Ausstellung:Der Gültigkeit auf der Spur

Das Museum der Stadt Grafing widmet Fritz Brosig erstmals eine Ausstellung. Darin zeigt der 83-jährige Bildhauer einen Querschnitt durch sein vielfältiges, ambitioniertes Schaffen

Von Anja Blum, Grafing

Fritz Brosig ist entflammt. Bereits seit 65 Jahren brennt er für die Kunst. So ist es zumindest anzunehmen, wenn man dem Bildhauer lauscht, der äußerst beredt und leidenschaftlich von seinem Leben, vor allem von seinem Schaffen erzählt. Von vielen interessanten Momenten und spannenden Herausforderungen ist da die Rede, aber auch von der Genugtuung, Werke zu schaffen, die Gültigkeit besitzen, lange über den Tag ihrer Entstehung hinaus. Brosig ist seinen Arbeiten, den frühen wie den späten, zutiefst verbunden, das ist immer wieder zu spüren. "Den liebe ich zum Beispiel sehr", sagt er über einen kleinen Erzengel Michael samt Drache aus Gips - ganz ohne Eitelkeit oder Scham, einfach weil es wahr ist.

Wer eintauchen möchte in die schöpferische Welt des Grafinger Bildhauers, hat nun im Museum der Stadt dazu reichlich Gelegenheit: Das Haus widmet Fritz Brosig erstmals eine Sonderausstellung - "solange ich das selbst noch bewältigen kann", sagt der 83-Jährige und lacht. Um das Museum optimal bestücken zu können, habe er sogar ein Modell gebaut, erzählt er, und seine Frau Anne Brosig sei ihm als Kuratorin zur Seite gestanden. "So ein akribische Vorbereitung habe ich selten erlebt", lobt Museumschef Bernhard Schäfer. Eröffnet wird die Schau am Freitag, 27. Oktober, um 19.30 Uhr, zur Einführung spricht der Künstler selbst. Außerdem wird er zwei Mal persönlich durch die Räume führen, (Sonntag, 12. November, 14 Uhr, und Donnerstag, 18. Januar, 18 Uhr). Zwei Termine, die man sich merken sollte.

Zu sehen ist ein Querschnitt durch 65 Jahre bildnerisches Schaffen: freie Werke und Auftragsarbeiten aus Holz, Stein, Bronze und Beton, kleine Skulpturen sowie große Installationen (in Modellen sowie auf Fotos), Objekte und Zeichnungen. Was die Exponate in der Gesamtschau zeigen, ist, dass Brosig stets handwerklich meisterlich, aber auch künstlerisch höchst ambitioniert gearbeitet hat. In jedem Einzelfall war für ihn die bestmögliche Lösung das Ziel - sei es, um einer persönlichen Vorstellung Ausdruck zu verleihen oder einen vorgegebenen Raum optimal als Gesamtkunstwerk zu gestalten.

Sein Werdegang war für Brosig, der seit 1966 in Grafing lebt, in der Rückschau "von Anfang an programmiert": 1934 hineingeboren in eine schlesische Steinmetzfamilie, 1945 auf der Flucht nach Oberbayern, landet er an der Fachschule Garmisch-Partenkirchen, lernt dort Holzbildhauerei und beweist sein künstlerisches Talent: Als 19-Jähriger wird Brosig "auserwählt", eine Kopie eines Engels von Ignaz Günter aus Sankt Peter in München anzufertigen, seitdem hat sein Putto Generationen von Schülern als Vorlage gedient. Die Gebrauchsspuren an der Leihgabe der Fachschule sind nicht zu übersehen.

Kein Wunder also, dass der junge Brosig an die Münchner Akademie empfohlen wird, wo er bei Professor Anton Hiller studiert. "Dessen strenge Abstraktion der menschlichen Figur gab mir die Grundlage für bauplastisches Denken und Gestalten", sagt Brosig. Bis heute entstünden seine Ideen meist aus einem Raummodell, an dem seine "Denkspiele" ansetzen könnten. Nach der Akademie, Anfang der 60-er Jahre, kann Brosig rasch Wettbewerbe für sich entscheiden und so Entwürfe für Profan- als auch Sakralbauten umsetzen.

"Für die Notkirchen, da hat man den Brosig geholt", sagt er und lacht, doch auch diese Herausforderung - für Gottesräume zwischen Kriegsbaracken eine einfache und bewegliche Ausstattung zu schaffen - habe er sehr gerne angenommen. Seine Lösung: ein schlichter Altar aus leicht abgerundetem Eichenholz und in Form einer Brücke. Überhaupt sei die Kirche mit ihrer schier unendlichen Tradition und reichen Symbolik ihm stets "ein wichtiger Ideengeber" gewesen. Allerdings stellte sie den Bildhauer auch immer wieder vor die größten Herausforderungen, denn bei Umbauten etwa von Altarräumen musste er oft bereits Existierendes in seine Entwürfe integrieren. Doch sensibel sein, das kann Brosig: Er weiß, wann es gilt, Akzente zu setzen, kantige Klarheit zu zeigen oder wuchtige Plastizität. Oder wann eine Arbeit eben lieber heiter-durchlässig sein sollte.

Der Grafinger hat viel Sakrales gestaltet, dazu meterhohe Reliefs, Brunnen, Tore, Raumteiler, Skulpturen, auch in seiner Heimatstadt sind mehrere Werke von ihm zu bewundern. Aber auch ein Schachspiel aus Messing und Leder, optisch wie haptisch ein Genuss, sowie ein steckbares Puppenhaus aus Holz sind im Museum zu sehen. Für letzteres wurde Brosig mal wieder ausgezeichnet - eben weil dieses Spielgerät so einfach und damit pädagogisch wertvoll ist. Die beste Lösung eben.

"Fritz Brosig - Einblicke in das künstlerische Werk", Ausstellung im Museum der Stadt Grafing, Vernissage am Freitag, 27. Oktober, um 19.30 Uhr, zu sehen bis 4. Februar.

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