Arbeitserleichterung für Pflegepersonal:Unabhängig und trotzdem sicher

Arbeitserleichterung für Pflegepersonal: Isabella Mauckner, Sozialdienstleiterin im Kirchseeoner Seniorenheim, erklärt das System, das Demenzkranken mehr Freiheit gibt.

Isabella Mauckner, Sozialdienstleiterin im Kirchseeoner Seniorenheim, erklärt das System, das Demenzkranken mehr Freiheit gibt.

(Foto: Christian Endt)

Um demenzkranken Bewohnern mehr Freiheit zu bieten, hat sich das Seniorenzentrum Kirchseeon für ein Transpondersystem entschieden. Finanziert wurde das Projekt über die "Glücksspirale"

Von Sandra Langmann, Kirchseeon

Es sieht unspektakulär aus, erleichtert die Arbeit des Pflegepersonals und der Betreuer des Seniorenzentrums in Kirchseeon aber ungemein und verbessert darüber hinaus die Situation vieler Bewohner: Seit einigen Monaten kommt dort ein Transpondersystem für Demenzkranke zum Einsatz. Die Zahl der Betroffenen steigt stetig, weshalb es für die Betreuer immer schwieriger wird, die Demenzkranken im Auge zu behalten. Lydia Wörlein, Einrichtungsleiterin des Seniorenzentrums Kirchseeon, hielt daher ein Desorientierten-Fürsorge-System (DFS) für die beste Lösung.

Vor allem am Anfang, wenn demente Senioren ins Zentrum gebracht werden, wissen sie meist nicht, wo sie sich befinden. "Es besteht aber kein Weglaufdrang", so Wörlein, die viel Verständnis für die Bewohner aufbringt. Oft wollten sie nur spazieren gehen und verließen daher das Areal. Wenn deswegen aber dann Panik ausbreche, würden auch die anderen Senioren in Unruhe versetzt. Das Transpondersystem kommt daher nicht nur den Betroffenen, sondern auch allen anderen Bewohnern des Seniorenzentrums zugute.

Mit dem DFS würden demenzkranke Personen in ihrem Alltag nicht eingeschränkt, denn das System sei so gut wie unsichtbar, sagt Pflegedienstleiter Werner Benningsfeld. Das DFS besteht aus drei Bestandteilen, wie Helmuth Fischer, tätig im technischen Vertrieb der Firma Minos, die das System anfertigt, erklärt. Ein Sender wird mit einem Klettverschluss am Fußgelenk des Demenzpatienten angebracht. Der Patient bemerke dies meist gar nicht und somit gingen damit keine Einschränkungen einher. Da sich in dem Sender keine Batterie befindet, handelt sich um einen passiven Transponder. Somit fallen Anschaffung und Wartung günstiger aus, erklärt Fischer.

Außerdem wurden Bodenantennen unter den Türen, die nicht verlassen werden sollen, angebracht, sie sind unsichtbar. Nur ein kleiner Kasten, der neben der Tür hängt, erinnert an das DFS. Als dritter Bestandteil ist noch die Elektronik zu erwähnen, die den Vorgang regelt.

Und so funktioniert das Transpondersystem: Wenn eine Person, die den Sender trägt, den gesicherten Bereich des Heimes verlässt, wird unmittelbar ein Signal an die Telefone des Pflegepersonals gesendet. Die Betreuer bekommen einen Klartext und einen Anruf mit der Nachricht, dass beispielsweise Herr Maier den Haupteingang durchquert hat. Derjenige, der den Anruf zuerst angenommen hat, muss diesen bestätigen und sich um die Angelegenheit kümmern. "Das funktioniert wirklich hervorragend", freut sich Isabella Mauckner, Sozialdienstleiterin des Seniorenzentrums. Einmal kurz nicht aufgepasst - und schon könnte jemand das Gebäude oder den Garten verlassen haben. Doch nun bekomme man einen Anruf und die Person könne in aller Ruhe zurückgeholt werden.

20 Transponder-Bänder sind in Besitz des Seniorenzentrums, derzeit sind drei in Verwendung. Wehrt sich ein Bewohner gegen das Tragen des Bandes, wird dieses auch nicht angebracht. Es gibt auch Systeme, bei denen Türen automatisch schließen, sobald sich ein Transponder nähert. Dafür wäre allerdings eine gerichtliche Anordnung nötig. Die Einrichtungsleitung hat sich bewusst gegen eine solche freiheitsentziehende Maßnahmeentschieden. Zudem sei es für den Demenzkranken um einiges schonender, wenn er höflich gebeten werde, in das Zentrum zurückzukehren, anstatt vor einer plötzlich verschlossenen Türe zu stehen. Insgesamt wurden in der Kirchseeoner Einrichtung acht Ausgänge gesichert, drei davon im Gartenbereich. So können sich die dementen Bewohner nun auch jederzeit draußen aufhalten.

Für das System entstanden Gesamtkosten in Höhe von knapp 60 000 Euro. Daher entschloss sich Wörlein, einen Antrag bei der "Glücksspirale" zu stellen, einer Lotterie, die soziale Projekte fördert. Die Bewilligung erhielten die Kirchseeoner im Mai 2016. Alle Kosten wurden übernommen, so dass das DFS im November in Betrieb genommen werden konnte. Dank der neuen Technik kann das Seniorenzentrum Kirchseeon nun seine Ausrichtung ändern und sich vor allem auf die Behandlung und Betreuung von demenziell Erkrankten spezialisieren. Denn erst jetzt sei es möglich, dementen Menschen einen möglichst großen und vor allem sicheren Freiraum zu schaffen, ist Wörlein überzeugt.

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