Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarkt:Immer mehr Stellen im Kreis Ebersberg

In den zehn Jahren vor Corona hat sich der Arbeitsmarkt im Landkreis Ebersberg sehr positiv entwickelt. Doch die Experten warnen.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Im Landkreis Ebersberg wächst die Zahl der Jobs schneller als die der Einwohner. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München. Untersucht wurden die Jahre 2009 bis 2019, die Folgen der Corona-Krise sind also noch nicht im Detail erfasst. Die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen bis einschließlich Anfang dieses Jahres stimmt die Statistiker aber verhalten optimistisch.

Die Einwohnerzahl wächst - die Zahl der Jobs noch mehr

Zum Jahresende 2019 gab es im Landkreis Ebersberg genau 41 632 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Die Zahl bezieht sich auf den Arbeits- und nicht auf den Wohnort. Personen, die in Ebersberg leben und anderswo ihren Job ausüben, sind also nicht erfasst. Im Zehn-Jahres-Vergleich arbeiten im Landkreis damit knapp 10 000 Personen mehr in einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Zum Vergleich: Die Einwohnerzahl nahm zwischen 2009 und 2019 zwar ebenfalls deutlich zu, die Statistiker ermitteln hier ein Saldo von knapp 15 400. Allerdings bei einer Gesamtbevölkerung von 143 649 zum Jahresende 2019.

Prozentual gesehen ist das Wachstum bei den Arbeitsstellen damit mehr als doppelt so hoch, wie jenes der Einwohnerzahl. Diese nahm zwischen 2009 und 2019 um gut 12,3 Prozent zu, bei den Jobs beträgt die Zuwachsrate im selben Zeitraum 30 Prozent. Was zwar viel klingt, im regionalen Vergleich aber unterdurchschnittlich ist. So ermittelten die Statistiker für den Zeitraum 2009 bis 2019 in allen Umlandkreisen eine Zunahme sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze von knapp 35 Prozent. Spitzenreiter ist der Landkreis Erding, wo es sogar 61 Prozent mehr Jobs gib, Schlusslicht ist Freising mit einem Plus von rund 16 Prozent. Allerdings ist der sogenannte Arbeitsplatzbesatz im Landkreis Freising deutlich höher als in Ebersberg. Dieser Wert sagt aus, wie das Verhältnis zwischen den im Landkreis wohnenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und den dort angebotenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen ist. In Freising beträgt er genau eins, in Ebersberg dagegen nur 0,67. Auf 100 regulär beschäftigte Ebersberger kommen also nur 67 reguläre Jobs im Landkreis. Geringer ist dieser Wert nur noch in Dachau mit 0,62 und in Fürstenfeldbruck mit 0,58. Deutlich mehr Jobs als Berufstätige gibt es im Landkreis München mit einem Arbeitsplatzbesatz von 1,67. Der Durchschnittswert für die Region beträgt hier 1,16, für die Umlandkreise liegt er bei 0,98.

Andere Landkreise bieten mehr Arbeitsplätze

Auch bei der Zahl der verfügbaren Arbeitsplätze pro 1000 Einwohner hat der Landkreis Ebersberg noch Nachholbedarf. Für die Region München ergibt sich hier ein Durchschnittswert von 512, das sind 84 mehr als zehn Jahre zuvor. Bayernweit standen Ende 2019 pro 1000 Einwohner 435 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zur Verfügung, auch hier gab es einen Zuwachs, 360 waren es 2009. Gestiegen ist der Wert auch im Landkreis Ebersberg, Ende 2019 lag er bei 290 und damit um 40 höher als zehn Jahre zuvor. Dennoch bleiben bei der Arbeitsplatzdichte nur noch die Landkreise Dachau mit 282 und Fürstenfeldbruck mit 239 hinter den Ebersbergern zurück. Deutlich vorne liegen Stadt und Landkreis München mit 604 beziehungsweise 687 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen pro 1000 Einwohner.

Bei der Wertschöpfung sind die Ebersberger Mittelmaß

Auch bei der Wertschöpfung sind die Ebersberger laut Statistik eher Mittelmaß. Für 2018 - aktuellere Daten liegen noch nicht vor - trug jeder Erwerbstätige im Landkreis rund 80 000 Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das entspricht in etwa dem Landesschnitt. In der Region liegt der Betrag indes mit 100 000 Euro deutlich höher, rund 95 000 Euro beträgt der Durchschnitt für die Umlandkreise. Die allerdings sämtlich in etwa auf dem Niveau von Ebersberg rangieren, in Erding sind es knapp 70 000 Euro, in Starnberg 85 000. Mit einer Ausnahme allerdings: Der Landkreis München kommt auf einen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigem von knapp 130 000 Euro. Auf den zweiten Platz in der Region kommt die Landeshauptstadt, wenn auch mit deutlichem Abstand, hier liegt der Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt bei rund 105 000 Euro pro Erwerbstätigem.

Ein Grund für die hohe Wertschöpfung könnte sein, dass in Stadt und Landkreis München der Dienstleistungssektor deutlich größer ist, als in der restlichen Region. In der Landeshauptstadt sind 66,3 Prozent aller Jobs in diesem Bereich angesiedelt, im Landkreis 55,5. In Ebersberg sind es gerade einmal 39,8, das ist der drittniedrigste Wert in der Region, nur in Landsberg am Lech sind es mit 39,6 und in Freising mit 31,7 Prozent noch weniger. Allerdings steigt Ebersberg um einen Platz in der Rangliste, seit 2009 ist der Anteil der Dienstleistungen um 1,1 Prozentpunkte gewachsen. Der regionale Durchschnitt liegt hier bei 58,5 Prozent, der bayernweite bei 45,3.

Handel und Verkehr spielen eine wichtige Rolle

Kaum geändert hat sich der Anteil der Arbeitsplätze in den Bereichen Handel und Verkehr, 36,8 Prozent waren es 2019, nur ein halber Prozentpunkt mehr, als zehn Jahre zuvor. Trotzdem reicht es in diesem Segment für Platz zwei in der Regionalstatistik, nur in Freising gibt es mit 48,3 Prozent einen höheren Anteil. Am niedrigsten ist er mit 19 beziehungsweise 18 Prozent in Starnberg und in der Landeshauptstadt. Der regionale Durchschnitt beträgt 22,5 und der für Bayern 21,6 Prozent.

Das letzte knappe Viertel der Arbeitsplätze entfällt auf den Bereich produzierendes Gewerbe. Damit liegt der Landkreis Ebersberg ein Stück über dem regionalen Schnitt von 18,8 Prozent aber deutlich unter dem in Bayern mit 32,5 Prozent. Am niedrigsten ist der Anteil in der Landeshauptstadt mit etwa einem Sechstel, am höchsten in Landsberg am Lech, wo das produzierende Gewerbe ein Drittel der Arbeitsplätze stellt.

Der Durchschnittsebersberger verdient 27 500 Euro im Jahr

Neben der Zahl der Arbeitsplätze ist auch das verfügbare Einkommen in der Region und im Landkreis Ebersberg weiter gestiegen. So verdiente der durchschnittliche Bewohner der Region München 2008 noch knapp 24 800 Euro, zehn Jahre darauf waren es schon rund 30 300. Der Durchschnittsbayer kam im selben Jahr nur auf rund 25 200 Euro, in Oberbayern war es mit 28 300 etwas mehr. Der Landkreis Ebersberg liegt mit 27 500 Euro ziemlich genau auf dem Durchschnittswert der Umlandkreise. Am wenigsten verdienten im Durchschnitt die Freisinger mit rund 24 500 Euro, am meisten die Starnberger mit knapp 35 000 Euro. In der Landeshauptstadt waren es rund 32 500 Euro.

Dass Corona hier wohl einige Einbußen gebracht hat, darin sind sich die Statistiker sicher. Laut statistischem Landesamt hat die Krise die seit 2003 anhaltende Anstieg der Erwerbstätigkeit in Bayern beendet. Allerdings verweisen die Experten auch darauf, dass es vor allem durch Kurzarbeit gelungen sei, Arbeitsplätze zu erhalten und Kündigungen zu vermeiden. Die Zahlen für den Landkreis Ebersberg scheinen dies auch zu bestätigen: Zwar liegt die Durchschnittsquote 2020 mit 2,4 Prozent deutlich über dem Wert von 2019, wo ein Mittelwert von 1,8 Prozent errechnet wurde. Allerdings bleibt die Quote relativ stabil, aktuell liegt sie bei 2,4 Prozent, das sind immerhin 0,5 Prozentpunkte weniger, als zu Jahresbeginn.

Gleichzeitig nimmt die Zahl der Kurzarbeiter ebenfalls ab. Einen Höhepunkt gab es hier im April und Mai vorigen Jahres, als 24,4 beziehungsweise 22,4 aller im Landkreis arbeitenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Kurzarbeit waren. Seitdem ist dieser Anteil stets gesunken auf nur noch knapp 6,5 Prozent im September.

Die Experten weisen aber darauf hin, dass hier eben nur sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze erfasst sind und nicht sämtliche Erwerbstätige. Bezieht man auch Selbständige, im Betrieb mithelfende Familienangehörige, geringfügig Beschäftigte, Beamte mit in die Statistik ein, zeige sich bayernweit ein Rückgang der Stellen um ein Prozent.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2021/koei
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