Neue Eisdiele in Anzing:Manufaktur für Schleckermäuler

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Terezia Kanosova hat hinter dem Anzinger Kirchenwirt eine Eisdiele eröffnet. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die „Gelatery“ bietet neben den Klassikern viele kreative Kreationen. Chefin Terezia Kanosova hat ihr Handwerk in Italien gelernt, hier verrät sie ihre Geheimnisse.

Von Anja Blum, Anzing/Forstinning

Es gibt ja Wörter, die regen schon beim Lesen den Speichelfluss an. Und in der Speisekarte der „Gelatery“ in Anzing finden sich so einige davon. Eis mit Popcorn oder aus karamellisierten Bananen zum Beispiel, Birne-Kardamom, Buttermilch-Limette oder eine gefrorene Kreation aus Erdnussbutter, Schokolade und leicht gesalzenem Karamell ... Wer würde da nicht schwach?

Ja, die Gelatery ist ein echter Geheimtipp. Nicht ganz leicht zu finden, aber die Suche lohnt sich, denn sowohl das kulinarische Angebot als auch das liebevolle Ambiente und der ausgezeichnete Service wissen zu überzeugen. Die neue Eisdiele liegt etwas versteckt im hinteren Teil des Kirchenwirts, ein Gasthaus im Anzinger Zentrum, die dazugehörige Manufaktur, wo das Eis entsteht, befindet sich im Forstinninger Ortsteil Niederried, gleich hinter dem Gästehaus Wimberger.

Terezia Kanosova bereitet die Eismaschine vor, das Herzstück ihrer Küche in Forstinning. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dort wirbelt an diesem Vormittag die Chefin, Terezia Kanosova, in ihrer großen Küche herum, von einer Arbeitsfläche zur nächsten. Rührt in zwei Schüsseln flüssiger Schokolade, weiß und braun, spült Pfirsiche ab, richtet fünf kleine Glasbehälter mit weißen Pulvern darin her. Gleich nämlich wird Kanosova Besuch bekommen von ein paar Kindern vom Ferienprogramm des Vereins „Mach mit“, die erraten sollen, welche Zutaten für ein Eis sich in den Gläsern befinden. Denn wer auch immer wissen will, wie diese süße Verführung eigentlich entsteht, ist bei der Gelatery herzlich willkommen.

Nichts gibt es hier zu verstecken, denn Kanosova aus Grasbrunn hat ihr Handwerk von Grund auf gelernt, und zwar in jenem Land, das für viele der Inbegriff von Eiskultur ist: Italien. Eine Schule in Rom habe sie besucht, erzählt die 41-Jährige, eine Urkunde an der Küchenwand weist sie als „Professione Gelatiere“ aus. In Italien herrsche beim Eis ein sehr großes Bewusstsein für Qualität, sagt sie. Ein Anspruch, den sich auch die Forstinninger Manufaktur auf die Fahne geschrieben hat: „Wir kombinieren moderne Techniken mit bewährten Rezepturen, um das authentischste italienische Eis in Deutschland herzustellen.“

In der Gelatery wird das Eis mit ausschließlich frischen Zutaten hergestellt, zum Beispiel mit Aprikosen und Bananen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ursprünglich stammt Terezia Kanosova, die die Gelatery bis auf ein paar Aushilfen als One-Woman-Show betreibt, aus der Slowakei. Seit 15 Jahren lebe sie in Deutschland, habe hier immer in der Gastronomie gearbeitet und dort irgendwann eben ihre Leidenschaft fürs Eis entdeckt. „Aber eigentlich bin ich Lehrerin, habe Mathe und Psychologie studiert“, erzählt sie und lacht. Fähigkeiten, die ihr nun als selbständige Eiskönigin freilich wieder zugutekommen, man denke nur an so Themen wie Buchhaltung oder Kundenbindung.

Zudem ist die Eisherstellung ein komplexer chemischer Prozess. Vor allem, wenn man wie Kanosova nicht mit fertigen Pasten oder anderen industriellen Hilfsmitteln arbeitet, sondern die Eiscreme ausschließlich aus frischen Zutaten und komplett in Handarbeit produziert. Mittels Tabellen rechnet sie die jeweils richtigen Mengen aus, „denn Fett, Eiweiß und Lactose müssen im richtigen Verhältnis stehen, um sich verbinden und diese cremige Struktur überhaupt bilden zu können“, erklärt Kanosova ihren jungen Besuchern.

Nicht nur Vanille und Schokolade gibt es in der Gelatery, sondern auch kreative Kreationen wie Blaubeer-Lavendel. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Das Brezeleis ist tatsächlich angereichert mit in Butter geschwenkten Backwaren. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
"Pumpkin Spice" nennt Terezia Kanosova diese Sorte. (Foto: Gelatery/oh)
Ein Traum aus Kokos und Mandel: Raffaelo. (Foto: Gelatery/oh)

Doch auch das Experimentieren kommt in dieser Küche beileibe nicht zu kurz. Denn neben den klassischen Sorten wie Vanille oder Schoko gibt es bei der Gelatery allerhand originelle Kreationen wie Blaubeere-Lavendel, Zitrone-Basilikum oder sogar ein Brezl-Eis. „Ja, das haben wir zur Wiesn erfunden“, sagt Kanosova, für die ihr kaltes Produkt kein Saisongeschäft ist, sondern ein ganzjähriges Vergnügen. Im Sommer gibt es ein Sorbet aus frisch gepflückten Holunderblüten, im Herbst Kürbiskucheneis und zu Ostern solches mit Karotten-Thymian-Geschmack.

Den Kindern, die an diesem Ferienvormittag zu Gast sind, führt Kanosova aber zunächst die Herstellung eines ganz einfachen Milcheises vor, auf Italienisch „Fior di Latte“. Dafür braucht man eben jene fünf weißen Pülverchen, von Zucker und Traubenzucker über eine Prise Salz und Inulin, das sind natürliche Ballaststoffe für die Cremigkeit, bis hin zu Magermilchpulver. Außerdem Sahne und Milch.

Aus dieser Flüssigkeit wird ein wunderbares Milcheis: Grundlage für viele verschiedene Sorten, aber auch pur sehr lecker. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Aus all dem rührt die 41-Jährige eine Flüssigkeit, die erst erhitzt wird und dann im Kühlschrank reifen muss. Nun wird sie vor den Augen der Kinder in eine große Eismaschine geschüttet. In deren Innerem befindet sich eine silberne Trommel mit einem Rührwerk, zehn Kilo Eis könne man damit pro Durchgang herstellen, erklärt Kanosova. In der Maschine werde die Flüssigkeit gekühlt und ständig umwälzt, um Luft hineinzubekommen – denn diese sei eine „wichtige, versteckte Zutat“. Das Ergebnis ist eine herrlich cremige weiße Masse, die sich nach einigen Minuten langsam aus einer Öffnung schiebt.

Weiße Sünde: Das fertige Milcheis quillt aus der Maschine. (Foto: Peter Hinz-Rosin)
Wenn das Eis frisch aus der Maschine kommt, schmecke es am besten, sagt Terezia Kanosova. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Wenn das Eis ganz frisch aus der Maschine komme, schmecke es am besten, sagt Kanosova. „Wer mag probieren?“, fragt sie – und alle Kinderfinger schnellen nach oben. Und tatsächlich: Es ist, als hätte man noch nie ein besseres Eis gekostet. So sahnig, so vielfältig aromatisch. Und das, obwohl diese Milch-Rezeptur ja eigentlich nur die Grundlage ist für alle möglichen anderen Sorten, für Stracciatella, Amarena, Oreo oder Cremino, eine Variation mit Haselnuss und Schokosauce.

Doch nicht nur Geschmack wird in dieser Küche großgeschrieben, sondern auch Nachhaltigkeit: Das warme Wasser aus der Kühlung der Eismaschine verwendet Kanosova gleich noch zum Abspülen, die Hängebauchschweine in der Nachbarschaft bekommen nicht nur Besuch von den Kindern, sondern auch, was bei der Eisproduktion an Leckereien übrig bleibt.

Seit Mai gibt es in Anzing die Gelatery, die Eisdiele befindet sich in den hinteren Räumlichleiten des Kirchenwirts. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im Juli 2023 ging es los mit der Manufaktur in Forstinning, zuvor hatte eine Metzgerei in diesen Räumen ihre Waren verkauft. Kanosova setzte zu Beginn auf eine Art Foodtruck, also eine mobile Eisdiele, mit der sie an verschiedenen Standorten präsent war. Auch heute noch kann man sie für Feste buchen. Doch seit Mai ist die Gelatery eben auch ein kleines Lokal in Anzing. Die Bürgermeisterin und die Inhaber des Kirchenwirts hätten ihr das ermöglicht, sagt Kanosova. Sie darf dort nun einen Teil des gemütlichen Biergartens und den liebevoll eingerichteten Frühstücksraum des Hotels nutzen.

Und die neue Eisdiele kommt gut an. Auf Google findet man ausnahmslos Fünf-Sterne-Rezensionen – obwohl 2,20 Euro pro Kugel nicht gerade preiswert sind. Doch die Qualität scheint das in den Augen der Kunden wettzumachen, gelobt wird vor allem der kalte Markenkern der Gelatery. Doch auch übers Eis hinaus kann man dort glücklich werden, mit leckeren Kuchen, aromatischem Kaffee aus Italien, hausgemachten Limonaden oder klassischen Cocktails. Sogar vegane Waffeltüten hat Kanosova neuerdings im Angebot.

Terezia Kanosova freut sich sehr, den Frühstücksraum des Hotels mit ihren Eiskreationen tagsüber beleben zu dürfen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ihr wichtigstes Anliegen aber ist es, die Menschen zu neuen Geschmackserlebnissen zu verführen. Deswegen können alle, die die Gelatery besuchen, unbekannte Sorten probieren. „Was erstaunlich ist: Die Kinder sind oft aufgeschlossener, als die Eltern zunächst glauben“, sagt die 41-Jährige und lacht. Die frische Aroma-Explosion von Zitrone-Basilikum zum Beispiel habe schon viele junge Fans gefunden. Und was sind nun Terezia Kanosovas persönliche Lieblingssorten? Cheesecake-Blaubeere und Pistazie, sagt sie. Auch so Wörter, die im Mund gleich Widerhall finden.

Eisdiele „Gelatery“, Högerstraße 2 in Anzing, geöffnet mittwochs bis sonntags 12 bis 18 Uhr, bei schönem Wetter auch länger. Besondere Anfragen nimmt Terezia Kanosova unter (0178) 8776683 entgegen.

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