Amtsgericht Ebersberg:Fliegende Fäuste vorm Weinregal

Amtsgericht Ebersberg: Weinflaschen gingen bei dem Zwischenfall im Getränkemarkt keine zu Bruch, wohl aber das Knie des Mitarbeiters.

Weinflaschen gingen bei dem Zwischenfall im Getränkemarkt keine zu Bruch, wohl aber das Knie des Mitarbeiters.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Ein früherer Mitarbeiter eines Getränkemarktes soll seinen Ex-Kollegen im Laden angegriffen haben. Nun steht er in Ebersberg vor Gericht.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Eigentlich hatte der Angeklagte nach seiner Aussage nur die leeren Pfandflaschen zurückgeben wollen, kurze Zeit später war er aber wutentbrannt auf den Mitarbeiter eines Getränkemarktes im südwestlichen Landkreis Ebersberg zugestürmt. Letzteres war zumindest auf den Aufnahmen der dortigen Überwachungskamera zu erkennen. Herauszufinden, was dazwischen passiert ist, war nun die Aufgabe von Amtsrichterin Vera Hörauf.

Vor dem Ebersberger Gericht musste sich der 35-Jährige wegen Körperverletzung verantworten, denn laut Staatsanwältin soll der Mann den Mitarbeiter auch getreten und mehrfach mit der Faust in den Bauch geschlagen haben. Die beiden waren früher Arbeitskollegen, denn der Angeklagte war bis kurz vor dem Vorfall im April dieses Jahres selbst bei dem Getränkemarkt angestellt - allerdings soll das Verhältnis der zwei Männer schon damals nicht das beste gewesen sein. Dass er seinen ehemaligen Kollegen aber geschlagen habe, stritt der Beschuldigte ab.

Der Ex-Kollege soll den Angeklagten in der Toilette eingesperrt haben

Er habe an jenem Tag lediglich seine leeren Pfandflaschen dort abgeben wollen. Diese habe der Mitarbeiter aber nicht angenommen. "Er hat mich nur gefragt, wo die Jacke ist", so der 35-Jährige. Hintergrund ist, dass der Mann offenbar seine Dienstkleidung noch nicht zurückgegeben hatte, nachdem er seinen Job gekündigt hatte. Das tat er laut eigener Aussage deshalb, weil es bereits in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit besagtem Kollegen gegeben habe. So erzählte der Angeklagte etwa von einem Vorfall, bei dem ihn der Mann in die Toilette eingeschlossen haben soll, indem er die Tür mit einer Leergut-Palette versperrte.

An dem Tag, um den es nun vor Gericht ging, sei er jedoch nicht in den Laden gegangen, um zu streiten. Als ihm sein ehemaliger Kollege wegen der Arbeitskleidung allerdings vorgeworfen hatte, ein Dieb zu sein, habe er ihn ein wenig geschubst, räumte der Angeklagte ein. Dass das bei Weitem nicht alles war, behauptete dagegen der Geschädigte selbst. Er habe dem Mann klarmachen wollen, dass er hier nicht einkaufen könne, weil er wegen der fehlenden Dienstkleidung Hausverbot habe. Das habe dieser jedoch nicht wahrhaben wollen. "Er hat versucht, die Kunden von der Kasse wegzuhalten", sagte der 24-Jährige. Schließlich habe er ihm den Warenscanner aus der Hand geschlagen, ehe er auf ihn zugestürmt sei und gegen das Knie getreten habe. Daraufhin seien beide in Richtung eines Weinregals gestolpert, wo der Mann zweimal mit der Faust auf seinen Bauch eingeprügelt habe.

Auf dem Überwachungsvideo sind keine Schläge oder Tritte zu sehen

Diese detaillierten Schilderungen klangen vor Gericht zwar recht glaubhaft, entsprachen aber wohl nicht ganz der Wahrheit. Auf einem Überwachungsvideo, das Richterin Hörauf im Sitzungssaal vorspielte, war von Faustschlägen und Tritten jedenfalls wenig zu sehen. "Kann es sein, dass Sie sich vielleicht täuschen?", fragte sie deshalb den Zeugen. Dieser allerdings blieb bei seiner Aussage. Der Tritt sei auf der Aufnahme von der Kasse verdeckt gewesen, und die Schläge seien auch nicht unmittelbar hintereinander passiert. Immerhin habe er nach dem Vorfall zwei, drei Wochen nicht arbeiten können, weil sein ohnehin vorgeschädigtes Knie arg in Mitleidenschaft gezogen worden war.

Schläge konnte auch ein neutraler Zeuge nicht beobachten, wohl aber, dass der Angeklagte im Verlauf des Gesprächs immer aggressiver geworden sei und schließlich den Mitarbeiter gepackt habe. Dieser Umstand reichte der Staatsanwältin, die Anklage wegen Körperverletzung aufrecht zu erhalten. Die Verteidigerin des 35-Jährigen forderte dagegen einen Freispruch für ihren Mandanten. Darauf ließ sich Richterin Hörauf jedoch nicht ein, immerhin sei der Geschädigte bei dem Vorfall nachweislich verletzt worden. "Ich gehe davon aus, dass es mindestens zu diesem Tritt gekommen ist", sagte die Vorsitzende, die den Angeklagten deshalb zu einer Geldstrafe über insgesamt 2400 Euro verurteilte.

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