichen Materialen wohl kaum beschrieben werden.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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