Amtsgericht Ebersberg:"Blöd gelaufen"

Ein 33-Jähriger aus dem südlichen Landkreis rastet völlig aus, landet zunächst in der Arrestzelle, später dann in der Psychiatrie - jetzt wird es teuer

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ob es nun an der einen Flasche Wodka gelegen hatte, oder doch auch härtere Drogen im Spiel waren, ließ sich nicht mehr mit letzter Sicherheit klären. Feststand am Ende der Verhandlung vor dem Ebersberger Amtsgericht allerdings, dass der 33-jährige Angeklagte Ende März vergangenen Jahres vollkommen durchgedreht war. So sehr, dass ihn sein Wahn zunächst in die Ausnüchterungszelle der Ebersberger Polizeiinspektion und später am Tag sogar in die geschlossene Psychiatrie nach Gabersee geführt hatte. Nun, etwa ein Jahr später, musste er sich vor Gericht für seinen Ausraster verantworten.

Innerhalb von nicht einmal 24 Stunden hatte sich der Mann damals eine stattliche Anzahl an Straftaten geleistet: Angefangen von Beleidigungen, über Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und vorsätzliche Körperverletzung, bis hin zum unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln. Was war passiert? Laut Anklageschrift hatte es in einer Wohngemeinschaft im südwestlichen Landkreis mitten in der Nacht Radau gegeben. Verantwortlich dafür soll der 33-Jährige gewesen sein, der dem Staatsanwalt zufolge "herumgebrüllt und Türen zugeschlagen" haben soll. Ein Mitbewohner habe daraufhin die Polizei verständigt, die den Angeklagten nur mit Müh und Not in Schach halten konnte.

Zunächst soll er sich geweigert haben, den Beamten seine Personalien zu nennen. Anschließend sei er immer aggressiver geworden und habe damit begonnen, die Polizisten zu beleidigen. Auch habe er in Richtung eines Beamten gespuckt. Nachdem die Streife in der Wohnung obendrein noch wenige Gramm an Amphetaminen und Marihuana gefunden hatte, nahm sie den offenbar betrunkenen Mann mit auf die Wache. Nach seiner Entlassung am nächsten Morgen habe er sich sofort betrunken und sei schnurstracks wieder zur Wohnung marschiert. Dort habe er seine Mitbewohner angegriffen, weil sie in der Nacht zuvor die Polizei alarmiert hatten. Unter anderem verteilte der Angeklagte Faustschläge in die Gesichter der beiden Männer.

Diese verständigten daraufhin erneut die Polizei - und wiederum wurden die Beamten beim Eintreffen mit üblen Beschimpfungen seitens des Angeklagten begrüßt. Da der Mann nicht zu beruhigen war, mussten ihn die Polizisten fesseln und unter wütendem Protest in die geschlossene Anstalt bringen. Dort erst konnte der Angeklagte schließlich ruhig gestellt werden.

"Blöd gelaufen", antwortete dieser nun vor Gericht auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Vera Hörauf, wie es zu all dem kommen konnte. Er selbst könne sich nur noch sehr schwammig an den Vorfall erinnern, da er stark alkoholisiert gewesen sei. Zudem habe er zu der Zeit unter starken Depressionen gelitten und sei mit seiner damaligen Lebenssituation nicht klar gekommen. In besagter Nacht habe er eine Flasche Wodka getrunken, als die Polizisten vor der Wohnung aufgetaucht sind, habe es "offenbar Verständigungsschwierigkeiten gegeben". Harte Drogen aber habe er keine konsumiert, zu den von der Polizei in seiner Wohnung gefundenen Rauschmitteln wollte sich der Mann auch nicht äußern.

Wohl aber dazu, wie es kam, dass er nach einer Nacht in der Ausnüchterungszelle erneut Radau gemacht hatte. Auf dem Heimweg von der Polizeiwache habe er einen Freund getroffen. Mit dem zusammenhabe er sich zwei Flaschen Bier und eine Flasche Schnaps gekauft - dann nahmen die Dinge wohl ihren Lauf. Später jedenfalls stellten die Beamten einen Alkoholpegel von knapp 2,5 Promille bei dem Angeklagten fest.

Dem tat die ganze Sache im Nachhinein sichtlich leid. Er habe inzwischen im Leben Fuß gefasst, sagte er vor Gericht. Nach dem Vorfall habe er mehrere Monate auf der Straße gelebt. "Da lernt man die Welt von einer anderen Seite kennen." Inzwischen habe er aber wieder eine Wohnung und einen Job gefunden, auch die Depressionen seien besser geworden.

Im Lauf der Verhandlung bestätigten mehrere Zeugen übereinstimmend, dass sich die Vorwürfe aus der Anklageschrift tatsächlich so zugetragen haben. Zwei Polizisten berichteten von üblen Beschimpfungen, die ihnen der Mann entgegengeschleudert habe. Er sei zudem so aggressiv gewesen, dass teilweise drei Beamte nötig waren, um ihn zu bändigen. Einer der ehemaligen Mitbewohner sagte, der Angeklagte könne sehr impulsiv werden. "Ich hab' ehrlich gesagt ein bisschen Angst vor ihm." Auch seien Beleidigungen fester Bestandteil seines gewöhnlichen Sprachgebrauches.

Über die Schuld des Mannes gab es ob dieser Ausführungen keinerlei Zweifel. "Das war sicher ein sehr unschöner Einsatz für die Beamten", sagte der Staatsanwalt. Vor allem das Spucken in Richtung der Polizisten sei nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie "extremst widerlich", ergänzte Richterin Vera Hörauf. Sie verurteilte den 33-Jährigen schließlich zu einer Geldstrafe von insgesamt 4500 Euro.

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