Aus dem Amtsgericht:75.000 Euro im Altenheim unterschlagen

Aus dem Amtsgericht: Auf einigen Quittungen sind sogar die Namen der angeblichen Unterzeichner falsch geschrieben.

Auf einigen Quittungen sind sogar die Namen der angeblichen Unterzeichner falsch geschrieben.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Passiert ist das Ganze in einer Einrichtung im südlichen Landkreis Ebersberg. Verantworten muss sich nun die ehemalige Buchhalterin.

Von Viviane Rückner, Ebersberg

Einem Fall von kreativer Buchführung versucht derzeit das Ebersberger Amtsgericht auf den Grund zu gehen. In einem Alten- und Pflegeheim im südlichen Landkreis wurden offenbar über einen längeren Zeitraum systematisch Rückzahlungen an die Angehörigen verstorbener Angehöriger unterschlagen. Schon kurz nachdem die Innenrevision des Trägers die Vorfälle im Jahr 2013 aufgedeckt hatte, geriet die ehemalige Finanzbuchhalterin des Heims unter Verdacht. Die Mitarbeiterin, die zu einer anderen Einrichtung des Trägers gewechselt war, erhielt einen Auflösungsvertrag, und muss sich nun, drei Jahre später, vor Gericht verantworten.

Zwischen 2010 und 2013 war die Angeklagte Buchhalterin in der Einrichtung. Als sie das Altenheim verließ, um in einer anderen Einrichtung des Trägers zu arbeiten, fielen ihrer Nachfolgerin die Unstimmigkeiten auf. Die Angeklagte soll die eigentlich den Angehörigen verstorbener Heimbewohner zustehenden Beträge erst auf ein Bankkonto des Altenheims eingezahlt haben. Wenn sich die Angehörigen nach einer gewissen Zeit nicht meldeten, habe die Angeklagte das Geld in bar an sich selbst ausgezahlt, so der Vorwurf. Außerdem soll sie einigen Heimbewohnern das ihnen zustehende Taschengeld nicht ausgezahlt haben.

Nachdem einige Angehörige bei der neuen Buchhalterin nach den fehlenden Beträgen fragten, kam heraus, dass außerdem auf einigen von der Angeklagten ausgefüllten Quittungen zur Bestätigung der Auszahlung gefälschte Unterschriften standen. Insgesamt ging es um eine Summe von etwa 75 000 Euro. Dass in dem Heim Geld hinterzogen wurde, ist eindeutig, weniger eindeutig ist allerdings, wer sich aus der Kasse bediente. Viele Indizien deuten auf die Angeklagte hin, aber vielleicht war sie tatsächlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Sehr ruhig und bestimmt bestand sie auf ihrer Unschuld.

Nach Verlesung der Anklageschrift wurde der ehemaligen Buchhalterin zunächst die Gelegenheit für ein Geständnis gegeben. Im Gegenzug stellte das Gericht eine Haftstrafe von unter zwei Jahren und damit eine Chance auf Bewährung in Aussicht. "Wenn Sie einen Schritt in die richtige Richtung machen wollen, dann möglichst früh", empfahl der Vorsitzende Richter Markus Nikol. "Nach den Zeugenaussagen wird Ihnen ein Geständnis nicht mehr viel helfen."

"97 Prozent der Anschuldigungen sind nicht gerechtfertigt"

Doch die 66-Jährige entschied sich ausdrücklich dagegen, 97 Prozent der Anschuldigungen seien nicht gerechtfertigt. Was denn mit den restlichen drei Prozent sei, fragte der Richter - darauf blieb sie eine Antwort schuldig. "Ich kann mich nicht wehren", erklärte die ehemalige Buchhalterin. Wie es zu den Unregelmäßigkeiten gekommen sei, könne sie auch nicht erklären. Ganz sicher habe sie aber keine Unterschriften gefälscht. Es sei allerdings schon sehr schwer erklärbar, sagte der Vorsitzende, wie eine Unterschrift nicht gefälscht sein soll, wenn sogar der Name des angeblichen Unterzeichners falsch geschrieben wurde. Aber auch dies ist nur ein Indiz, denn dass es die Angeklagte war, die die Unterschriften fälschte, lässt sich damit nicht beweisen.

Die 66-Jährige habe durch die Anschuldigungen sehr gelitten, erklärte der Sachverständige, der ihre Verhandlungsfähigkeit überprüfte. So habe sich das Verhältnis der Angeklagten zu ihrer Familie sowie ihr Gesundheitszustand in den vergangenen Jahren stark verschlechtert. Auch wurde festgestellt, dass die 66-Jährige einen Lebensstil führt, der ihrem Einkommen angemessen ist.

Ihre Nachfolgerin als Buchhalterin nahm bei ihrer Aussage die Angeklagte in Schutz. "Ich konnte gar nicht glauben, dass sie das getan haben soll", sagte sie. Sie hätten sich immer gut verstanden und ihre Vorgängerin habe sich auch nie auffällig verhalten. Allerdings seien, kurz nachdem die ehemalige Buchhalterin nach ihrem Jobwechsel ihren Schlüssel für die Einrichtung abgegeben hatte, dort plötzlich Briefumschläge mit dem vermissten Geld aufgefunden worden.

In den kommenden Verhandlungstagen will das Gericht weitere Zeugen zur Sache hören. Vielleicht ergibt sich durch diese Aussagen ein klareres Bild von den Vorgängen in der Buchhaltung des Altenheims. Der Prozess wird an diesem Montag fortgesetzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: