Anzing:Klage gegen Asylheim wird abgewiesen

Anzinger Bürger, die gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen im ehemaligen Forsthaus protestiert haben, unterliegen bei einem Lokaltermin mit dem Verwaltungsgericht. Nächste Woche treffen die ersten Bewohner ein

Von Korbinian Eisenberger

Nächste Woche wird er in Anzing ankommen, der Bus, der in München Freimann losfahren wird oder in Zirndorf. Aussteigen werden 20 bis 30 junge Männer, die meisten aus Syrien und Schwarzafrika. Sie werden die vergangenen Monate auf Schiffen und in Lastwägen verbracht haben - zuletzt in einer der überfüllten Erstaufnahmeeinrichtungen gewohnt haben. Und sie werden sich glücklich schätzen, dass sie im Anzinger Forsthaus saubere Betten und Duschen erwarten. Die letzte Hürde dafür - das ist jetzt beschlossen - hat die Justiz am Mittwoch beseitigt.

Die Klage einer Anwohnergruppe, die gegen das geplante Asylbewerberheim in ihrem Wohngebiet protestiert hatten, wird an diesem Donnerstag abgewiesen werden. Nach einer mündlichen Verhandlung vor dem zukünftigen Asylbewerberheim verkündete Richterin Cornelia Dürig-Friedl am Mittwoch, dass der Standort für das Flüchtlingsheim rechtens ist. Damit widerspricht sie der Argumentation einer Gruppe von Anwohnern, das Landratsamt habe bei der Auswahl der Unterkunft einen Formfehler begangen. Das offizielle Urteil verfasst das Verwaltungsgericht München am Donnerstag schriftlich.

Angesichts der Besetzung der Verhandlungsrunde hätte man freilich denken können, der Kläger und die Anwohnergruppe würden bereits vorab resignieren. Tatsächlich taucht weder der Verfasser der Klage, noch einer seiner Mitstreiter zur Verhandlung am Mittwochvormittag auf. Dessen Anwalt Christian Schmid hat seine liebe Not, Gründe vorzubringen, die das Anliegen seines Mandanten nicht gänzlich der Lächerlichkeit preisgeben. Das Ganze komme ihm ein bisschen wie im Kindergarten vor, sagt Franz Finauer. Man sieht dem Anzinger Bürgermeister deutlich an, dass er es kaum erwarten kann, den Protesten, Klagen und Streitigkeiten ein Ende zu bereiten. Lang genug hat es freilich gedauert.

Nachdem Finauer im November 2013 dem Landratsamt das Anzinger Forsthaus als Asylunterkunft vorschlägt, formiert sich eine Anwohnergruppe, die fortan reichlich geschmack- und stillos dagegen protestiert. An drei Gebäuden in der Wendelsteinstraße flattern seit Anfang des Jahres Plakate mit Sprüchen an der Wand, die sich auf uncharmante Weise den Neuankömmlingen widmen. Obwohl Landrat Robert Niedergesäß im Januar um "Würde und Anstand" in der Diskussion bittet, bleiben die Banner sogar während der Besichtigung des fertig renovierten Forsthauses Anfang Juli hängen. Als trotz der Proteste deutlich wird, dass Anzing die Asylbewerber aufnehmen will, klagt ein direkter Forsthaus-Anlieger stellvertretend für die anderen Nachbarn. Er argumentiert, dass das Haus durch die Unterbringung von Asylbewerbern kein Wohngebäude mehr sei, sondern eine soziale Einrichtung. Um aber eine solche in einem Wohngebiet unterzubringen, heißt es, hätte man ein ausführlicheres Genehmigungsverfahren vornehmen müssen. Das Landratsamt wehrt sich von Beginn an gegen diese Einschätzung, vertritt die Auffassung, dass es sich bei einer Flüchtlingsunterkunft um ein Wohngebäude handelt und im Falle des Forsthauses genehmigungsfrei ist. Dass das Gericht diese These teilt, ist wohl eine reine Formsache.

In der Tat erntet der Klägeranwalt in der Runde mit Vertretern des Landratsamts, des Freistaats Bayern, der Gemeinde und des Verwaltungsgerichts an diesem Mittwoch immer wieder ungläubige Blicke. Dies dürfte weniger an seiner fachlichen Qualität, als an dem Standpunkt liegen, den er vertritt. Ohne mit der Wimper zu zucken, versucht er der Richterin mithilfe eines 45 Jahre alten Bauplans weiszumachen, dass die baulichen Veränderungen ein Grund dafür seien, das alte Forsthaus nicht mehr als Wohnhaus anzuerkennen. Schließlich behauptet er, es bestünde erhöhte Brandgefahr. Tatsächlich sei die Distanz zu den umliegenden Bauten so groß, dass keine Gefahr bestehe, entkräftet die Richterin. Lediglich die fehlenden Feuermelder nimmt sie ins Protokoll auf - dann fällt nach kurzer Beratung die eindeutige Entscheidung.

Anzings Bürgermeister Finauer geht davon aus, dass die Flüchtlinge bereits nächste Woche in der Wendelsteinstraße ihre Zimmer beziehen. 72 Mitglieder der Initiative "Offenes Anzing" werden sie dann in Empfang nehmen. Wann genau die Asylbewerber kommen und wie viele es sein werden, will das Landratsamt erst nach dem offiziellen Urteil am Donnerstag verkünden.

Sie sei schlichtweg "erleichtert, dass die Angelegenheit endlich geklärt ist", sagt Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Soziales im Landratsamt Ebersberg. Bis zu drei Jahre werden die Neuankömmlinge fortan im Forsthaus wohnen und darauf hoffen, dass ihr Antrag bewilligt wird, sagt Geisler. Finauer ist davon überzeugt, "dass die Diskussionen mit dem Urteil ein Ende haben". Immerhin: Von den Plakaten ist am Mittwochvormittag in der Wendelsteinstraße nichts mehr zu sehen.

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