Aus dem Amtsgericht:Krimineller Schlafplatz

19-Jähriger steht wegen Einbruchs ins Schlachter Feuerwehrhaus vor Gericht

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Schneller als die Polizei war ein junger Mann, der sich eigentlich vor dem Schöffengericht wegen Drogenvergehen und Diebstahl verantworten sollte. Alle Beteiligten hatten sich bereits auf einen langen Verhandlungstag eingestellt, doch wer nicht kam, war der Angeklagte. Als dieser eine Viertelstunde nachdem der Prozess eigentlich eröffnet werden sollte, immer noch nicht aufgetaucht war, versuchte es Richterin Vera Hörauf mit einem ungewöhnlichen Fahrdienst: Sie schickte eine Streife der Polizei zum Wohnort des jungen Mannes im westlichen Landkreis, um ihn sicher auf die Anklagebank zu geleiten. Indes, antreffen konnten die Beamten den Angeklagten nicht. Dieser sei, laut seinem Bruder, schon seit einigen Tagen abgängig, so übermittelten es die Beamten dem Gericht, genau wie den Verdacht, dass dies wohl nicht stimme, denn es gebe Anzeichen, dass der Vermisste in seiner Wohnung übernachtet habe. Dies wird er dann in den kommenden Wochen allerdings anderswo tun. Denn damit der junge Mann, der für die Justiz kein Unbekannter ist, bei seinem nächsten Prozess auch wirklich erscheint, erließ die Richterin Haftbefehl.

Verhandelt wurde aber schließlich doch noch, und zwar gegen den Mitangeklagten des Flüchtigen, einen 19-Jährigen aus München. Die beiden sollen vor zwei Jahren ins Haus der Freiwilligen Feuerwehr Schlacht bei Glonn eingebrochen sein. Dabei, so die Anklage hätten sie eine Geldkassette mit rund 300 Euro entwendet, etwa genauso hoch ist der angerichtete Schaden, die beiden hatten eine Scheibe eingeschlagen, um ins Feuerwehrhaus zu gelangen.

Der 19-Jährige hatte die Vorwürfe bei der Jugendgerichtshilfe bereits eingeräumt, vor Gericht wollte er zunächst aber "lieber nichts dazu sagen". Auf den Hinweis der Richterin, dass ein Geständnis immer zugunsten des Angeklagten gewertet wird, änderte der seine Meinung: "Dann gestehe ich." Allerdings nur das Eindringen ins Feuerwehrhaus, er habe weder die Scheibe eingeschlagen noch die Geldkassette geklaut. Eingebrochen habe sein Kompagnon, der habe sich auch das Geld genommen, "und fand es ganz toll, dass er es gefunden hat". Einen Anteil an der Beute habe er nicht erhalten, beteuerte der 19-Jährige. Er sei, als sein Freund ins Feuerwehrhaus einbrach, einfach so mitgegangen, so der 19-Jährige, "ich wollte eigentlich nur irgendwo schlafen". Zum Schlafen kam er in der betreffenden Nacht dann in einer Umkleide im Glonner Vereinsheim, da wurden die beiden dann am nächsten Morgen aufgegriffen.

Laut Sven Kautz von der Jugendgerichtshilfe machte der damals 17-jährige Angeklagte eine schwere Zeit durch. Nach der Trennung der Eltern sei er mit 15 Jahren von der Mutter vor die Tür gesetzt worden, eine Lehre zum Kfz-Mechatroniker habe er abgebrochen. In der Zeit sei er bei Freunden und Bekannten sowie in verschiedenen Wohngruppen untergekommen. Eine davon lag im südlichen Landkreis und von dort aus war der junge Mann auch zu dem Einbruch ins Schlachter Feuerwehrhaus aufgebrochen. Inzwischen habe sich der 19-Jährige aber sehr gebessert, derzeit mache er eine Fortbildung beim "Munich Art Lab", eine Einrichtung, die sozial benachteiligte Jugendliche für Kulturberufe fit macht. Sein Ziel sei es, sich zum Tontechniker ausbilden zu lassen.

Kautz empfahl dem Gericht eine Strafe von vier Tagen Sozialarbeit bei der Brücke in München zu verhängen und davon abzusehen, dem Angeklagten die Gerichtskosten aufzuerlegen, da er über kein Einkommen verfüge. Diesem Vorschlag schloss sich das Gericht an. Der Angeklagte sei bei dem Einbruch "eher so mitgegangen", sagte Richterin Hörauf, und habe sich seitdem nichts mehr zuschulden kommen lassen. Der 19-Jährige und die Staatsanwaltschaft nahmen das Urteil an.

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