Amtsgericht Ebersberg:Den falschen Schein am Haken

Amtsgericht Ebersberg: Um angeln zu dürfen braucht man in Deutschland einen Angelschein. Einen solchen hatte der Angeklagte zwar - allerdings keinen echten.

Um angeln zu dürfen braucht man in Deutschland einen Angelschein. Einen solchen hatte der Angeklagte zwar - allerdings keinen echten.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Vor 20 Jahren hat ein Mann seine Lizenz zum Fischen erworben - zumindest dachte er das. Nun stellt sich heraus, das Dokument ist gar nicht echt. Und der 55-Jährige landet in Ebersberg vor Gericht.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Der 55-Jährige ist ein leidenschaftlicher Angler. Vor allem an den Seen in Österreich und Italien geht er seinem Hobby nach, aber auch im offenen Meer war er bereits beim Hochseefischen unterwegs. "Wenn man Fischer ist, dann ist man Fischer", sagt der Mann über sich selbst. Um seine Rute auch hierzulande offiziell auswerfen zu dürfen, hatte er vor rund 20 Jahren die Prüfung für den Angelschein abgelegt - zumindest dachte er das. Nun aber stellte sich heraus, dass das damals ausgehändigte Dokument nicht echt ist. Der Mann musste sich deshalb am Donnerstag vor dem Ebersberger Amtsgericht wegen Urkundenfälschung verantworten.

"Das ist ja unglaublich", murmelte der 55-jährige Münchner während der Verhandlung immer wieder vor sich hin. Er war sichtlich überrascht und verärgert darüber, wie er damals von dem vermeintlichen Angellehrer über den Tisch gezogen wurde. Von dem Schwindel habe er über all die Jahre nichts gewusst, beteuerte der Mann. Das las sich in der Anklageschrift jedoch ganz anders: Obwohl er wusste, dass es sich um bei dem Angelschein um eine Fälschung handelte, habe der Beschuldigten diesen vorgelegt, um eine Tageskarte für den Finsinger Weiher zu bekommen, so die Staatsanwältin. "Er wusste, dass er nicht zum Fischen berechtigt war."

Die Theoriestunden für den vermeintlichen Angelschein finden im Wirtshaus statt

Dieser Behauptung allerdings widersprach der 55-Jährige vehement. Er selbst habe das Dokument die Jahre über kaum benutzt. An jenem Tag habe er den Schein einem Bekannten mitgegeben, damit dieser ihm eine Tageskarte zum Fischen besorgen konnte. Dass das Dokument eine Fälschung ist, habe er zu dem Zeitpunkt jedenfalls nicht gewusst. Dabei hätte der Mann durchaus Verdacht schöpfen können, wie Amtsrichterin Frances Karn anmerkte. Wie der Angeklagte nämlich zu Protokoll gab, habe ihm ein Bekannter vor rund 20 Jahren angeboten, er könne bei ihm den Angelschein ablegen. "Wir haben uns dann auch ein paar Mal am Feldmochinger See getroffen", erinnert er sich. Die theoretischen Stunden hätten dagegen in einem Wirtshaus stattgefunden. Eine echte Prüfung am Ende habe es zwar keine gegeben, dafür aber eine kleine Feier, bei der die Angelscheine an die Teilnehmer überreicht worden sind.

"Das ist so ein abstruses Vorgehen", sagte Richterin Karn über diese vermeintliche Angler-Schulung. Dennoch glaubte der Angeklagte die ganze Zeit über, einen offiziellen Angelschein zu besitzen - und tatsächlich sieht das laminierte Dokument für einen Laien auch täuschend echt aus. Pech für den Mann allerdings, dass in dem Laden im westlichen Landkreis Ebersberg, wo der Bekannte besagte Tageskarte erwerben sollte, offenbar keine Laien arbeiten. Der Schein ist ihm sofort aufgefallen, sagte ein Mitarbeiter vor Gericht. So sei etwa die darauf abgedruckte Nummer farbig gewesen, was bei solchen Dokumenten normalerweise nicht der Fall ist. Außerdem habe das Format nicht gepasst und auch der Druck sei nicht besonders gut gewesen.

Auch eine Mitarbeiterin des Kreisverwaltungsreferats München, deren Behörde normalerweise Angelscheine ausstellt, bestätigte die offenkundige Fälschung: So soll das Dokument laut Datum an einem Samstag angefertigt worden sein. "Das ist ungewöhnlich, weil Behörden an dem Tag eigentlich nicht arbeiten", sagte sie. Zudem stimme die darauf abgedruckte Postleitzahl des KVR nicht, das Geburtsdatum sei im falschen Format geschrieben und die Nummer bereits an eine andere Person vergeben. Obendrein wurde versehentlich auch ein kleiner Brotkrümel mit in das Dokument einlaminiert. "Ich kann sehr sicher sagen, dass es eine Fälschung ist", war deshalb das eindeutige Fazit der Zeugin.

Für eine vorsätzliche Fälschung wäre der Aufwand zu hoch gewesen, sagt der Verteidiger

Das Gericht musste deshalb nun die Frage klären, wie viel Schuld der Angeklagte an der ganzen Sache trägt. "Mir fehlt's hier ehrlich gesagt am Vorsatz", wandte der Verteidiger des Mannes ein. Wenn man sich schon eine Fälschung besorge, dann belege man doch nicht zuvor einen Kurs. Dieser Ansicht schloss sich auch die Staatsanwältin an, der Fall sei schon was anderes als etwa bei den Impfpass-Fälschern. "Die Schuld des Angeklagten ist eher gering", sagte sie. Letztlich einigten sich alle Parteien darauf, das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro einzustellen.

Derweil war der angebliche Angellehrer vom Gericht übrigens nicht mehr ausfindig zu machen, womöglich sei er bereits verstorben, mutmaßte der Verteidiger. Dem Mann hätte aber wohl ohnehin kein Ärger mehr gedroht, denn seine dubiosen Machenschaften von damals wären inzwischen längst verjährt.

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