Arbeitnehmerfreizügigkeit für Rumänen und Bulgaren:Entwarnung von der Arbeitsagentur

Trotz der neuen Regelungen erwarten die Behörden nur wenig neue Einwanderer aus den beiden osteuropäischen Ländern. Die Ausländerhilfe hofft auf bessere Bedingungen für die Neuankömmlinge.

Von Isabel Meixner

Behörden und Sozialverbände rechnen nicht damit, dass in den kommenden Monaten verstärkt Rumänen und Bulgaren in den Landkreis kommen. Seit dem Jahreswechsel gilt für Bürger dieser Länder die Arbeitnehmerfreizügigkeit, sie dürfen somit - im Gegensatz zu den bisherigen Regelungen - ohne Arbeitsgenehmigung in Deutschland einen Job annehmen. Die CSU warnt davor, dass arme Menschen aus den beiden osteuropäischen Staaten einreisen könnten, um gezielt das Sozialsystem auszunutzen. Christine Schöps, Pressesprecherin der für den Landkreis zuständigen Agentur für Arbeit in Freising, rechnet zwar mit einem leichten Anstieg von Bewerbern in den Landkreisen rund um München, teilt die Befürchtung der CSU aber nicht: "Bis jetzt haben wir noch nicht die großen Anfragen. Wir erwarten keinen großen Run."

Laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung könnte die Zahl der Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien von 90 000 Menschen (Zahl aus 2011) auf 100 000 bis 180 000 Menschen in diesem Jahr steigen. Das sei schwierig zu prognostizieren und hänge auch von der wirtschaftlichen Entwicklung in Ländern wie Spanien oder Portugal ab, die generell als Ziel vieler Auswanderer aus Rumänien und Bulgarien gelten, sagt Schöps. Hermann Schmidbartl, Leiter des Jobcenters Ebersberg, glaubt, der Landkreis könne vom Zuzug rumänischer und bulgarischer Arbeitskräfte durchaus profitieren. Als im Mai 2011 die unbeschränkte Freizügigkeit auch für Arbeitnehmer aus Polen, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Ungarn und dem Baltikum galt, seien viele gut Qualifizierte und Selbständige nach Deutschland gekommen, sagt er.

18 Rumänen und fünf Bulgaren sind im Landkreis Ebersberg derzeit arbeitslos gemeldet, von 1783 Menschen, die im Dezember ohne Job waren. Hinzu kommen "eine Handvoll", die das Ebersberger Jobcenter nach Schätzungen Schmidbartls betreut und die keinerlei Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, also Hartz IV beziehen. Schmidbartl hält es für "nicht unwahrscheinlich", dass die Zahl derjenigen steigt, die von seiner Behörde Grundsicherung beziehen, nennt es aber "Kaffeesatzleserei", über die Höhe und die Beweggründe der Einzelnen zu spekulieren. Zumal er der Meinung ist: "Jemand, der aus Armut nach Deutschland kommt, zieht nicht hierher." Die Mieten in München und Umgebung seien hoch und für Einwanderer mit wenig Geld nicht erschwinglich.

Arbeitsagentur-Sprecherin Christine Schöps hält den ländlichen Raum generell für wenig attraktiv für Zuzügler. In größeren Städten hätten Migranten bessere Arbeitschancen und in manchen Fällen auch Angehörige. Schöps sieht einen Bedarf auch an weniger qualifizierten Arbeitern vor allem in der Logistik und im Pflegebereich. Damit Einwanderer am Arbeitsmarkt Fuß fassen, sei es wichtig, dass sie Deutsch lernen und ihren Berufsabschluss anerkennen lassen. Das sei nicht immer einfach, aber die Agentur für Arbeit helfe bei Fragen.

Anna-Dorothea Cohrs, die für die Ausländerhilfe in Ebersberg tätig ist, findet die aktuelle Debatte um Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien "unerträglich". Die Debatte suggeriere, dass nur arme Menschen nach Deutschland kämen und das Sozialsystem ausnutzen wollen, aber "es gibt auch Hochqualifizierte, die hier arbeiten wollen".

Die Sozialpädagogin hat in ihrer täglichen Arbeit erlebt, welche Probleme die bisher beschränkte Freizügigkeit für die Menschen mit sich brachte: Manche verdingten sich als Tagelöhner und hätten kein Obdach, keine Krankenversicherung, kaum Geld. Das, glaubt Anna-Dorothea Cohrs, werde sich zum Positiven verändern: "Ich hoffe, dass die Ausbeutung jetzt weniger wird."

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