Aus dem Ebersberger Amtsgericht:Wut und Blut

Ein Kurierfahrer beleidigt vor der Kreisklinik zwei Sanitäter und muss dafür eine Geldstrafe zahlen

Von Franziska Bohn, Ebersberg

Gegen seine Anklage wegen Beleidigung hat ein Mann aus dem östlichen Landkreis Einspruch beim Ebersberger Amtsgericht eingelegt - und das, obwohl er die Tat offen zugab. Als "Arschloch" und "Sonderarschloch" soll er zwei Notfallsanitäter bezeichnet haben, beziehungsweise als "Oberarschloch", wie der Angeklagte sogleich Richterin Vera Hörauf korrigierte. Vor Gericht stellte er auch klar, dass er zu dem stehe, was er gesagt hat.

Das beeindruckte die Richterin allerdings weniger: "Und das macht es besser?"

Der Angeklagte versuchte deutlich emotional aufgeladen und mit beiden Händen gestikulierend, seine Wut gegen die Sanitäter zu erklären. Als Kurierfahrer sollte er Blut ins Ebersberger Krankenhaus transportieren und parkte - berechtigterweise - vor der zentralen Notaufnahme: "Dazu hat die Klinik mich angewiesen", verdeutlichte er noch einmal. Sofort wurde er von zwei Notfallsanitätern angehalten, die ihm mitteilten, er dürfe hier nicht parken. Als er keine Anstalten machte wegzufahren, drohten die Sanitäter ihm mit der Polizei.

Er stieg trotzdem aus dem Auto und lief mit seinen beiden Blut-Transporttaschen Richtung Eingang. Daraufhin versperrten die Sanitäter ihm den Weg. "Ein Bluttransport ist immer ein Notfall, ich wollte doch nur meinen Job machen", sagte der Angeklagte in Richtung Staatsanwaltschaft. Als die Notfallsanitäter wieder mit der Polizei drohten, sah der Mann keinen anderen Weg, als sie zu beleidigen: "Dann ruf doch die Polizei", gefolgt von einem deftigen Ausdruck. Als sie immer noch nicht aus dem Weg gingen, legte er in seiner Beschimpfung nach. Erst jetzt habe er das Blut in die Klinik bringen können. Als der Kurierfahrer wieder zurückkam, fand er die Polizei neben seinem eingeparkten Auto vor. Sein im Anschluss folgender Bluttransport in eine andere Klinik kam deshalb mit erheblicher Verspätung an.

Richterin Hörauf zeigte sich von der Schilderung jedoch unbeeindruckt und vermisste bis zum Schluss die Rechtfertigung der Beleidigungen. Der Angeklagte sah das aber anders und fragte: "Was hätte ich tun sollen, ihn niederschlagen?" Diese Aussage bestürzte die Richterin: "Meinen Sie das ernst? Haben Sie auch etwas anderes im Sinn als Straftaten?" Denn davon hat der Mann schon eine ganze Menge auf dem Kerbholz: von Diebstahl, über sexuelle Nötigung bis Gefangenen-Meuterei.

Schließlich schlug die Richterin dem Angeklagten vor, das nächste Mal die Klinikleitung zu verständigen oder selbst die Polizei zu rufen. Nur weil jemand etwas falsch mache, heiße das nicht, dass man ihn beleidigen dürfe. "Ich wollte nur meine Arbeit machen, ich wollte keinen Ärger provozieren", beteuerte der Mann. Hörauf sagte allerdings, sie habe den Eindruck, er empfinde sein Verhalten als normal. Andere könnten nicht schuld sein, dass man eine Straftat begehe. Die Chancen freigesprochen zu werden, stünden sehr schlecht, machte die Richterin deutlich. Deshalb zog der Angeklagte seinen Einspruch kurz vor der Urteilsverkündung zurück. Verurteilt wurde der Mann schließlich zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 Euro. "Dann möchte ich Sie nicht noch einmal hier sitzen sehen", beendete die Richterin die Sitzung und sah ihm dabei streng in die Augen. "Ich bin schon alt und froh, dass diese Zeiten vorbei sind", entgegnete der Angeklagte.

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