Amtsgericht EbersbergMusterschüler auf der Anklagebank

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Für die theoretische Führerscheinprüfung ist Lernen das Mittel der Wahl, wenn man nicht durchfallen will.
Für die theoretische Führerscheinprüfung ist Lernen das Mittel der Wahl, wenn man nicht durchfallen will. (Foto: Robert Haas)

Weil er für andere Leute an der Führerscheinprüfung teilgenommen hat, steht ein 46-Jähriger vor Gericht.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Die Fahrprüfung gehört zu den Dingen, von denen die meisten hoffen, sie nur einmal im Leben machen zu müssen. Nicht so ein 46-jähriger Münchner. Der Mann nahm im vorvergangenen Herbst gleich zweimal an einem Tag an der Theorieprüfung teil und bestand jedes Mal - und genau das wurde ihm zum Problem. Denn der Mann hatte die Prüfung jeweils für andere Personen abgelegt, was ihm eine Anklage wegen Missbrauchs von Ausweispapieren einbrachte.

Und das nicht zum ersten Mal. Bereits zwei Verurteilungen hat sich der 46-Jährige wegen genau dieses Delikts eingehandelt, eine im Jahr 2017 und die bislang letzte gerade einen Monat bevor er sich bei der doppelten Prüfung in Ebersberg erwischen ließ. Was offenbar ein reiner Zufall war. Polizisten war der Mann aufgefallen. Bei der Kontrolle stießen sie dann auf den mehrfachen Satz Ausweispapiere, die der 46-Jährige in seiner Unterhose versteckt hatte.

300 Euro pro bestandenem Test sollte es geben

Vor Gericht räumte der Angeklagte über seinen Verteidiger die Vorwürfe auch sofort ein. Selbst erklärte er die Taten mit seiner schwierigen finanziellen Situation zur damaligen Zeit. Gegen den Mann läuft eine Privatinsolvenz, nach eigenen Angaben verdient er durch eine Tätigkeit in der Altenpflege gerade einmal 1000 Euro im Monat. Außerdem sei seine Frau arbeitslos und die beiden hätten ein kleines Kind zu versorgen. Von den beiden Männern, in deren Namen er die Prüfung abgelegt hatte, sollte er im Erfolgsfall jeweils 300 Euro bekommen. Tatsächlich eingenommen habe er indes durch die Testteilnahme nichts, so der Angeklagte, einen Vorschuss habe er nicht kassiert. Stattdessen hätte das Geld dann im Austausch gegen die Prüfungsbestätigung fließen sollen, schilderte der 46-Jährige das geplante Geschäft.

"Und, gehen Sie da jetzt übermorgen wieder hin und schreiben die Prüfung gegen Geld?", wollte Richterin Vera Hörauf vom Angeklagten wissen. Was dieser verneinte, er habe derzeit andere Sorgen. Eine davon dürfte sein nicht unerhebliches Vorstrafenregister sein. Insgesamt 14 Eintragungen gibt es für den Angeklagten, das erste Mal stand er mit 15 vor Gericht, mit 20 wurde er das erste Mal zu einer Haftstrafe verurteilt. Der größte Teil der Vorstrafen hat mit Drogendelikten zu tun, so wurde der 46-Jährige unter anderem wegen Heroinschmuggels in nicht geringer Menge und diversen Dealereien verurteilt.

Anklage und Verteidigung fordern Bewährung

Laut seines Verteidigers habe dies mit einer Drogensucht seines Mandanten zu tun, die dieser inzwischen aber überwunden habe. Auch lebe der Angeklagte in gesicherten sozialen Verhältnissen, gehe einer geregelten Arbeit nach und sorge für seine Familie. Allerdings sah auch der Advokat, dass sein Mandant diesmal nicht mit einer Geldstrafe davonkommen könne, wie die vergangenen beiden Male, als er als angeblicher Führerscheinprüfling unterwegs war. Eine Haftstrafe von acht Monaten ausgesetzt auf Bewährung sei angemessen.

Dass man den Angeklagten gleich ins Gefängnis schicken muss, verneinte auch die Staatsanwältin, sie beantragte zehn Monate aber ebenfalls auf Bewährung. Allerdings sollte wegen der "enormen Rückfallgeschwindigkeit" die Bewährungszeit möglichst lange ausfallen. Auch solle ein Bewährungshelfer bestellt werden. Zugunsten des Angeklagten wertete die Staatsanwaltschaft, dass er geständig sei - denn ansonsten wäre die Beweisführung nicht ganz einfach gewesen, schon wegen der Maskenpflicht während der Prüfung. Auch seine schwierige finanzielle Situation sei zugunsten des Angeklagten zu werten.

Am Ende wurde er zu neun Monaten auf Bewährung verurteilt, diese dauert drei Jahre. Denn, so die Vorsitzende, "man hat den Eindruck, aus den Geldstrafen haben Sie nichts gelernt, da spazieren Sie aus dem Gericht und machen es gleich wieder". Hörauf machte auch klar, dass beim nächsten Mal überhaupt nicht mehr spaziert wird: "Dann werden Sie eingesperrt." Das Urteil ist rechtskräftig.

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