An der Landkreisgrenze:Windräder im Brucker Moos möglich

Während Ebersberg das sensible Gebiet verschont, gilt es im Landkreis Rosenheim als Vorranggebiet

Von Georg Reinthaler und Carolin Fries

An der Landkreisgrenze: Das Brucker Moos liegt im Landkreis Ebersberg und Rosenheim. Foto: Christian Endt

Das Brucker Moos liegt im Landkreis Ebersberg und Rosenheim. Foto: Christian Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Im Landkreis Ebersberg soll es keine Windräder in ökologisch besonders sensiblen Bereichen geben. Doch wie sieht es jenseits der Landkreisgrenze aus? Auch dort schließen sich reihenweise Kommunen und Landkreise für gemeinsame Planungen sogenannter Konzentrationsflächen oder Vorranggebiete zusammen, um einen Wildwuchs von Windkraftanlagen zu vermeiden. Dabei werden die Prioritäten offenbar ganz verschieden gesetzt: Während der Landkreis Ebersberg das Brucker Moos schont, liegen die Ausläufer des Feuchtgebietes hinüber nach Tuntenhausen in einem sogenannten Vorranggebiet des Regionalen Planungsverbands (RPV) Südostoberbayern - und lassen damit den Bau von Windrädern zu.

Wie der Landkreis Ebersberg bastelt man auch im RPV an einer übergreifenden Planung für die Landkreise Rosenheim, Mühldorf, Altötting, Traunstein, Berchtesgadener Land und die Stadt Rosenheim. Aktuell befindet sich die Planung, die die verfügbare Fläche in Vorrangflächen und Ausschussflächen einteilt, im Anhörungsverfahren und ist damit einen Schritt weiter als jene im Landkreis Ebersberg. Hier soll die öffentliche Auslegung im Herbst beginnen. Doch auch wenn unterm Strich noch nichts beschlossen ist - alleine die Pläne zeigen bereits Wirkung: So scheinen Investoren - vornehmlich aus Norddeutschland - das Gebiet im Landkreissüden aufgrund der künftig nicht mehr vorhandenen, möglichen Windkraftstandorte abgeschrieben zu haben. Zumindest jene im Landkreis Ebersberg. Nur etwa zwei Kilometer weiter jedoch sind die in der Gemeinde Tuntenhausen (Landkreis Rosenheim) liegenden Moosflächen bei Investoren weiterhin heiß begehrt. Örtliche Grundeigentümer werden hier mit lukrativen Pachtverträgen gelockt.

"In unseren ersten Planungsversionen erschien das Brucker Moos ja auch noch als für Windkraftanlagen geeignete Fläche", erklärt sich Ebersbergs Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr die Situation. Er verweist allerdings auf massive naturschutzrechtliche Bedenken. "Wir haben uns dann frühzeitig entschlossen, alle Moor- und Moosgebiete im Landkreis grundsätzlich aus der Flächennutzungsplanung für Windräder herauszunehmen." Noch im vergangenen Jahr seien bei ihm zum Teil mehrmals pro Woche Anrufe und Anfragen von Investoren eingegangen. "Ein Kommunalpolitiker aus dem südlichen Landkreis hat mir bestätigt, dass man Landwirte aus Bruck und Umgebung mit auffallend großzügigen Pachtverträgen zur Überlassung ihrer Flächen bewegen wollte", berichtet Gröbmayr. Bei ihm im Landratsamt seien ab dem Zeitpunkt schlagartig keine Investoren mehr vorstellig geworden, als man die konkreten Absichten des Landkreises, spezielle Konzentrationsflächen für Windräder auszuweisen, veröffentlicht habe. "Es ist ja unser erklärtes Ziel, auf diese Weise eine willkürliche Errichtung von Windkraftanlagen zu unterbinden."

Der Brucker Bürgermeister Josef Schwäbl (CSU) kann sich, anders als einige Amtskollegen in den umliegenden Gemeinden, nicht an Anfragen von interessierten Investoren erinnern. "Allerdings wird ein privater Grundeigentümer eventuelle Vertragsverhandlungen wohl kaum an die große Glocke hängen." Noch dazu könne und wolle sich der Brucker Gemeinderat auch nicht in die rechtmäßigen Geschäfte der Bürger einmischen. Ein wirtschaftliches Betreiben von Windkraftanlagen am Brucker Moos bezweifle er ohnehin, erklärt Schwäbl. "Ein vorausschauender Investor wartet doch jetzt, wie wir alle, sicherlich erst einmal auf das gesicherte Ergebnis der Landkreis-Windmessung."

Ganz gezielt angesprochen worden ist der Bürgermeister der Gemeinde Tuntenhausen, Landkreis Rosenheim, Otto Lederer (CSU): "Ja, es haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder Firmen an mich und private Grundbesitzer gewandt." Er sei von Landwirten über Vertreterbesuche auf deren Höfen informiert worden. "Es ging dabei immer um Pacht- oder Kaufverträge für Flächen in der Nähe der Landkreisgrenze."

"Es ist natürlich schon kurios, dass es im Moment für ein weitgehend zusammenhängendes Moosgebiet jenseits der Landkreisgrenzen zwei unterschiedliche Festlegungen gibt", meint Lederer. Der Tuntenhausener Gemeinderat habe sich jedoch bereits mit Anregungen an den RPV gewandt: So soll der Schutz von Moosflächen explizit auch im Rosenheimer Land deutlich stärker gewichtet werden. Im Herbst kommt der 157-köpfige Verbandsrat erneut zusammen, um über die Planungen möglichst abschließend zu beraten - auch über die "Anregung" aus Tuntenhausen.

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