Aßling:Glaube und Politik

KFD Aßling

62 Jahre Lebenserfahrung trennen Annemarie Meier und Katharina Kirner aus Aßling. In der Katholischen Frauengemeinschaft haben sie aber einen Verein gefunden, der ihre Interessen eint.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Katholische Frauengemeinschaft Aßling feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Höchste Zeit für ein Gespräch zwischen Annemarie Meier, 94, und Katharina Kirner, 32, über Wandel und Herausforderung

Von Konstantin Schätz, Aßling

Wer bei der Katholischen Frauengemeinschaft an eine Handvoll streng religiöser Frauen denken sollte, die sich alle heiligen Zeiten für ein Gebet treffen, irrt. Denn weder lässt sich bei einem Verein mit 243 Mitgliedern von "einer Handvoll Frauen" sprechen, noch lässt sich das Organisieren von Pilateskursen, Weiberfasching oder einem Kabarettauftritt klassisch als "beten" bezeichnen. In diesem Jahr feiert der Ortsverein der katholischen Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) in Aßling 100 jähriges Jubiläum. Ein günstiger Zeitpunkt, um einen Blick in die Vergangenheit des Vereins zu werfen.

Bei Kaffee und Kuchen trafen sich die 94 jährige Annemarie Meier, das älteste Mitglied der katholischen Frauengemeinschaft und Katharina Kirner, die mit ihren 32 Jahren eines der jüngsten Mitglieder der kfd ist. Zusammen mit Theresia Eben, der Vorsitzenden des Vereins und Hiltrud Braun, Mitglied im Leitungsteam, rollten sie die Geschichte auf und konnten dabei die ein oder andere Veränderung seit der Gründung im Jahr 1917 feststellen.

Seit mittlerweile 75 Jahren ist Annemarie Meier Mitglied in der Kfd Aßling - damals hieß der Verein noch "christlicher Frauen- und Mütterverein", bei dem sie von ihrer Mutter angemeldet wurde. "Das war 1942. Unmittelbar nach der Geburt meiner Tochter", erinnert sich die 94-Jährige. "Dem Mütterverein war es einfach wichtig, einen Namen zu haben und dass er aus gescheiten Mitgliedern bestand." Lustige Veranstaltungen oder Tagesausflüge hätte es damals nicht gegeben. "Es ging den Frauen einfach darum, dabei zu sein. Theaterstücke und dergleichen hat es eher bei der Jungfrauenkongregation gegeben."

Sowohl das "Werben um neue Mitglieder" als auch die "Tätigkeiten des Vereins" seien heute anders, erklärt Theresia Eben: "Das hat sich einfach geändert. Früher wurden auch die jüngeren Mädchen von den Kassiererinnen angesprochen, die den Mitgliedsbeitrag der Mütter eingesammelt haben. Das gibt es heute nicht mehr." Vielmehr würden die Frauen heute durch die Angebote und Veranstaltungen auf den Verein aufmerksam werden. Das bestätigt auch Katharina Kirner, die über einen von der kfd angebotenen Pilates-Kurs zu dem Verein gekommen ist.

Wie viele Veranstaltungen und Angebote es gibt, sei immer davon abhängig, wie gut sich das amtierende Leitungsteam versteht. "Wir müssen uns zur Zeit ein bisschen bremsen mit unseren Vorhaben", sagt Hiltrud Braun. Eines dieser Angebote ist beispielsweise die integrative Nähwerkstatt. Ein Projekt, das im Januar 2016 gestartet wurde, um zur Integration von Flüchtlingen beizutragen. Neben dieser Initiative, die jeden Montag im Pfarrzentrum in Aßling stattfindet, organisiert der Vorstand mindestens eine Veranstaltung im Monat. Meistens eher mehr. Die Veranstaltungen sind dabei völlig unterschiedlicher Natur und reichen von Tagesausflügen über traditionell bedingte Gebetstage bis hin zum Weiberfasching. Religiöse Veranstaltungen stellen nur einen Teil des kfd-Programms dar.

Dass der Glaube nicht mehr der mit Abstand wichtigste Aspekt im Verein ist, hat sich allerdings erst im Laufe der Zeit geändert. Mittlerweile würden sich auch einige Frauen evangelischer Konfession in der "katholischen" Frauengemeinschaft befinden. "Das hätte es noch vor 50 Jahren nicht gegeben", sagt Annemarie Meier lachend und erinnert sich, dass der Glaube damals "im Mittelpunkt" stand. So diente die Gründung des Vereins unter anderem als Gemeinschaft, um für die gesunde Rückkehr der Ehemänner und Söhne zu beten, die zu dieser Zeit im ersten Weltkrieg kämpften.

Auch die Autonomie der Frauen habe sich erst im Laufe der Zeit in dem Verein eingestellt. So übernahm Pfarrer Balthasar Schuler, der den Christlichen Frauen- und Mütterverein gründete, zu Beginn selbst lange die Rolle als Schriftführer und Kassierer. Erst nach einigen Jahren wurde die komplette Verwaltung und Organisation den Mitgliedern überlassen. "Das war halt damals so. Hintenrum durften Frauen mitreden. Aber öffentlich hatten sie nichts zu sagen", stellt die 94-Jährige fest.

Ein ganz anderer Aspekt, der heute für jüngere Mitglieder eine zunehmende Rolle spielt, ist die Politik, wie Katharina Kirner erklärt. "Politische Einflussnahme und die Begeisterung an dem, was passiert, ist für viele jüngere Mitglieder auch ein Grund, weshalb sie dabei sind." Diese Einflussnahme würde über den Bundesvorstand der kfd laufen: "Durch die Mitgliedschaft unterstützt man den Bundesverband. Dieser nimmt mithilfe von Beratern Einfluss auf die Politik", erläutert Hiltrud Braun. "Die Politiker schreiben es sich dann natürlich auf die eigene Fahne, obwohl der ein oder andere Verdienst auf die kfd-Berater zurückzuführen ist", ergänzt sie.

100 Jahre Veränderung liegen nun hinter dem Verein, der dieses Jubiläum mit verschiedenen Veranstaltungen feiern will. Eines davon findet an diesem Freitag im Gemeindesaal in Aßling statt: Der Auftritt des musikalischen Frauenkabaretts Die Avantgardinen, bei denen Männer nicht nur geduldet, sondern sogar erwünscht sind. So zumindest steht es auf dem Flyer der katholischen Frauengemeinschaft in Aßling.

Die Avantgardinen - das musikalische Frauenkabarett - am Freitag den 23.06 im Gemeindesaal Aßling. 18 Euro für kfd-Mitglieder, 20 Euro für Nichtmitglieder.

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