Aus dem Gerichtssaal:Schmutzige Dateien

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Ein 62-Jähriger wird wegen Besitz von Kinderpornos zu hoher Geldstrafe verurteilt.

Von Wieland Bögel

Die Dateien trugen Namen wie "Ausziehen2", auf den Fotos und Videos waren kleine Kinder in "sexuell motivierender Pose" zu sehen. So umschrieb die Staatsanwältin einen Fund, den die Polizei im vergangenen Jahr auf den Festplatten eines 62-Jährigen aus dem nördlichen Landkreis machte. Laut Ermittlungen hatte sich der Mann seit mindestens sechs Jahren solche Dateien in großer Zahl aus dem Internet heruntergeladen. Daraufhin verurteilte das Amtsgericht den Mann per Strafbefehl zur Zahlung von 11 700 Euro. Dagegen legte er Einspruch ein, weshalb er sich nun wegen Besitzes von Kinderpornos persönlich vor dem Amtsgericht in Ebersberg verantworten musste.

Auf die Spur gekommen waren die Ermittler dem Mann erst im Sommer des vorigen Jahres. Es waren auch nicht seine Internet-Aktivitäten, die den 62-Jährigen ins Visier der Polizei geraten ließen, sondern sein Verhalten auf der Landesgartenschau in Bamberg im Juni 2012. Damals war der nun Angeklagte auffällig geworden, weil er dort spielende nackte Kleinkinder fotografierte. Im Anschluss wurde seine Wohnung durchsucht, und die Ermittler wurden fündig. Ganze 1065 Bilder und Videos auf drei Datenträgern stellten die Polizisten bei der Durchsuchung bei dem 62-jährigen Beamten sicher. Drei davon beschrieb die Staatsanwältin näher, demnach waren dort nackte Mädchen und Jungen, alle im Alter zwischen sieben und acht Jahren, abgebildet. Die Kinder lagen auf dem Rücken, im Focus der Fotos seien eindeutig die Geschlechtsteile der Kinder gewesen, auf einem davon war sogar nur der Unterleib abgelichtet.

Vor Beginn der Hauptverhandlung zogen sich Richterin Susanne Strubl, die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger des Angeklagten zu einem längeren Rechtsgespräch zurück. In dem nicht öffentlichen Gespräch wurde dem Rechtsanwalt offenbar klar gemacht, dass eine Verurteilung seines Mandanten in jedem Fall zu erwarten sei. Denn im Anschluss daran besprach sich der Angeklagte mit seinem Anwalt, dieser erklärte daraufhin, man werde den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränken, strebe also lediglich eine geringere Strafe an, als im Strafbefehl verhängt worden war.

Der Angeklagte selbst blieb während der Verhandlung sehr schweigsam, er überließ das Reden seinem Anwalt. Dieser erklärte, sein Mandant räume die Vorwürfe in vollem Umfang ein. Er habe sich die bei ihm gefundenen Dateien wissentlich beschafft und werde sich den Folgen seines Verhaltens stellen. Diese gingen im Übrigen über das Urteil des Gerichts hinaus, da der Mann Beamter sei, habe er in jedem Fall auch noch mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen.

Der Advokat verwies aber auch darauf, dass sich sein Mandant bislang nichts zuschulden habe kommen lassen. Er sei nicht vorbestraft, "jetzt hat er erstmals Mist gebaut". Dessen sei sich der Angeklagte auch bewusst. Der Mann sei bemüht, sein Verhalten in den Griff zu bekommen, betonte der Anwalt. Denn der 62-Jährige habe sich Anfang dieses Jahres in ambulante Therapie begeben, zwei Mal in der Woche nehme er auf eigene Kosten daran teil. "Werden Sie die Therapie weiter fortführen?", fragte die Staatsanwältin, der Angeklagte antwortete mit einem "Ja". Die Therapie werde so lange fortgeführt, wie es der Therapeut für nötig erachte, ergänzte der Verteidiger. Er wies zudem darauf hin, dass der Angeklagte im Verlaufe der Ermittlungen und im Verfahren sehr kooperativ gewesen sei. Die Durchsuchung der Wohnung sei mit der Einwilligung des Angeklagten erfolgt, und er sei auch voll geständig: "Ohne das Geständnis wären wir heute wahrscheinlich nicht fertig geworden."

Dies rechnete auch die Staatsanwältin dem Angeklagten an, weshalb man auf eine Freiheitsstrafe verzichten könne. Allerdings müsse man "die erhebliche Anzahl der Bilder und das geringe Alter der Kinder" zulasten des 62-Jährigen werten. Die Staatsanwaltschaft beantragte deshalb eine Strafe von 120 Tagessätzen zu je 80 Euro, also 2100 Euro weniger als im Strafbefehl.

Dem folgte Amtsrichterin Strubl in ihrem Urteil. Auch sie wertete Geständnis und Kooperationsbereitschaft des Angeklagten sowie seine Therapie zu dessen Gunsten. Trotzdem sei nicht nur die Bilder- und Videosuche im Netz, sondern auch das Verhalten des 62-Jährigen auf der Gartenschau, die er extra besucht habe, um dort Kinder zu fotografieren, "menschlich wie moralisch einfach ein absolutes Unding". Auf keinen Fall käme darum eine Strafe unter 90 Tagessätzen, ab welcher man als vorbestraft gilt, in Frage: "Sie sind vielleicht nicht derjenige, der sich tätlich an Kindern vergreift, aber weil es Menschen wie Sie gibt, werden Kinder misshandelt."

© SZ vom 28.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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