Süddeutsche Zeitung

Anzinger Weinbeisser:Schlagfertig, schlau, poetisch

Bei seinem Gastspiel sucht der Kabarettist Josef Brustmann mit Liedern, Spottversen und einem charmantem Versprecher die Nähe zum Publikum

Von Konstantin Schätz, Anzing

Wenn man den Kabarettisten Josef Brustmann fragt, ob er sein Programm lieber in der gemütlichen Atmosphäre einer kleinen Gruppe vorstellt oder auf einer großen Bühne vor vielen Leuten, antwortet dieser lächelnd: "Auf großen Bühnen natürlich, da bekommt man mehr Geld." Schlagfertig und frech. Eben ganz in seinem Stil.

Eine große Bühne kann der "Weinbeisser" in Anzing zwar nicht bieten. Aber genau das macht die Stimmung des Abends aus. Rund 50 Besucher hören zu, als der schwarz gekleidete Kabarettist und Musiker vergangenen Mittwoch sein Solo "Fuchstreff" vorstellt. Ausgerüstet mit Gitarre, Harmonika, Glockenspiel und einer Zither auf einem wackligen Tisch - den Brustmann kurzerhand "Zittertisch" tauft - begeistert er die Gäste. "Die Nähe zum Publikum hat einfach Charme", sagt er nach seinem Auftritt.

Diese Nähe zum Publikum entsteht aber nicht nur durch die Atmosphäre in der sympathischen Location, sondern vor allem auch durch die Abwechslung in seinem Programm. Denn neben dem üblichen Kabarett schafft er es, der Veranstaltung mit nachdenklichen Liedern eine gewisse Tiefe zu verleihen, seine Instrumente als Instrument des Ausdrucks, für das Auf und Ab der Gefühle.

Die Vorstellung eröffnet er mit einem sympathischen Versprecher: "Was ja alle Astronauten unabhängig voneinander ähnlich beschreiben, ist, dass wenn man vom Weltall auf die Erde hinunterschaut, man nur die chinesische Mauer und den Weiß... äh" - "Weinbeisser sieht"; das Publikum springt ihm sogleich helfend zur Seite. Manchmal bindet er jedoch auch bewusst die Zuschauer ein oder wählt jemanden im Raum aus. "Des is wie damals in der Schui, wenn ich an Schüler ausgewählt hob", erzählt er lachend, spielt damit auf seine ehemalige Tätigkeit als Lehrer an.

Teilweise geht der Wolfratshauser sehr weit in die Vergangenheit zurück und erzählt, wie er als achtes von neun Kindern in einem "Zuaheisl" in Oberbayern auf die Welt kam. "Ich wurde quasi hineingeworfen in eine zwar bitterharte, aber auch irgendwie poetische Existenz." Als die Zuschauer schweigen, schiebt er trocken hinterher, dass dies nicht nur ein Glückstag für ihn selbst, sondern auch für das ganze Land gewesen sei und bringt das Publikum erneut zum Lachen.

Neben musikalischen Einlagen, dem ein oder anderen bairischen Gedicht und Texten, die auch auf einem Poetry Slam vorgetragen werden könnten, baut der Kabarettist immer wieder Sprüche über die Tierwelt ein. Diese nutzt er, um eine passende Überleitung zum nächsten Thema zu schaffen, wenn er zwischen Politik, Religion und anderem hin- und herspringt. Vor allem der Fuchs, der dem Programm seinen Namen gibt, zieht sich durch das Programm wie ein roter Faden: "Meine Frau ist schlau. Schlau wie ein Fuchs. Ich bin auch schlau. Wir sind beide ungefähr gleich schlau", leitet er zu einer Geschichte über, mit der er demonstriert, welche Probleme entstehen können, wenn man sich mit der Frau bei einem Streit auf Augenhöhe befindet: "I hob dann irgendwann g'sagt 'Der Gscheidere gibt nach'. Meine Frau hat dann g'sagt' I gib aber ned nach'".

Mit einfallsreichen Ideen grenzt er sich vom klassischen Kabarett ab. So spielt er mit seiner Zither das Lied "Highway to Hell" von AC/DC an und verwendet dabei ein Gerät, um den dreckigen Gitarrensound der australischen Rockband zu imitieren. Auch eine kleine Disco-Kugel kommt zum Einsatz. Den Abend schließt Brustmann mit politischen "Gstanzln" ab, also kurzen Spottversen, wie er sagt. Wichtig sei, schnell auf den Punkt zu kommen: "Der Trump ist Präsident, Leonhard Cohen hinüber, verzeih mir lieber Herrgott, andersrum wär's mir lieber."

Der Auftritt von Josef Brustmann war die letzte Veranstaltung im Weinbeisser vor dem Sommer. Weiter gehts am 20. September mit Peter Heger, am 18. Oktober mit Thomas Schreckenberger, am 8. November mit "Kabarest" und am 13. Dezember mit Helmut Eckl.

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Quelle:
SZ vom 06.05.2017
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