Süddeutsche Zeitung

Ebersberger Amtsgericht:1500 Euro Strafe: Autofahrer soll Mittelfinger gezeigt haben

Lesezeit: 2 min

Weil er einen anderen Autofahrer auf der Straße zwischen Ebersberg und Forstinning beleidigt haben soll, muss sich ein 33-Jähriger vor Gericht verantworten.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Es gibt zwei Lebensbereiche, in denen die Emotionen etwas schneller hochkochen können als sonst: auf dem Fußballplatz und im Straßenverkehr. Im ersten Fall gibt es aber immerhin einen Schiedsrichter, der die Gemüter gleich an Ort und Stelle beruhigen kann. Das jedoch fehlt im Straßenverkehr, weshalb so mancher seinen Gemütsausbrüchen eben dort freien Lauf lässt - und erst im Nachhinein die Konsequenzen dafür tragen muss. So erging es nun einem 33-Jährigen aus dem Nachbarlandkreis Rosenheim, der sich wegen Beleidigung vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten musste.

Es ist eine Situation, die wohl so ziemlich jeder Autofahrer im Landkreis kennt: Auf der Staatsstraße durch den Forst schiebt sich zwischen Ebersberg und Forstinning eine schier endlose Fahrzeugkolonne hinter einem Lastwagen her. Überholen ist wegen des Gegenverkehrs schwierig, also bleibt oftmals nur das geduldige Ausharren, bis entweder die Kreisstadt oder in der Gegenrichtung die Autobahneinfahrt zur A 94 erreicht ist. Genau das war dem Angeklagten aber offenbar zu bunt - zumindest lässt das die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vermuten.

Ein Fahrer hupt, der andere zeigt den Mittelfinger

Mit seinem Sportwagen soll er Ende April dieses Jahres mehrere Autos in einer eben solchen Fahrzeugkolonne überholt haben und direkt hinter dem vorneweg fahrenden Lastwagen wieder eingeschert sein. Dieses Manöver wäre ob des Gegenverkehrs jedoch um ein Haar ins Auge gegangen, der Mann habe sich deshalb im letzten Augenblick in die Lücke zwischen Lkw und dem dahinter fahrenden Auto gequetscht. Um Schlimmeres zu verhindern, musste dessen Fahrer nach rechts auf das Bankett ausweichen - und machte durch Hupen seinem Ärger Luft. Das wiederum gefiel dem Sportwagen-Fahrer gar nicht, der seinen Hintermann daraufhin den Mittelfinger gezeigt habe.

Nun trafen sich die beiden Protagonisten dieses Verkehrs-Scharmützels im Gerichtssaal wieder. Dort wollte der 33-Jährige aber von einer Beleidigung nichts wissen. Vielmehr sei er das eigentliche Opfer gewesen. "Der andere hat Gas gegeben und mich nicht einscheren lassen", gab er zu Protokoll. Anschließend habe ihn sein Hintermann bedrängt, oder wie er sagte: "Er hat mich verfolgt." Erst in Forstinning habe er wieder von ihm abgelassen. Er sei deshalb völlig überrascht gewesen, als er Post von der Polizei bekam, denn eine Beleidigung seinerseits habe es nie gegeben.

Die Aussagen der beiden Beteiligten widersprechen sich

Das freilich sah der 48-jährige Zeuge etwas anders. Der Mann aus dem mittleren Landkreis schilderte vor Gericht detailliert, wie es zu dem Vorfall gekommen war. Der Angeklagte habe durch sein riskantes Fahrverhalten die komplette Fahrzeugkolonne aufgemischt und sei direkt vor ihm mit einem "haarsträubenden Einbremsmanöver" eingeschert. Obendrein sei in dem Bereich eine durchgezogene Linie gewesen, Überholen sei also ohnehin verboten gewesen. "Natürlich war ich da erbost und habe gehupt." Die Retourkutsche sei aber prompt in Form des Mittelfingers gekommen. Das sei schließlich auch der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte - weshalb er schnurstracks zur nächsten Polizeiwache gefahren war, um Anzeige zu erstatten.

An der Glaubwürdigkeit des Zeugen meldeten weder die Staatsanwältin noch Richterin Vera Hörauf irgendwelche Zweifel an. Deshalb machte die Vorsitzende dem Angeklagten sogar noch vor Urteilsverkündung ein Angebot: Da dieser bereits Einspruch gegen den ursprünglichen Strafbefehl über 800 Euro eingelegt hatte und sich die Beweislage nicht gerade zu seinen Gunsten verschoben hat, legte Hörauf ihm nahe, sein Gesuch zurückzuziehen. Der 33-Jährige blieb jedoch hartnäckig und muss nun 1500 Euro zahlen. Er kündigte aber bereits an, auch dieses Urteil nicht akzeptieren zu wollen.

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Quelle:
SZ vom 27.11.2019
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